Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Mühlenabgaben 
Wochen nur beschäftigt werden, wenn dies nach 
Ansicht des Arztes zulässig ist. Für den Aus- 
hang und das Verzeichnis gilt dasselbe wie 
unter II (s. AusfAnw. z. GewO. Ziff. 225). 
Für die Beschäftigung männlicher jugendlicher 
Arbeiter in Werkstätten des Handwerks 
ist die Anzeige und der Aushang nicht erforderlich. 
Arbeiterinnen über sechzehn Jahre dürfen 
an vierzig Tagen im Jahre über 8⅛ Uhr abends 
hinaus bis spätestens 10 Uhr abends beschäftigt 
werden. Hierbei kommt jeder Tag in Anrech- 
nung, an welchem auch nur eine Arbeiterin 
über 8½⅛ Uhr abends beschäftigt wird. Für 
das vom Arbeitgeber zu führende Verzeichnis 
gilt dasselbe wie für Werkstätten unter II. Hin- 
sichtlich der Gewährung weiterer solcher Aus- 
nahmen für mehr als vierzig Tage greifen die- 
selben Bestimmungen wie für die Werkstätten 
unter II Platz. Ausnahmen für die Beschäf- 
tigung von Arbeiterinnen und jugendlichen 
Arbeitern, wegen Unterbrechung des regel- 
mäßigen Betriebs durch Naturereignisse oder 
Unglücksfälle oder wenn die Natur des Be- 
triebs oder die Rücksichten auf die Arbeiter es 
erwünscht erscheinen lassen, können nach den- 
selben Grundsätzen und von denselben Behörden 
wie für die Werkstätten unter II bewilligt werden. 
IV. Besondere Arten von M. Für 
Werkstätten, in denen der Arbeitgeber aus- 
schließlich zu seiner Familie gehörige Personen 
beschäftigt, gilt das Kinderschutz G. (s. Kinder, 
in gewerblicher Beziehung). Für 
Werkstätten der Kleider= und Wäschekonfektion 
(s. d.) gelten die Vorschriften der Allerh V. vom 
31. Mai 1897 (RBl. 459) und vom 17. Febr. 
1904 (REBl. 62), dagegen gelten für Bäcke- 
reien und Konditoreien (s. d), soweit in ihnen 
Motoren Verwendung finden, und für Ge- 
treidemühlen (s. d.) die entsprechenden Bestim- 
mungen über M Weitergehende Schutzbe- 
stimmungen für die Beschäftigung von Ar- 
beiterinnen und jugendlichen Arbeitern sind 
für Werkstätten, in denen Zigarren (s. d.) an- 
gefertigt werden und in denen Zichorie (s. d.) 
hergestellt wird, vorgesehen. 
V. Strafbestimmungen in Gew. 
§+ 146 Abs. 1 Ziff. 2, § 149 Abs. 1 Ziff. 7. S. auch 
Triebwerke. 
Mühlenabgaben. Vor Einführung der Ge- 
werbefreiheit waren in der Regel die Besitzer 
der Rittergüter die alleinigen Inhaber von 
Gewerbeberechtigungen; nur von ihnen konnte 
man daher die Befugnis zum Betriebe der 
Gewerbe empfangen, sie mußte ihnen akge- 
kauft werden. Das war namentlich in betreff 
der Mühlenberechtigungen der Fall. Zum 
Teil wegen der Schwierigkeit der Wertschätzung, 
zum Teil auch, weil Überlassung zu Eigentum 
der damaligen Grundbesitzverfassung nicht ent- 
sprach, wurden die Mühlen den Erwerbern 
zumeist nur gegen einen alljährlich zu entrichten- 
den Anteil am Gewinn abgegeben. Der Gegen- 
stand dieser Überlassung war dabei teils das 
Mühlengrundstück, teils die ausschließliche Be- 
fugnis zur Ausübung des Mühlengewerbes, 
teils endlich das damit verbundene Bannrecht 
gegen die zu den überlassenen Mühlen gehörigen 
Zwangspflichtigen Mühlengerechtig- 
keiten). Welcher Teil der vereinbarten Ab- 
  
163 
gabe als Entgelt für den Betrieb des Mühlen- 
gewerbes, welcher für das Zwangs-= und Bann- 
recht, und welcher endlich für die Nutzung der 
zu der Mühle gehörenden Grundstücke zu ent- 
richten war, wurde nur höchst selten besonders 
vereinbart, die Abgabe wurde vielmehr im 
ganzen festgesetzt. Als nun der Mühlenzwang 
und die ausschließlichen Mühlengewerbeberech= 
tigungen aufgehoben und die für den Betrieb 
eines Gewerbes zu entrichtenden Abgaben 
für erloschen erklärt waren (vgl. Edikt vom 
29. März 1808 — GS. 217; Gewerbesteuer- 
edikt vom 2. Nov. 1810 — GS. 86 — 8§ 30; 
Edikt vom 28. Okt. 1810 — GS. 95; GewdO. 
