Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

8 Landespolizei 
richten. In Verfolg dieses Planes wurde durch 
AOrder vom 16. Jan. 1842 das L. errichtet 
und als seine Aufgabe durch das Regul. vom 
25. März 1842 bezeichnet: a) dem vorgeordne- 
ten Ministerium zu dienen teils als technische 
Deputation in landwirtschaftlichen Angelegen- 
heiten, teils als Organ zur Ausführung der ihm 
erteilten Aufträge; b) die landwirtschaftlichen 
Vereine in den Provinzen in ihrer gemein- 
nützigen Tätigkeit zu unterstützen, ihre Wirksam- 
keit zu befördern und ihre Verbindung unter- 
einander und mit den Staatsbehörden zu ver- 
mitteln. Nachdem der administrative Teil dieser 
Aufgabe auf das M's#L. übergegangen war, ist 
die Verfassung des L. wiederholt geändert. 
Seine Bestimmung ist seit dem neuen Regul. 
vom 1. Mai 1878 (MBl. 110) darauf beschränkt, 
dem Minister als sachverständiger Beirat zu 
dienen, es ist aber daneben befugt, die Interessen 
der Land= und Forstwirtschaft durch selbständige 
Anträge an den Minister wahrzunehmen. Nach 
den zurzeit geltenden (nicht veröffentlichten) 
neuen Satzungenvom 10. Dez. 1898 
dient das L., abgesehen von der obigen Aufgabe, 
zugleich als Geschäftsstelle der Landwirtschafts- 
kammern für Bearbeitung gemeinschaftlicher 
Angelegenheiten. Das Kollegium besteht aus 
25 von drei zu drei Jahren zu wählenden Ver- 
tretern der Landwirtschaftskammern, welche 
gleichzeitig Mitglieder des deutschen Landwirt- 
schaftsrats sein müssen, und aus neun vom M L. 
zu ernennenden Mitgliedern. Der Vorsitzende 
wird vom Kollegium auf drei Jahre gewählt, 
die Geschäfte des Sekretariats werden von einem 
besonderen Beamten des L. wahrgenommen. 
Landespolizei. I. Geschichtliches. Nach- 
dem bereits dem ALP R. der Begriff der Landes- 
polizeiinstanz nicht fremd gewesen war, über- 
trägt § 3 der V. vom 26. Dez. 1808 (Rabes 
Sammlung Preuß. Gesetze 9, 467) den Regie- 
rungen neben den Aufgaben, die sie als Landes- 
hoheitsbehörde ls. Landeshoheit] (88 1 
u. 2) und als „Landesfinanzbehörde“ (§ 4) 
haben — als Landespolizeibehörden sowohl den 
Sicherheitsschutz wie die Wohlfahrtspflege, also 
sämtliche durch jene beiden anderen Bezeich- 
nungen nicht gedeckten Aufgaben der inneren 
Verwaltung (OG. 9, 353 ff.; ähnlich V. vom 
30. April 1815 — GS. 85 — F 13 Ziff. 2 und 
Reg.-Instr. vom 23. Okt. 1817— GS. 248 — 8 7). 
Jedoch läßt sich aus diesen Bestimmungen, 
welche lediglich die sachlichen Gebiete der polizei- 
lichen Zuständigkeit der Regierungen aufzählen, 
nichts für den Unterschied zwischen Orts= und 
Landespolizei entnehmen (O# G. 45 S. 108 ff., 
116). Erst im Anschluß an den durch Polizei- 
gesetz vom 11. März 1850 (GS. 265) in den 
§§ 6i u. 12 aufgestellten materiellen Unter- 
schied zwischen dem Polizeiverordnungsrecht der 
Ortspolizeibehörden und dem der Regierun- 
gen (s. Landespolizeiverordnun- 
gen) hat sich in Rechtsprechung und Wissenschaft 
ein materieller und ein formeller Gegensatz 
zwischen Landespolizei und Ortspolizei heraus- 
gebildet, indem formell zur Landespolizei alle 
polizeilichen Aufgaben gerechnet werden, welche 
durch besondere Gesetzesbestimmungen der Re- 
gierungsbehörde oder einer höheren Instanz 
übertragen sind, während der materielle Gegen- 
  
