Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Krankenversicherung. 
lich erwachsenen Aufwendungen erstattet ver— 
langen, die nach dem Reichsgesetz über den 
Unterstützungswohnsitz (s. d.) zu den Armen- 
pflegekosten zu rechnen sind, ohne Rüchsicht 
auf die statutarische Bestimmung der Träger 
der K. (O. 13, 374; 16, 359; 33, 386). Ins- 
besondere kommt dabei die Befugnis der 
Träger der K. zur Unterbringung der Er- 
Krankten in einem Krankenhause nicht in Be- 
tracht (OV. 16, 378). Der Versicherte hat 
auch dann einen Anspruch auf ärztliche Be- 
handlung seiner Familienangehörigen, wenn 
das Statut die Bezahlung anderer als der 
Kassenärzte bei der Behandlung der Familien- 
angehörigen grundsätzlich ausschließt; dieser 
Anspruch geht daher auf den AB. über (OV. 
16, 359). Dem A#V. kann nicht entgegengehalten 
werden, daß der Unterstützte Vorschriften über 
das Verhalten der Kranken übertreten habe 
(OVS. vom 7. Okt. 1889 — PrBi1. 11, 205) 
oder daß er sich der Behandlung des Kassenarz- 
tes durch Verlassen des Kassenbezirks entzogen 
habe (OB. vom 13. April 1893 — Pr Vil. 
15, 122 — und vom 25. Nov. 1895 — Pr BWl. 
17, 280). Der A#. ist berechtigt, Ersatz der 
Kosten für diesenige Behandlung des Er- 
krankten zu verlangen, die sich nach den Um- 
ständen des Falles als angemessen oder not- 
wendig darstellte, und die er deshalb hat 
eintreten lassen (OB. 22, 354; 27, 362). Er 
kann auch solche Geldbeträge erstattet ver- 
langen, mit welchen er die erkrankte hilfs- 
bedürftige Person, falls dies die Umstände 
rechtfertigen, außerhalb der eigentlichen Kran- 
kenfürsorge unterstützt hat (z. B. Zehrgeld bei 
Entlassung aus der Anstalt, Anschaffung von 
Kleidungsstüchen; OB. 41, 358). Alle Hand- 
lungen und Unterlassungen, wie Zahlungen 
und Vergleiche, soweit sie überhaupt mit Wirk- 
samkeit zugunsten der Gemeindekrankenver- 
sicherung oder Krankenkasse stattfinden können, 
haben diese Wirkung auch dem A. gegen- 
über, wenn die Gemeindekrankenversicherung 
oder Krankenkasse zu der Zeit, wo sie statt- 
fanden, noch in gutem Glauben war (O#. 
43, 327). Der Zeitraum, für welchen dem Er- 
krankten nach dem Statut ärztliche Behand- 
lung usw. zukam, und derjenige, in welchem 
er vom A#. unterstützt worden ist, müssen sich 
decken. Der erste Tag ist derjenige, an welchem 
der AV. in Erfüllung seiner gesetzlichen Pflicht 
zur Unterstützung Hilfsbedürftiger eintrat, der 
letzte derjenige, an welchem die ltatutenmhige 
Unterstützungspflicht der Kasse aufhörte (OV. 
25, 345; 27, 358). Dem Ersatzanspruche des 
A., von dem ein erkranktes Kassenmitglied 
innerhalb 26 Wochen vom Tage der ersten 
Unterstützung, aber nach Ablauf der 26. Woche 
vom Beginn der Krankheit unterstützt worden 
ist, ohne daß vorher die Kasse für dieselbe 
Krankheit Krankenunterstützung gewährt hat, 
darf die Kasse in der Regel nicht den Einwand 
entgegensetzen, daß das Kassenmitglied von ihr 
noch Krankengeld nachfordern könne (OV . 
34, 364). Der AV. kann, sofern nicht höhere 
Aufwendungen nachgewiesen sind, als Ersatz 
für die Gewährung ärztlicher Behandlung, 
freier Arznei und Heilmittel die Hälfte des 
  
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fordern (KVG. 8 57 Abs. 5). Eine spezielle 
Liquidation ist nicht erforderlich, vielmehr ge- 
nügt der Nachweis, daß der AV. während der 
Zeit ärztliche Behandlung gewährt hat (OV0. 
