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weiliger Unterbrechungen des Verkehrs auf
öffentlichen Wegen zufolge von Schneefall,
Schneewehen, Uberschwemmung oder sonstigen
Ereignissen. Sie knüpfen sie außerdem an die
Voraussetzung, daß die erforderlichen Arbeiten
durch Lohnarbeiter nicht beschafft werden können,
beschränken die Hilfe auf Naturaldienste und ver-
pflichten den Wegebaupflichtigen zur Gewäh-
rung einer Entschädigung nach ortsüblichen
Sätzen (Wegeordnung für Sachsen vom 11. Juli
1891 — GS. 316 — § 41; Wegeordnung für
Westpreußen vom 27. Sept. 1905 — GS. 357—
§ 38; Wegeordnung für Posen vom 15. Juli
1907 — GS. 243 — § 37). Der N. ähnlich, aber
begrifflich von ihr verschieden, ist die in den
neueren Wegegesetzen geordnete Teilnahme der
Gemeinden an der Wegebaulast hinsichtlich außer-
halb ihres Gemeindebezirks belegener Gemeinde-
wege im Falle eines überwiegenden Verkehrs-
interesses an solchen Wegen. S. Wegebau-
last II. Wegen der Kreishilfe s. d.
Nachbarrecht bei Bauten. I. Das private
N. stellt dispositives Recht dar, kommt also nur
zur Anwendung, wenn und soweit der berech-
tigte Nachbar es will. Die auf dem N. beruhen-
den Eigentumsbeschränkungen sind folgênde
(BE. §§ 906—922; ALR. I, 8 §8 125—190):
1. Das Verbot der sog. Immissionen,
d. h. die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Ge-
rüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Er-
schütterungen und ähnliche Einwirkungen (BG#B.
5*s 906). Die Ein wirkung muß indessen
dauernd oder zum mindesten periodisch
wiederkehrend und nach den örtlichen
Verhältnissen ungewöhnlich sein (Gruchots-
Beitr. 32, 933). Das nur im Wege der Privat-
klage verfolgbare Recht des Eigentümers erleidet
einer mit obrigkeitlicher Genehmigung errichteten
gewerblichen Anlage gegenüber die im § 26
GewO. festgesetzte Beschränkung.
2. Beschränkung in der Errichtung sog. schäd-
licher Anlagen (B. 8§ 907; ALPN. I, 8
§§ 125—131), d. h. solcher Anlagen, von denen
mit Sicherheit vorauszusehen ist, daß ihr Be-
stand und ihre Benutzung eine unzulässige Ein-
wirkung auf das Nachbargrundstück hat. Das
Landrecht nennt als schädliche Anlagen:
Schweineställe, Kloaken, Dünger-
und Lohgruben, in gewissem
Sinne auch Rinnen, Kanäle und
Brunnen.
3. Das Licht= und Fensterrecht
(ALK. I, 8 88 137—140, 142—144, 146 u. 147).
Die Vorschriften behandeln die Fragen, inwie-
weit der Grundstückseigentümer seinem Grund-
stücke durch Anlegung von Offnungen (Fenstern)
in den der Nachbargrenze zugekehrten Umfas-
sungswänden Licht verschaffen (§§ 137, 138) und
inwieweit der Nachbar einem bereits vorhande-
nen Gebäude durch Vorbau Licht entziehen darf
(§§ 139—147): a) Ossnungen (Fenster)h,
welche in einer unmittelbar an des Nachbars
Hof oder Garten stoßenden Wand oder Mauer
eingerichtet werden, müssen — wo es die Um-
stände gestatten — sechs Fuß von dem
Boden des Zimmers oder Behält-
nisses erhöht, in allen Fällen aber mit
eisernen, nur zwei Zoll (1 Zoll = 2,615 em)
voncinander stehenden Stäben oder mit
Nachbarrecht bei Bauten
einem Drahtgitter gewahrt sein.