satz überall da Platz greift, wo besondere Be- 
stimmungen über die Zuständigkeit der Orts- 
oder Landespolizeibehörden fehlen. Eine scharfe 
Trennung der Zuständigkeiten brachten erst die 
neuen Verwaltungsgesetze, bis zu deren Ein- 
führung die L. befugt blieb, nach eigenem Er- 
messen auch die Funktionen der Ortspolizei- 
behörden auszuüben (OVG. 47, 236). In dem 
orts= und landespolizeilichen Geschäftskreis er- 
schöpft sich der Gesamtumfang der Polizei- 
verwaltung, soweit sie nicht besonderen, ins- 
besondere Berg-, Eisenbahn--, Deich-, Fischerei- 
behörden übertragen ist. Die dem Landrat 
übertragenen sog. klreispolizeilichen Obliegen- 
heiten sind begrifflich entweder orts- oder landes- 
polizeilicher Natur (s. auch Kreispolizei- 
behörden). 
II. Materiell — also in Ermangelung be- 
sonderer Bestimmungen — sind landes- 
polizeiliche diejenigen polizeilichen Maß- 
regeln, welche sich unmittelbar auf die Befrie- 
digung eines Gemeininteresses des Staates oder 
eines größeren Teiles des Staatsgebietes richten, 
ortspolizeilich dagegen diejenigen, die in erster 
Reihe auf den Schutz oder die Förderung der 
auf dem nachbarlichen Zusammenwohnen und 
auf der nachbarlichen Grundstückslage beruhen- 
den örtlichen Gemeininteressen, und nur mittel- 
bar auf Befriedigung des mit diesen örtlichen 
Interessen verbundenen staatlichen Interesses 
gerichtet sind (OV.G. 26, 85; 36, 405; 46, 424). 
Auch wenn das in erster Linie örtliche Inter- 
esse in einer größeren Anzahl von Ortschaf- 
ten gleichzeitig und in wesentlich gleicher 
Art hervortritt, bleiben die seiner Befriedi- 
gung dienenden Maßnahmen solche der Orts- 
polizei (OBVG. 24 S. 104 ff., 409). Auf 
dem Gebiet der Bekämpfung übertrag- 
barer Krankheiten sind daher landes- 
polizeilich diejenigen Maßnahmen, welche vor- 
nehmlich zu dem Zwecke getroffen werden, um 
die Einschleppung einer Seuche aus außer- 
preußischen Ländern in das Inland oder deren 
Weiterverbreitung aus einer Gegend des Staats- 
gebietes in die andere zu verhindern, namentlich 
also alle persönlichen und sachlichen Einrichtungen 
zur gesundheitlichen Uberwachung des Verkehrs 
über die Landesgrenze, der Seehäfen und Fluß- 
läufe, des Eisenbahnverkehrs, die behördlich an- 
geordneten bakteriologischen Untersuchungen, 
welche an den hierfür seitens der Zentralbehörden 
bestimmten Stellen ausgeführt werden. Orts- 
polizeilich sind dagegen solche Maßregeln, welche 
auf die Bekämpfung und Beschränkung der 
Krankheit innerhalb eines Ortes gerichtet sind. 
Durch § 26 Abs. 2 des G., betr. Bekämpfung 
übertragbarer Krankheiten, vom 28. Aug. 1905 
(GS. 373 ff.) ist diese Unterscheidung aus- 
drücklich aufrechterhalten (OB G. 36, 6; 46, 423; 
52, 279; Begründung zu § 26 des G. vom 23. Aug. 
1905— Drucks. des AbgH. 1905 Nr. 25 S. 52, 53). 
III. Durch besondere gesetzliche 
Bestimmungen sind in einer beträchtlichen 
Anzahl von Angelegenheiten die Landespolizei- 
behörden für zuständig erklärt. 
1. Auf wegepolizeilichem Gebiet 
liegt ihnen ob: a) die Chausseebau- 
polizei (s. d.) im Gegensatz zur Chaussee- 
polizei (s. d. und Kreispolizeibehör-
	        
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