Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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der Einspruchsentscheidung Klage beim BezA. 
im Verwaltungsstreitverfahren zu. Bechts- 
mittel, die sich gegen den bei der staatlichen 
Veranlagung rechtskräftig festgestellten Prinzi- 
palsteuersatz richten, sind unzulässig. Gegen 
die Kontingentsberechnung haben auch die 
Gemeinden die Bechtsmittel. Die Einziehung 
erfolgt, wie erwähnt, durch die Gemeinde bzw. 
den Gutsbezirk, die nur die festgestellte Steuer- 
summe, diese aber, abgesehen von Anderungen 
durch Rechtsmittel, unverkürzt an den Kreis 
abzuführen haben; Zugänge durch Zuzug 
Kreissteuerpflichtiger Kkommen ihnen daher zu- 
gute, Abgänge durch Verzug usw. fallen ihnen 
zur Last. (KrO. §§ 15, 19; &A. § 91 Ziff. 4 
und Abs. 2; O#. 1, 72; 7, 47; 16, 23; 
21, 11.) 
IV. Das Kreisabgabenwesen nach dem 
G. vom 23. April 1906. Die Mlängel des 
bisherigen Kreisabgabensystems sind vor allem 
in folgendem zu erblichen: 1. in dem Risiko 
der Gemeinden und Gutsbezirke, für Ausfälle 
aufzukommen; 2. in der Doppelbesteuerung 
solcher Abgabepflichtigen, die in ihren Wohn- 
sitzgemeinden bereits, weil sie dort zur Staats- 
steuer veranlagt sind und die Gemeinde die K. 
individuellerhebt, nach ihrem vollen Einkommen 
zu den K. herangezogen sind, aber gleichzeitig 
Gemeindeforensen in solchen Gemeinden des- 
selben Kreises sind, in denen die K. auf den Ge- 
meindeetat übernommen sind und daher als 
Gemeindeabgaben aufgebracht werden; 3. darin, 
daß bei Ubernahme der K. auf den Gemeindeetat 
die Wohnsitzgemeinde zugunsten der Forensal- 
gemeinde insofern benachteiligt wird, als jene 
die K. von dem vollen Einkommen der in der 
andern als Forensen gemeindesteuerpflichtigen 
Einwohner aufbringen muß, während sie deren 
Forensaleinkommen nicht zur Gemeindefteuer 
heranziehen kann; 4. in der Verschiedenheit der 
reis= von der Gemeinderealsteuerpflicht. Da- 
neben erschien es wünschenswert, bei dem stetig 
wachsenden Bedarf der Kreise — im Jahre 
1904 erhoben 81 Landkreise Kreissteuern von 
50— 750% der Staatssteuern, 46 solche von 75 
bis 100% und 30 mehr als 100% — den 
Kreisen neue Einnahmegquellen zu erschließen. 
Die wesentlichsten Meuerungen, die das neue 
Kreisabgabengesetz bringt, sind daher 1. Zulässig- 
keit der Erhebung von Gebühren, Beiträgen 
und indirekten Steuern, 2. Ersetzung der 
Individualbesteuerung durch die Kontingen- 
tierung und, um eine den örtlichen Verhält- 
nissen entsprechende Oberverteilung der direkten 
Kreissteuern auf die Gemeinden und Guts- 
bezirke zu ermöglichen, 3. die Zulässigkeit von 
selbständigen Kreisgrundsteuern nach dem Wert. 
Im einzelnen sind die wesentlichsten Bestim- 
mungen des neuen Gesetzes folgende: 
A. Gebühren, Beiträge und indirekte 
Steuern. Die Kreise können für Benutzung 
der von ihnen im öffentlichen Interesse unter- 
haltenen Veranstaltungen (Benutzungs= Ge- 
bühren (s. d.), nicht dagegen Verwaltungs- 
gebühren erheben; die Gebühren sind im voraus 
nach festen Aormen und Sätzen zu bestimmen, 
wobei indes eine Abstufung — auch nach der 
Leistungsfähigheit — bis zur völligen Frei- 
lassung erfolgen kann (§ 4). Unter gleichartigen 
  
Kreisabgaben. 
