Militärwaisenhaus zu Potsdam — Minderjährige
rücksichtigung haben in der MV0O. der Huf-
beschlag und die Lehrschmieden (vgl. Ziff. 177
bis 228 und den Anh. I) gefunden. S. auch
Hufbeschlaggewerbe.
Militärwaisenhaus zu Potsdam, ist eine
Stiftung, welche 1734 zur Aufnahme bedürftiger,
eltern-- oder vaterloser Waisen beiderlei Geschlechts
verstorbener Soldaten vom Feldwebel abwärts
gegründet ist und von einem, vom Kr M. ressor-
tierenden Direktorium in administrativer Be-
ziehung geleitet wird (Militärwaisenhausordnung
vom 23. Dez. 1893, mit Nachtrag bei E. S.
Mittler, Berlin). Sie nimmt Militär= und Marine-
waisen auf, und zwar das Haus in Potsdam ev.
Knaben, das Schloß in Pretzsch ev. Mädchen.
Kath. Waisenkinder werden auf Kosten der Haupt-
Militärwaisenhauskasse in einer kath. Erziehungs-
anstalt untergebracht. Statt der früheren Ein-
künfte aus dem Einrückungszwang und der
Herausgabe der Intelligenzblätter bezieht das
Potsdamer Waisenhaus gegenwärtig eine Ent-
schädigungsrente und einen Zuschuß aus der
Staatskasse (G. vom 21. Dez. 1849 — GS. 441).
Ehemalige Zöglinge der Militärschule des Mili-
tärwaisenhauses, dessen Aufnahmebedingungen
im Erl. vom 23. Nov. 1901 (MBl. 264) wieder-
gegeben sind, dienen für jedes Jahr des Auf-
enthalts in der Anstalt zwei Jahre über die ge-
setzliche Dienstpflicht im aktiven Heere hinaus
(Heerordnung § 13 Ziff. 8). Die Beamten des
M. sind mittelbare Staatsbeamte (O G. 42, 17).
Militärwitwenkasse (Regl. vom 3. März
1792, ergänzt durch G. vom 17. Juli 1865 —
GS. 817, nebst Instr. vom 26. Sept. 1865 —
Ml. 311 — und G. vom 15. Juni 1897 —
GS. 185) ist für diejenigen früheren Mitglieder
bestehengeblieben, welche von der Berechtigung
des Austritts aus der Landesanstalt keinen.
Gebrauch gemacht haben. Neue Mitglieder
dürfen in die M. nicht mehr ausgenommen wer-
den (G. vom 17. Juni 1887 — RGBl. 237 —
).
Milzbrand. I. Der M. ist eine bei allen
Haustieren und beim Wild, am seltensten beim
Schwein auftretende Infektionskrankheit, die
fast immer entweder sosort oder nach kurzer
Zeit zum Tode führt; sie unterliegt der Anzeige-
pflicht (s. d. II) und wird veterinärpolizeilich
bekämpft (Viehseuchengesetz vom 1. Mai 1894
RG#l. 409 — §§ 10, 11, 31—33; ferner
BR.-Instr. vom 27. Juni 1895 — RBl. 357—
88 5—15 und Erl. vom 30. März 1909 — Mhl-
M„L. 178). Der Krankheitserreger des M.
(Milzbrandbazillus, Milzbrandspore) besitzt eine
außerordentliche Zähigkeit oder er kann sie
doch durch günstige Daseinsbedingungen, z. B.
