Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

118 Matrikularbeiträge — Maul= und Klauenseuche 
die Fabrikatsteuer, wie dies vielfach geschieht, unteretwa 100 Mill. Mark geschätzt. In diese Verluste 
allen Umständen als die zweckmäßigere Art der sind allerdings auch diejenigen eingerechnet, die 
Erhebung einer Verbrauchsabgabe hinzustellen durch die notwendigen veterinärpolizeilichen 
(s. Verbranchsteuern 1), wenn auch an= Sperrmaßregeln und Nutzungsbeschränkungen 
zuerkennen ist, daß die Entwicklung der modernen nicht nur für die verseuchten, sondern auch für 
Steuergesetzgebung, insbesondere in Deutsch= die gefährdeten Klauenviehbestände verursacht 
land, mehr und mehr das Bild einer Ersetzung werden. Ein wirksames und praktisch verwend- 
der M. durch die Fabrikatsteuern zeigt. bares Immunisierungsmittel ist noch nicht ge- 
II. Als M. in Deutschland sind zu nennen die funden worden, obwohl die Tatsache, daß ein- 
Brausteuer und die Tabaksteuer. Die früher noch mal erkrankte Tiere eine Zeitlang eine Im- 
bestehende Zuckermaterialsteuer (Rübensteuer) ist munität zeigen, auf die Möglichkeit einer künst- 
seit 1891, die im Gebiete der Branntwein= lichen Immunisierung hindeutet. Die wissen- 
besteuerung bestehenden M. (insbesondere die schaftlichen Arbeiten zur Erforschung der M. u. K. 
Maischbottichsteuer) sind seit 1909 weggefallen. bergen insofern eine Gefahr in sich, als es nicht 
Literatur s. bei Auf wandsteuern. leicht ist, die Verschleppung des Kontagiums von 
Matrikularbeiträges. Reichseinnahmen der Arbeitsstätte aus sicher zu verhüten. Deshalb 
und Reichsfinanzwesen. ist vor kurzem auf einer kleinen Insel nördlich 
Maul= und Klauenseuche. Die M. u. K. (auch der Universitätsstadt Greifswald im Anschluß an 
Aphtenseuche, Blasenkrankheit, Maulfäule ge= das dortige hygienische Institut eine Anstalt er- 
nannt) ist eine überaus leicht übertragbare, dem richtet worden, in der die Arbeiten, namentlich 
Klauenvieh eigentümliche Krankheit, die sich in zur Herstellung eines Immunserums, fortgesetzt 
Blasen und Geschwüren auf der Maulschleimhaut werden. Mit diesem Serum sind auch neuerdings 
und an den Klauen äußert und den Nahrungs= schon in der Praxis Versuche angestellt worden, 
zustand der davon betroffenen Tiere, bei Kühen die aber immer noch kein eindentiges Ergebnis 
auch die Milchergiebigkeit erheblich beeinträchtigt, geliefert haben. — Einstweilen bleibt zur Unter- 
aber regelmäßig nach acht bis vierzehn Tagen ohne drückung der Seuche nur das Mittel der polizei- 
dauernde schädliche Folgen abheilt. Bisweilen lichen Absperrung der verseuchten und bedrohten 
tritt sie allerdings in bösartiger Form mit hoher Ställe, Gehöfte, Ortschaften, Feldmarken und 
Sterblichkeitsziffer oder schweren Folgekrank= Gegenden in bezug auf den Verkehr mit Tieren 
heiten auf. Dies ist namentlich im letzten Jahr= und möglichst auch mit anderen Zwischenträgern 
zehnt des vorigen Jahrhunderts mehrfach be= übrig. Die M. u. K. unterliegt der Anzeigepflicht 
obachtet worden. Nichtsdestoweniger sind es nicht (s. d.). Sie hat ferner im letzten Jahrzehnt weit- 
sowohl diese seltneren schweren Schädigungen, aus das größte veterinärpolizeiliche Interesse 
die die M. u. K. zu der gefürchtetsten Viehseuche unter den Viehseuchen beansprucht. Wesentlich 
der letzten Zeit gemacht haben, als vielmehr ihre um der Veterinärpolizei bessere Handhaben zur 
