Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

162 Motorwerkstätten 
Vorschriften wie für Betriebe mit mindestens nur tritt an die Stelle der unteren Ver- 
10 Arbeitern (s. Jugendliche Arbeiteyn). waltungsbehörde die Ortspolizeibehörde, an 
In Schleifer= und Poliererwerkstätten der Glas-, die Stelle der höheren Verwaltungsbehörde 
Stein= und Metallverarbeitung dürfen jedoch die untere Verwaltungsbehörde und an die 
Kinder nicht länger als sechs Stunden täglich Stelle des RK. der Regierungspräsident (im 
beschäftigt werden. Auch die Beschäftigung LPB. Berlin der Polizeipräsident). Auch 
jugendlicher Arbeiter richtet sich nach den Be= ist eine Höchstzahl für die Ausnahmetage nicht 
stimmungen, die für Betriebe mit mindestens vorgesehen. In Werkstätten des Handwerks 
10 Arbeitern gelten, jedoch mit der Maßgabe, 
daß an Stelle der einstündigen Mittagspause 
und je halbstündigen Vor= und Nachmittags- 
pausen eine Mittagspause von einundeinhalb- 
stündiger Dauer gewährt werden kann. Die 
Beschäftigung von Arbeiterinnen ist nur in 
dem Umfange wie in Betrieben mit min- 
destens 10 Arbeitern gestattet. Ausnahmen 
sind nur für Badeanstalten (s. d.) zugelassen. 
Wegen der Anzeige und des Aushangs gelten 
die gleichen Bestimmungen wie für Betriebe 
mit mindestens 10 Arbeitern, jedoch genügt, 
daß in der Anzeige die Lage der Werkstätte 
und die Art des Betriebes angegeben wird 
(s. Junge Leute III, Arbeiterinnen 
III; AusfAnw. z. GewO. vom 1. Mai 1904— 
HMBl. 123 — Ziff. 225). 
Während der Nachtzeit und länger als elf 
(zehn) Stunden dürfen Arbeiterinnen über 
sechzehn Jahre an vierzig Tagen im Jahre 
beschäftigt werden. Diese Beschäftigung darf 
dreizehn Stunden täglich nicht überschreiten 
und nicht länger als bis zehn Uhr abends dauern. 
Hierbei kommt jeder Tag in Anrechnung, an 
welchem auch nur eine Arbeiterin länger oder 
in der Nachtzeit beschäftigt ist, Gewerbetreibende, 
welche Arbeiterinnen über sechzehn Jahre 
länger oder in der Nachtzeit beschäftigen, sind 
verpflichtet, ein Verzeichnis anzulegen, in wel- 
ches jeder Tag, an dem Üüberarbeit stattgefunden 
hat, noch am Tage der Überarbeit einzutragen 
ist. Das Verzeichnis ist auf Erfordern der Orts- 
polizeibehörde sowie dem Gewerbeausfsichts- 
beamten jederzeit vorzulegen. Für mehr als 
40 Tage kann auf Antrag des Arbeitgebers 
eine solche Uberbeschäftigung von der unteren 
Verwaltungsbehörde (s. d.) gestattet werden, 
wenn die Arbeitszeit für die Werkstätte oder 
die betreffende Abteilung der Werkstätte so ge- 
regelt wird, daß ihre tägliche Dauer im Durch- 
schnitte der Betriebstage des Jahres die regel- 
mäßige gesetzliche Arbeitszeit nicht überschreitet. 
Hinsichtlich des Antrags und des von der unteren 
Verwaltungsbehörde zu führenden Verzeich- 
nisses gilt dasselbe, wie für Betriebe mit min- 
destens 10 Arbeitern (s. Arbeiterinnen 
IV, 1). Eine längere Beschäftigung von Arbei- 
terinnen über sechzehn Jahren an Vorabenden 
von Sonn= und Festtagen kann die untere Ver- 
waltungsbehörde in demselben Umfange wie bei 
Fabriken (s. Arbeiterinnen lV, 2) jedoch 
über 8 Uhr abends hinaus, aber nicht länger als 
bis 8⅛" Uhr abends, gestatten. Ausnahmen, 
die im Hinblick auf die Unterbrechung des Be- 
triebs durch Naturereignisse oder Unglücks- 
fälle, oder wegen der Natur des Betriebes 
oder aus Rücksichten auf die Arbeiter notwendig 
werden, können für jugendliche Arbeiter und 
für Arbeiterinnen nach denselben Grundsätzen 
wie bei Fabriken (s. Arbeiterinnen lIV, 
3, 4 u. Junge Leute IV) zugelassen werden, 
  