Unter Hof und Garten ist jeder zum
Grundstücke des Nachbarn gehörige, nichtl! mit
Gebäuden besetzte Raum zu verstehen (Str A.
23, 162; 24, 32; 69, 313; 94, 206). b) Inwieweit
der Nachbar einem bereits vorhande-
nen Gebäude durch einen Vorbau das
Licht entziehen darf, regelt die Vorschrift,
daß neu errichtete Gebäude von älteren schon
vorhandenen Gebäuden der angrenzenden Nach-
barn, wenn nicht besondere Polizeigesetze ein
anderes vorschreiben, wenigstens drei Werk-
schuhe (1 W. = 1 Fuß = 0,31385 m) zurück-
treten müssen (§ 139). (Für die Prov. Hannover
ist durch EG#BB. Art. 145 das mit Gesetzeskraft
ausgestattete Präjudiz vom 8. Jan. 1845 —
Hann GS. 11 aufrechterhalten worden.)
Stößt das neue Gebäude an einen unbebauten
Platz, so genügt ein Abstand von 1½⅛ Werk-
schuhen (§ 140). Im übrigen ist bei Neu-
bauten auf bereits vorhandene Fen-
ster des Nachbargebäudes keine Rücksicht zu neh-
men, es sei denn, daß an der Wand, an der ge-
baut werden soll, schon seit zehn Jahren
oder länger Fenster, d. h. Offnungen mit
der Bestimmung der Erhellung eines Raumes
(Str A. 50, 181), vorhanden sind und die Räum-
lichkeiten (Behältnisse, d. h. nicht bloß Räume
zum dauernden Aufenthalt von Menschen Sir.
57, 148), zu denen die Fenster gehören, nur
von dieser Seite her Licht erhalten. In diesem
Falle muß der neue Bau so weit zurücktreten,
daß der Nachbar noch aus den ungeöffneten
Fenstern des unteren Stockwerkes (Erdgeschosses)
den Himmel erblicken kann (a. a. O. 8 142).
Hat das Nachbargebäude, in dem sich die Fenster
befinden, noch von einer anderen Seite Licht,
so ist es genügend, wenn der neue Bau so weit
zurücktritt, daß der Nachbar aus den ungeöffneten
Fenstern des zweiten Stockwerkes den Himmel
sehen kann (a. a. O. § 143). Ist das Haus ein-
stöckig, so ist zu ermitteln, wie weit der Neubau
zurücktreten muß, damit der Nachbar, wenn sein
Haus ein zweites Stockwerk hätte, aus dessen
ungeöffnetem Fenster den Himmel sehen könnte
(StrA. 70, 95). Die hiernach notwendigen
Lichtschachte sind als ausreichend anzusehen,
wenn ein mittelgroßer Mann in ungezwungener
Haltung den Himmel sehen kann (R#. 32, 188).
4. Neue Türen,, d. h. noch nicht vorhanden
gewesene oder unter wesentlicher Veränderung
angelegte (Str A. 15, 95; 49, 345; 87, 24), welche
unmittelbar auf des Nachbars Grund und Boden
führen, dürfen wider dessen Willen niemals an-
gelegt werden (§ 148). Die Vorschrift ist auch
dann anwendbar, wenn der Nachbar eine öffent-
liche Passage gestattet hat, ihre Anwendbarkeit
aber ausgeschlossen, wenn die Passage auf
polizeiliche Anordnung angelegt ist (Gruchots-
Beitr. 26, 940). ’*#
5. Über die bei Scheidungen — Fest-
setzung der Grundstücksgrenzen — entstehenden
rechtlichen Verpflichtungen der Grundstücksnach-
barn gegeneinander vgl. ALR. I, 8 38 152—174;
Be#. § 919, über die Verpflichtung des Grund-
stückseigentümers bei Erhöhungen und
Erniedrigungen des Bodens A#mF.
I, 8 §8§ 185, 186 u. 190; B#B. § 909, über die
Verpflichtung des Grundstückscigentümers zur