Oberpräsidialräte — Oberrechnungskammer
rung, Einschränkung oder Aufhebung schon be-
stehender gemeinnütziger Anstalten (8 11 Ziff. 4 d
der Instr., auch der Schützengilden); zur Aus-
schreibung von öffentlichen Kollekten in den Re-
gierungsbezirken oder in der Provinz (§ 11 Ziff. 4e
der Instr. s. Kollekten II); zur Vornahme
von Ausspielungen (s. d.); zur Errichtung von
Sparkassen (Z3G. § 52). Weitere Befugnisse sind
dem O. vorbehalten in dem Gesetze über die
Bildung öffentlicher Wassergenossenschaften vom
1. April 1879 (GS. 297 — §§ 49, 73 ff., 93 ff.;
vgl. jedoch hierzu § 94 Z386.); dem G. vom
20. Aug. 1883 (GS. 333) § 1, welches ihm im
Zweifelsfalle die Entscheidung über die Schiff-
barkeit eines Flusses überträgt; dem G. vom
20. Juni 1887 (GS. 301) § 12 Ziff. 3 wegen der
Anerkennung von Kunststraßen, und dem Schul-
unterhaltungsgesetz vom 28. Juli 1906, sowie
dem Lehrerbesoldungsgesetz vom 26. Mai 1909
in verschiedenen Fällen. Dem O. liegt die Be-
arbeitung der Pläne zu neuen Anlagen, Melio-
rationen, Strom= und Kunststraßenbauten ob, so-
fern dieselben die Grenzen eines Regierungs-
bezirks überschreiten (§ 2 Ziff. 4 der Iunstr.)
und soweit dieselben nicht auf die Provinz über-
gegangen sind. Insbesondere fällt ihm auch die
Beteiligung bei Projekten für neue Eisenbahnen
zu. Die Meliorationsbaubeamten sind ebenso
wie die Oberfischmeister, falls sich ihr Bezirk auf
die Provinz erstreckt, dem O. untergecordnet
(s. die betreffenden Artikel). Die O. verschiedener
Provinzen sind zugleich Chefs von Strombau=
verwaltungen (s. d.). Wegen der Beteiligung
der O. bei Ausübung der Rechte des Staates
gegenüber den evangelischen Landeskirchen f.
unter Evangelische Landeskirche
(Stellung zum Staat) II und Kir-
chensteuern die dort aufgeführten Zuständig-
keitsverordnungen, wegen Bestätigung der Sta-
tuten der Synagogengemeinden s. d. und wegen
des Polizeiverordnungsrechts der O. s. Poli-
zeiverordnungen II. Die im § 11
Ziff. 46 und g der Oberpräsidialinstruktion vor-
gesehenen Befugnisse sind auf den Provinzialrat
bzw. den Bez A. übergegangen. Bei Anwesenheit
in Berlin haben die O. Sitz und Stimme im
Staatsrat (Deklar. vom 5. April 1817— G. 1229.
II. Dem O. werden ein Oberpräsidialrat (s. d.)
und die erforderliche Anzahl von Räten und Hilfs-
arbeitern beigegeben, welche die Geschäfte nach
seinen Anordnungen bearbeiten (LVG. § 89).
Auch kann er zu diesem Behufe Mitglieder der an
seinem Amtssitz befindlichen Regierung heran-
ziehen. Seine Stellvertretung erfolgt im allge-
meinen durch den Oberpräsidialrat; doch kann in
besonderen Fällen auch eine andere Stellvertre-
tung angeordnet werden (LBG. 8 9).
III. Der O. untersteht in disziplinarer Be-
ziehung dem Md J. und dem FM. Er gehört zu
denjenigen Beamten, welche gemäß § 87 Ziff. 2
des Disziplinargesetzes vom 21. Juli 1852 (GS.
465) zur Disposition gestellt werden können.
