Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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Zwangsmittel 
der Regierungspräsident, gegen dessen Entschei- streckung ihrer Anordnungen nur eine zu Ver- 
dung binnen vier Wochen die Beschwerde an den waltungszwang befugte Behörde ersuchen oder 
OM. zugclassen ist (AusfAnw. 
Ziff. 113, 111). — Am 1. Sept. 1907 bestanden 
in Preußen 2537 Z. (s. HMl. 1907, 403). 
Literatur s. Freie Innungen. 
Zwangsmittel. I. Allgemeines. Das 
Recht der Obrigkeit zu Anordnungen, Geboten 
und Verboten enthält von selbst auch das Recht, 
behufs Durchsetzung der getroffenen Anord- 
nungen Z. anzudrohen und anzuwenden. Die 
erste nähere gesetzliche Ausbildung hat dieses 
Recht für die Vollstreckung prozessualer Urteile 
cerhalten in Preußen durch die Allg. Ordnung, 
die Verbesserung des Justizwesens betr., vom 
21. Juni 1713 (Corpus Constitutionum Marchi- 
carum II 1 Sp. 517 ff.); s. jetzt die §8 883 ff. 
ZPO. Die vorhandenen zivilprozessualen Vor- 
schriften wurden dann entsprechend angewendet 
auf anderen Gebieten der gerichtlichen Tätig- 
keit, insbesondere auf dem der freiwilligen Ge- 
richtsbarkeit (s. hicrüber jetzt FGG. 8§ 33 und 
Pr FGG. Art. 15—17), sowie von den Ver- 
waltungsbehörden, letzteres auch, nachdem Justiz 
und Verwaltung getrennt worden waren und 
sich damit ein besonderer Verwaltungszwang 
(Verwaltungsexekution) herausgebildet hatte. 
II. Jetziges Recht. Gegenwärtig sind 
für den Verwaltungszwang in Preußen in erster 
Linie und soweit nicht, wie mehrfach der Fall, 
besondere Bestimmungen getroffen sind, maß- 
gebend die §§ 132—134 LV G., die sich ebenfalls 
an die Bestimmungen über die gerichtlichen Z. 
anlehnen, von diesen jedoch sich hauptsächlich 
dadurch unterscheiden, daß einerseits das Maß 
der zugclassenen Exekutivstrafen erheblich ge- 
ringer als im Zivilprozeß, andererseits die An- 
wendung unmittelbaren Zwanges nicht bloß 
in den Fällen der §§ 887, 892 ZPO., sondern 
weit allgemeiner gestattet ist. In den §§ 132—134 
sind aber nur die Zwangsbefugnisse der hier aus- 
drücklich genannten Behörden: Regierungsprä- 
sidenten, Landräte, Ortspolizeibehörden, Ge- 
meinde (Guts)vorsteher (Vorstände), sowie der 
besonderen Beamten und Organe, welche zur 
Beaufsichtigung der Fischerei vom Staate be- 
stellt sind (Oberfischmeister, Fischmeister), und 
auch dieser Behörden nur für die Anordnung von 
Handlungen oder Unterlassungen geregelt. Die 
Zwangsbefugnisse anderer Behörden werden 
durch die §§ 132 ff. nicht berührt. Für die Re- 
gierungen bestehen daher noch die Bestimmungen 
der V. vom 26. Dez. 1808 (GS. 1817, 282) 
§8 34 ff. fort, und diese Bestimmungen gelten 
auch für diejenigen Behörden, die seitdem von 
den Regierungen abgetrennt worden sind und 
einen Teil der sachlichen Zuständigkeit derselben 
erhalten haben, so namentlich für die Provinzial- 
steuerdirektionen, jetzt Oberzolldirektonen, die 
Provinzialschulkollegien, die Militärintendan- 
turen, die Konsistorien und die Wasserbauinspek- 
toren (v. Brauchitsch, Verwal' ungsesetze Bd. 1, 
20. Aufl., S. 195 Anm. 257), ebenso für die 
Eisenbahndirektionen (Erl. vom 8. Aug. 1894 — 
EnBl. 205). Die Oberpräsidenten, die Minister 
und die übrigen Zentralbehörden, sowie der Kö- 
nig für die von ihm erlassenen Verwaltungs- 
befehle haben regelmäßig überhaupt keinc eigene 
Zwangsgewalt, sondern können wegen der Voll= 
  
  
zur GewO. beauftragen, die dann lediglich die Stellung 
eines Vollstreckungsorgans hat. Für einzelne 
Spezialfälle stehen aber auch ihnen Zwangs- 
befugnisse zu, so kann sich der König innerhalb 
der Grenzen des Art. 36 VU. der bewaffneten 
Macht als deren Oberbefehlshaber bedienen. 