16, 378; 24, 327). Das Pauschquantum wird 
auch für Sonn= und Festtage berechnet, selbst 
wenn der Unterstützte für diese Tage Reinen 
Anspruch auf Krankengeld hat (OV. 13, 379; 
20, 360). Bei Gewährung ärztlicher Behand- 
lung an Familienangehörige wird das Pausch- 
quantum nach dem dem Witgliede zustehenden 
rankengelde berechnet (OVG. 16, 359); es 
darf in diesem Fall aber nur dann angewendet 
werden, wenn den Familienangehörigen alle 
im KVG. 8§ 6 Abs. 1 Ziff. 1 aufgeführten 
Leistungen gewährt werden. Wird nur eine 
dieser Leistungen gewährt, so sind die Aus- 
lagen einzeln zu berechnen und bis zur Höhe 
des Pauschqguantums zu erstatten (O. 38, 
337). Der Tag der Aufnahme und der Tag 
der Entlassung sind je besonders zu rechnen 
und es ist nur zu prüfen, ob der gesamte 
Aufwand des A#V. für den einzelnen Unter- 
stützungsfall den Gesamtbetrag des einund- 
einhalbfachen Krankengelds während der 
Unterstützungszeit erreicht (OV. 34, 357). Mit 
diesem Vorbehalte sind auch Transportkosten 
für Unterbringung im Krankenhause zu er- 
statten (OVG. vom 18. Okt. 1899 — Pr K. 
21, 258 — und vom 17. April 1893 — Pr 1. 
15, 123). Streitigkeiten zwischen A. einer- 
seits und der Gemeindekrankenversicherung, 
den Krankenkassen oder als Träger der K. an- 
erkannten Hilfskassen andererseits werden nach 
KVG. § 58 Abs. 2 durch den Bez l. entschieden, 
gegen dessen Entscheidung nur das Rechts- 
mittel der Revision zugelassen ist (Allerh V. 
vom 9. Aug. 1892 — GS. 239). Die Forde- 
rung verjährt nach BEB. § 195 in 30 Jahren 
- vom 15. Febr. 1892 — Pr WBil. 13, 
294). 
X. Verhältnis zu Dritten. Ist von 
dem Träger der K. in einem Krankheitsfall 
Unterstützung geleistet, für den dem Versicher- 
ten ein gesetzlicher Entschädigungsanspruch 
gegen Dritte zusteht, so geht dieser Anspruch 
in Höhe der geleisteten Unterstütziung auf den 
Träger der K. über (K. 1 57 Abs. 4). Der 
auf Grund des HGB. g 63 (RGBl. 1897, 219) 
beruhende Anspruch ist weder ein Entschädi— 
ungsanspruch, noch ein auf Gesetz beruhender 
Anspruch (OVE. 15, 398), dagegen gehört der 
auf dem Haftpflichtgesetze beruhende Schadens- 
ersatzanspruch (s. Haftpflicht) hierher (O#. 
vom 21. Febr. 1889 — Pr VBil. 10, 346). Zu 
diesen Ansprüchen ist auch derjenige der un- 
ehelich Geschwängerten gegen den Schwän- 
gerer (OV. 23, 297), der Anspruch auf eine 
durch strafgerichtliche Entscheidung zu erken- 
nende Buße (O#. 20, 371), nicht aber das 
Recht auf die von dem Träger der K. zu ge- 
währenden Leistungen (OVG. 17, 435) zu 
rechnen. Ebenso werden öffentlich rechtliche 
Verpflichtungen, z. B. der Anspruch auf In- 
validenpension gegen den Militärfiskus, 
nicht berührt (OVG. 20, 377). Für die 
Berechnung der Kosten für Gewährung von 
Arzt, Arznei und Heilmittel wird auch 
gesetzlichen Mindestbetrags des Krankengeldes hier, sofern nicht höhere Aufwendungen nach- 
62“
	        
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