im feuchten Erdreich, erlangen. Dieser Umstand
macht die Tilgung der Seuche, die infolge ihrer
Übertragbarkeit auf den Menschen besondere Ge-
fährlichkeit besitzt und alljährlich zahlreiche Opfer
fordert, besonders schwierig. Denn trotz aller
Sorgfalt, mit der sich die Veterinärpolizei auf
Grund der bestehenden Vorschriften die Fürsorge
für eine unschädliche Beseitigung der Milzbrand-
kadaver und Abfälle angelegen sein läßt, sind
immer wieder Seuchenausbrüche darauf zurück-
zuführen, daß sich das BVieh an Stellen ansteckt,
an denen solche Kadaver unzureichend vergraben
worden sind. Aus dieser Hauptquelle der An-
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steckung erklärt sich auch die Tatsache, daß das
Vorkommen des M. an gewisse Gegenden, in
denen sich die Milzbrandkeime im Boden oder
auch in Gewässern lebensfähig erhalten, in
der Hauptsache gebunden ist. Um des M. völlig
Herr zu werden, ist nicht nur eine Verbesserung
der Kadaververnichtungsmethode und zu diesem
Behuf eine Neuregelung des Abdeckerwesens er-
forderlich, sondern auch eine möglichst lückenlose
Ermittlung aller Seuchenausbrüche, auf die erst
dann wird gerechnet werden können, wenn eine
Entschädigung für Verluste durch M. aus öffent-
lichen Mitteln überall gewährleistet sein wird,
was demnächst nach dem Inkrafttreten des
neuen Viehseuchengesetzes vom 26. Juni 1909
wenigstens für Rindvieh der Fall sein wird
(#. Viehseuchengesetze, neu und
Entschädigung bei BViehseuchen
VI). Es gibt allerdings ein von Pasteur be-
gründetes und von späteren Forschern weiter
ausgebildetes Immunisierungsverfahren gegen
M., das sich vielfach bewährt hat, aber allge-
meineren Eingang in die Praxis doch noch nicht
hat gewinnen können. Deshalb wird die Aus-
gestaltung des bisherigen Tilgungsverfahrens
voraussichtlich noch lange der einzig aussichts-
volle Weg zur Erreichung besserer Erfolge bleiben.
Dem M. werden der Rauschbrand und die Wild-
und Rinderseuche (s. d.) veterinärpolizeilich gleich--
gestellt. Es ist jedoch wissenschaftlich erwiesen,
daß es sich um ihrer Ursache nach verschiedene,
wenn auch in ihrem Verlauf eine gewisse Gleich-
artigkeit aufweisende Krankheiten handelt. Ins-
gesamt sind nach den statistischen Anschreibungen
von 1876 bis 1908 in Preußen an Milz= und
Rauschbrand erkrankt: 2974 Pferde, 76 160 Rin-
der, 19 064 Schafe, 1483 Schweine und 74 Ziegen.
Im Jahre 1908 waren in Preußen 3488 Ge-
meinden und 4508 Gehöfte von den beiden
Seuchen betroffen.
II. M. wird auch öfters auf Menschen über-
tragen und tritt bei diesen, je nachdem die Sporen
in kleinen Hantverletzungen — so namentlich bei
Schlächtern, Abdeckern, Gerbern —, in die
Atmungswerkzeuge — so namentlich bei Ar-
beitern, die Roßhaare, Schafwolle u. dgl. zu
verarbeiten haben — oder infolge Genusses un-
genügend gekochten Fleisches in die Verdauungs-
kanäle eindringen, als Haut-, Lungen= oder
Darm-M. auf. Seine Bekämpfung bei den
Menschen ist geregelt durch das G. vom 28. Aug.
1905, betr. die Bekämpfung übertragbarer
Krankheiten (s. d. II bis VII) und die Anweisung
zur Bekämpfung des M. (MMl. 1906, Beil.
zu Nr. 16, S. 69).
III. Der Ansteckungsgefahr sind insbesondere
die Arbeiter in Gerbereien unterworfen. Zur
Bekämpfung dieser Milzbrandgefahr sind in den
Unfallverhütungsvorschriften der Lederindustrie-
Berufsgenossenschaft Vorschriften vorgesehen, die
auch für die Durchführung gewerbepolizeilicher
Anordnungen zum Schutze der Arbeiter auf
Grund der GewO. 8 120 d maßgebend sind (Erl.
vom 20. Dez. 1910 — HOMl. 1911, 11). S.
auch AusfAnw. z. GewO. vom 1. Mai 1904
(HMBl. 123) Bii# 2021.
Minderjährige. I. Die Minderzjährigkeit
dauert bis zum Eintritte der Voll-
jährigkeit (s. d.), also nach §§ 2, 187 Abs. 2
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