Unberührt sind ferner von den 8§ 132 ff. LVG. 
geblieben die Vorschriften, betr. die administra- 
tive executio ad solvendum (s. Verwal- 
tungszwangsverfahren III), und 
ebenso selbstverständlich die über die Zwangs- 
strafen seitens der Dienstvorgesetzten gegen ihre 
nachgeordneten Beamten. Eine Einschränkung 
erleiden die §§ 132 ff. endlich noch dadurch, daß 
für die Anwendung der in ihnen zugelassenen 
Z. gegen den Fiskus und gegen die unter Staats- 
aufsicht stehenden juristischen Personen, Gemein- 
den usw. die Vorschriften maßgebend bleiben, wo- 
nach die Vollstreckung durch Vermittlung der 
zunächst beteiligten fiskalischen Stationen bzw. 
der Staatsaussichtsbehörde zu geschehen hat (l. 
Prozesse des Fiskus II und Ver- 
waltungszwangsverfahren lll). Im 
übrigen gelten die §8 132 ff. zwar nicht bloß für 
die Polizeigewalt, sondern für die gesamte obrig- 
keitliche Gewalt, auch für die Vollstreckung von 
Urteilen und Beschlüssen der Verwaltungsgerichte, 
aber andererseits nur für die Anordnungen auf 
dem Gebiete der allgemeinen Landesverwaltung, 
nicht auch auf dem kommunalen Gebiete, z. B. 
nicht für das Zwangsverfahren des Gemeinde- 
vorstehers bei Erzwingung von Gemeindediensten 
oder Kommunallasten (OG. 41, 443) — da- 
gegen gehört die Kommunalaussicht zur obrig- 
keitlichen Gewalt, ebenso die über Hilfskassen 
und über Hypothekenbanken — und nicht bei 
der Vollstreckung gewerbegerichtlicher Entschei- 
dungen der Gemeindebehörden (O G. 39, 375). 
Auch der Schulbesuch kann nicht auf diesem Wege 
erzwungen werden (O#G. 34, 234). 
III. Arten der Z. Die zugelassenen Z., 
von denen jedesmal nur eins, und zwar das- 
jenige, welches unter den gegebenen Umständen 
dem Gesetz entspricht und von den an sich zu- 
lässigen mehreren 3. als das angemessenste er- 
achtet wird, zu benutzen ist, sind: 1. In erster 
Linie, wenn es tunlich ist, die Ausführung der 
zu erzwingenden Handlung durch einen Dritten 
und die Einziehung des vorläufig zu bestimmen- 
den Kostenbetrags im Zwangswege von dem Ver- 
pflichteten. Der Betrag der Kosten braucht nicht 
gleich bei der Androhung ziffernmäßig angegeben 
zu werden (OVWG. 44, 418). Der Ausführung 
muß eine schriftliche Androhung vorhergehen, im 
der die Frist zu bestimmen ist, innerhalb welcher 
die Ausführung der Handlung gefordert wird. 
Androhung zu Protokoll genügt nicht. Es mutz 
die schriftliche Androhung dem Adressaten zwar 
zugegangen, ihm von derselben amtlich Kenntnis 
gegeben sein; daß das sie enthaltende Schrift- 
stück zugestellt oder dem Adressaten belassen werde, 
ist jedoch nicht erforderlich (R. Z. 61, 100). 
2. Kann die zu erzwingende Handlung nicht durch 
einen Dritten geleistet werden, womit aber nicht 
völlige Unmöglichkeit gemeint ist, oder sicht es 
fest, daß der Verpflichtete nicht imstande ist, die 
aus der Ausführung durch einen Dritten ent-
	        
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