ist mit Rücksicht auf das Halten und die Aus- 
bildung der Lehrlinge die Beschäftigung männ- 
licher jugendlicher Arbeiter länger als zehn 
Stunden täglich gestattet, auch gelten für diese 
die Vorschriften über die Länge der Arbeitszeit 
und die Pausen nicht. Endlich ist eine Anzeige 
bei der Ortspolizeibehörde und der Aushang 
eines Auszugs der Bestimmungen über die 
Beschäftigung jugendlicher Arbeiter nicht 
erforderlich. Zum Handwerk im Sinne dieser 
Bestimmungen sind zu rechnen die Betriebe 
der Bandagisten, Bandwirker, Böttcher, Buchbin- 
der, Büchsenmacher, Bürsten- und Pinselmacher, 
Drahtflechter, Drechsler, Stein-, Zink-, Kupfer- 
und Stahldrucker, Färber und Zeugdrucker, 
Feilenhauer, Feinmechaniker, Gerber, Glaser, 
Gold= und Silberarbeiter, Graveure, Hand- 
schuhmacher, Hutmacher, Kammacher, Klemp- 
ner, Kürschner, Kupferschmiede, Messer- 
schmiede, Metallgießer, Metzger (Fleischer), 
Mühlenbauer, Musikinstrumentenmacher, Posa- 
mentiere, Sattler (Riemer, Täschner), Schiff- 
bauer, Schlosser, Grob= und Hufschmiede, Schnei- 
der, Schreiner (Tischler), Schuhmacher, Seifen- 
sieder, Seiler, Stellmacher (Wagner, Rad- 
macher), Tapezierer, Töpfer, Tuchmacher, Uhr- 
macher, Weber. Durch Verfügung der Re- 
gierungspräsidenten, im L . Berlin des 
Polizeipräsidenten, kann für ihren Bezirk oder 
Teile desselben bestimmt werden, daß gewisse 
Arten der vorbezeichneten Erwerbszweige, welche 
nach den besonderen Verhältnissen des Be- 
zirkes nicht handwerksmäßig betrieben werden, 
nicht zum Handwerk zu rechnen sind. 
III. Werkstätten mit Wasser- 
betrieb mit Ausnahme der Schleifer= und 
Poliererwerkstätten der Glas-, Stein= und 
Metallverarbeitung. 
Kinder unter dreizehn Jahren dürfen nicht 
beschäftigt werden. Kinder über dreizehn Jahre 
dürfen nur beschäftigt werden, wenn sie nicht 
mehr zum Besuche der Volksschule verpflichtet 
sind. Die Arbeitsstunden der jugendlichen 
Arbeiter und der Arbeiterinnen 
dürfen nicht vor 5½ Uhr morgens beginnen 
und nicht über 8½/ Uhr abends dauern. Für 
Werkstätten des Handwerks gilt diese Be- 
schränkung für die Beschäftigung männlicher 
jugendlicher Arbeiter nicht. An Sonn= und 
Festtagen sowie während der von dem ordent- 
lichen Seelsorger für den Katechumenen= und 
Konfirmanden-, Beicht= und Kommunionunter- 
richt bestimmten Stunden dürfen jugendliche 
Arbeiter nicht beschäftigt werden. Arbeite- 
rinnen über sechzehn Jahre, welche ein Haus- 
wesen zu besorgen haben, sind auf ihren Antrag 
eine halbe Stunde vor der Mittagspause zu 
entlassen, sofern diese nicht mindestens ein und 
eine halbe Stunde beträgt. Wöchnerinnen dürfen 
hier vier Wochen nach der Entbindung über- 
haupt nicht und während der nächsten zwei
	        
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