große Verbreitungsfähigkeit, die in einer außer- Bekämpfung der M. u. K. zu geben, ist die Nov. 
gewöhnlichen Flüchtigkeit des seiner Natur nach zum Reichsviehseuchengesetz vom 1. Mai 1894 
trotz angestrengter Bemühungen der Wissenschaft (R# Bl. 409) erlassen (vgl. namentlich die Ande- 
noch unbekannten Seuchenkontagiums ihre Ur- rungen in den 88 17, 19, 22, 27 und 44 a). Auch 
sache hat. Die Ansteckung erfolgt nicht nur von die danach vom BR. neu beschlossene Instr. vom 
Tier zu Tier, sondern auch, und zwar vornehm= 30. Mai 1895 (RGBl. 357) hat sich in den §§ 57 
lich durch Zwischenträger aller Art (Menschen, bis 91 besonders eingehend mit der M. u. K. be- 
Tiere, Gegenstände), die den unter Umständen faßt. Wie die zeitweilige tatsächliche Ausbreitung 
ungemein zähen Ansteckungsstoff an Kleidern, # der Seuche gezeigt hat, sind die Bemühungen der 
Fell, Gefieder usw. überaus leicht von Stall zu Veterinärpolizei nicht immer erfolgreich gewesen 
Stall, auch über weite Entfernungen verschleppen und es hat deshalb eine Zeitlang nicht an Stim- 
können. Bei Ausbruch der Seuche in einem Stall men gefehlt, die dafür eintraten, daß die Seuche 
erkrankt, abgesehen von wenigen immunen sich selbst überlassen bleibe und daß damit die 
Tieren, gewöhnlich das gesamte Klauenvieh, so höher als die unmittelbaren Nachteile der Seuche 
daß nicht selten, um die Dauer der Stallseuche selbst eingeschätzten Schädlichkeiten der Absper- 
abzukürzen, die Landwirte zu dem Mittel der rungsmaßregeln vermieden würden. Neuerdings 
sofortigen absichtlichen Ubertragung des Seuchen- ist man indessen von dieser Ansicht ziemlich all- 
stoffes auf alle noch nicht erkrankten Tiere durch gemein abgekommen und hat sich davon über- 
Bestreichen der Maulschleimhaut mit dem Blasen- zeugt, daß die Maßregeln, namentlich wenn sie 
inhalte oder Speichel erkrankter Tiere greisen. Die möglichst frühzeitig und mit voller Wucht ein- 
weitaus größten bekannten Verseuchungsziffern setzen, gute Erfolge haben können. Denn trotz- 
weist das letzte Jahrzehnt des verflossenen Jahr= dem es seit 1900, in welchem Jahre der letzte 
hunderts auf. In diesen Zeitraum fallen die große Seuchenzug abflaute, namentlich infolge 
beiden ausgedehnten Seuchenzüge in den Jahren wiederholter Einschleppung der Seuche aus Ruß- 
1892 und 1899. Damals waren 15 963 und land und Osterreich-Ungarn, nicht an Seuchen- 
15 362 Gemeinden mit 58 573 und 77 861 Ge= ausbrüchen in den verschiedensten Teilen Deutsch- 
höften verseucht. In den von der Seuche betroffe= lands gefehlt hat und bisweilen die Gefahr einer 
nen Gehöften befanden sich in jedem dieser Jahre weiteren Ausdehnung ziemlich nahegerückt war, 
über eine Million Rinder, noch mehr Schafe, und ist es doch dem energischen und von der Zentral- 
300 000 bis 550 000 Schweine. Von je 10 000 im stelle mit allem Nachdruck geförderten Eingreifen 
ganzen Staate vorhandenen Rindern gehörten der Veterinärpolizeibehörden, aber auch der tat- 
den verseuchten Ställen an 1048 bzw. 1128 Stück. kräftigen Mitwirkung der Landwirtschaftskam- 
Man hat die während solcher riesenhaften Seuchen= mern, die durch Belehrung auf die beteiligten 
züge der Landwirtschaft erwachsenen Schäden auf Landwirte im Sinne einer sorgsamen Beach- 
  
  
  
  
  
 
	        
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