Voraussetzungen und formellen Bedingungen 
wie die Gemeinden können auch die Kreise Bei- 
träge (s. d. für Gemeindeveranstaltun- 
gen erheben, wobei deren Ersetzung durch 
aturalleistungen gestattet werden kann (8 5). 
Anindirekten Kreissteuern sind zugelassen 
1. Umsatzsteuern auf den Erwerb von Grund- 
stückeen und Rechten, für welche die auf Grund- 
stüche bezüglichen Vorschriften gelten; 2. Steuern 
auf Erlangung der Erlaubnis zum Betriebe der 
Gastwirtschaft, Schankwirtschaft oder des Klein- 
handels mit Spiritus — neben der Betriebs- 
steuer —; 3. Hundesteuern ohne Beschränkung 
auf den Höchstsatz von 5 M. Von der Unmsatz- 
steuer Können Befreiungen, insbesondere ein- 
zelner Erwerbsarten, vorgesehen und müssen 
Erbgang, Enteignung und Ubergabevertrag 
zwischen Aszendenten und Deszendenten freige- 
lassen werden. Eine Abstufung der Sätze der 
indirekten Steuern, insbesondere auch nach 
Rreisteilen, ist zulässig (6 6). Hinsichtlich der 
Rechtsmittel gegen die Heranziehung zu 
Gebühren usw. gelten sinngemäß die Grund- 
sätze des R&A#. (8 10). 
B. Direkte Steuern. Steuerpflichtig 
dem Kreise gegenüber sind nicht mehr die ein- 
zelnen Kreisangehörigen, sondern die Ge- 
meinden und Gutsbezirke. Auf sie wird 
der direkte Kreissteuerbedarf umgelegt nach 
dem MAlaßstabe des Solls der Einkommensteuer 
und der staatlich veranlagten Realsteuern, ein- 
schließlich der Betriebssteuer, wie es in Ge- 
meinden nach den Vorschriften des K Al., Ge- 
meindeabschlüssen und Vereinbarungen mit 
Steuerpflichtigen (KA#. § 43) der Gemeinde- 
besteuerung zugrunde zu legen und in Guts- 
bezirken für die Unterverteilung (s. u.) zu ver- 
anlagen ist. Die fingierte Einkommensteuer 
(. d.) kann freigelassen oder geringer belastet 
werden. Alaßgebend ist das Steuersoll des 
Vorjahrs nach dem Stande am 1. Zan. Steuer- 
beträge, die erst nach dem 1. Jan. für das 
Rechnungsjahr veranlagt werden, obwohl die 
Steuerpflicht schon vorher begonnen hatte, 
werden dem Steuersoll des nächsten Rechnungs- 
jahrs, Steuerbeträge für frühere Jahre dem 
Steuersoll des Jahres, in dem die Veran- 
lagung erfolgt, oder dem des nächsten Rech- 
nungsjahres hinzugerechnet, je nachdem die 
Veranlagung vor oder nach dem 1. Jan. er- 
folgt ist. Reben den Gemeinden und Guts- 
bezirken haben a) Kreiseinsassen und Kreis- 
forensen (d. h. nur physische Personen), welche 
nach der bisherigen Gesetzgebung kreis- 
steuerpflichtig waren, aber ganz oder teil- 
weise gemeindeeinkommensteuerfrei sind; b) der 
Ansiedlungsfiskus zu den auf die Einkom- 
mensteuer gelegten Kreissteuern insoweit be- 
sonders beizutragen, als ihr Einkom- 
men nicht schon gemeindesteuerpflichtig ist; 
ihre Veranlagung erfolgt unter sinngemäßer 
Anwendung der für die Gemeindeeinkommen- 
steuer geltenden Vorschriften durch den Kru., 
die Erhebung der betreffenden Beträge un- 
mittelbar beim Verpflichteten (§ 7). Für die 
Oberverteilung der Kreissteuern auf Gemeinden 
und Gutsbezirke kann der Kreistag an die 
Stelle der staatlich veranlagten Grund= und 
Gebäudesteuer eine — die Autonomie der Ge-
	        
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