vom 17. Jan. 1845 — GE. 45 — J§ 3), ent- 
standen viele Streitigkeiten darüber, welche 
Abgaben zu den ausfgehobenen gewerblichen. 
und welche zu den bestehen gebliebenen Grund- 
abgaben zu rechnen seien. Diesen abzuhelfen 
war der Zweck des G. vom 11. März 1850 (GE. 
146). Es sah vor, daß jeder Prozeß, bei dem 
jene Frage streitig wurde, die Wirkung haben 
solle, daß alle auf dem Grundstück ruhenden 
nicht als aufgehoben zu betrachtenden ablös- 
baren Reallasten nach den Grundsätzen des 
Reallastenablösungsgesetzes vom 2. März 1850 
sofort abgelöst werden mußten. Für alle der- 
artigen Prozesse sollte die Auseinandersetzungs- 
behörde zuständig sein. Waren die Streitig- 
keiten darüber, ob und inwieweit eine auf einem 
Mühlengrundstücke haftende Abgabe eine Grund- 
abgabe sei oder ob sie für den Betrieb des Müh- 
lengewerbes entrichtet werden müsse, bei den 
durch die Auseinandersetzungsbehörden zu füh- 
renden Regulierungsverhandlungen nicht 
gütlich zu beseitigen, so sollten diese den Streit 
zur richterlichen Entscheidung vorbereiten 
(„spruchreif instruieren") und dann die Akten 
mit ihrem Gutachten dem Oberlandeskultur- 
gericht zur Entscheidung in erster und einziger 
Instanz — mit Ausschluß jedes Rechtsmittels — 
vorlegen. Bei jeder Ablösung der auf einem 
Mühlengrundstück haftenden Reallasten sollte 
aber der Besitzer zu fordern berechtigt sein, daß 
ihm ein Drittel des Reinertrages des Grund- 
stücks — für dessen Berechnung besondere Vor- 
schriften im Gesetz enthalten sind — verbleibe 
und daß, soweit hierzu erforderlich, die Ab- 
findung für die zur Ablösung kommenden Real- 
lasten vermindert werde. Auf Mühlen, die 
nach Verkündung der GewO. vom 17. Jan. 
1845 neu errichtet waren, sollte diese Bestim- 
mung jedoch keine Anwendung finden. Schließ- 
lich wurde noch vorgesehen, daß alle auf die 
gesetzliche Aufhebung der Gewerbeberech- 
tigungen gegründeten Ansprüche auf Befreiung 
von den auf Mühlengrundstücken haftenden 
Abgaben bei Vermeidung ihres Verlustes durch 
die Verpflichteten vor dem 1. Jan. 1855, an- 
gemeldet werden mußten. Das G. vom 11. März 
1850 hat insofern den erwünschten Erfolgsge- 
habt, als in seinem Geltungsbereiche die ## Be- 
seitigung der M. inzwischen überall durchge- 
führt ist. Für die 1866 mit der Monarchie ver- 
einigten Landesteile mit Ausnahme der vor- 
mals kgl. bayr. Enklave Kaulsdorf und des vor- 
mals hess.-homb. Oberamtes Meisenheim ist 
durch das G. vom 17. März 1868 (GS. 249) 
eine dem G. vom 11. März 1850 entsprechende 
117
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.