Zum Bezdl., Provinzialrate und Provinzialaus-
schuß ist er nicht wählbar. Durch AE. vom 5. Mai
1888 ist den O., welche an sich den Rang der Räte
1. Klasse haben (§ 2 der V. vom 7. Febr. 1817),
für die Zeit ihrer Amtstätigkeit das Prädikat
„Exzellenz“ beigelegt worden. Wegen des O.
von Berlin s. Berlin (Behördenor-
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ganisation) I und wegen Hohenzol-
lern s. d.
von RKönne-Zorn, Preuh. Staatsrecht (1906) 2,
462 ff.; Bornhak in Gesetz und Recht, 10. Jahrg. S. 353.
Oberpräsidialräte sind die den Oberpräsidenten
zur Erledigung der diesen obliegenden Geschäfte
zugeordneten und zugleich zu ihrer Stellvertre-
tung in Behinderungsfällen bestimmten Beamten,
soweit nicht in besonderen Fällen durch die zu-
ständigen Minister (d. i. der Md J. und der FM.,
als Disziplinarminister) eine andere Stellver-
tretung angeordnet wird (LVG. §§ 8 u. 9).
Der O. ist Stellvertreter des Oberpräsidenten im
Vorsitz des Provinzialrats (LVG. § 10) und,
abgesehen von Brandenburg, des Medizinal-
kollegiums (Kab O. vom 6. Dez. 1841; Erl. vom
19. Jan. 1882 — Mhl. 45), dagegen nicht im
Vorsitz des Provinzialschulkollegiums (Kab O. vom
28. Nov. 1881 — ebendaselbst) und bei den Funk-
tionen des Oberpräsidenten als kgl. Kommissarius
beim Provinziallandtage. Nach Erl. vom 6. Juli
1900 kann mit der Vertretung des O. bei gleich-
zeitiger Behinderung dieses und des Oberpräsi-
denten der älteste Regierungsrat beim Ober-
präsidium betraut werden. Die O. sind Räte
dritter Klasse (AE. vom 13. April 1888 — GS.
76). Die O. müssen die Befähigung zum höheren
Verwaltungsdienste besitzen (G. vom 10. Aug.
1906 — GS. 378 — §F 10).
Oberrealschule s. Gymnasien und an-
derc höhere Schulen I.
Oberrechnungskammer ist die oberste, dem Kö-
nig unmittelbar untergeordnete, den Ministern
gegenüber selbständige Rechnungskontrollbehörde,
deren Aufgabe in der Führung der Kontrolle des
esamten Staatshaushalts durch Prüfung und
Fenstellung der Rechnungen über Einnahmen
und Ausgaben von Staatsgeldern, über Zugang
und Abgang von Staatseigentum und über die
Verwaltung der Staatsschulden besteht.
1I. Geschichte. Die O. ist unter dem
Namen „General-Rechnungskammer“ von Fried-
rich Wilhelm I. durch Kab O. vom 16. Juni 1717
als Zentralbehörde zur Revision sämtlicher
Staatsrechnungen errichtet. Bei der Neu-
organisation der Behörden wurde sie durch die
V. vom 27. Okt. 1810 über die veränderte Ver-
fassung aller obersten Staatsbehörden (G. 3)
dem Staatskanzler unterstellt. Unterm 18. Dez.
1824 erhielt sie eine Instruktion (v. Kamptz
9, 2), welche noch heute, soweit sie dem G.
vom 27. März 1872 (s. u.) und dem G., betr.
den Staatshaushalt, vom 11. Mai 1898 (s.
Etats= und Rechnungswesen des
Staatesy) nicht zuwiderläuft, Geltung hat.
Für ihre Geschäftsführung und über die innern
Dienstverhältnisse wurde eine weitere kgl. Instr.
am 16. März 1831 erlassen. Art. 104 Abs. 2 VuU.
überträgt der O. die Prüfung und Feststellung
der Rechnungen über den Staatshaushalt und
die Aufgabe, die allgemeine Rechnung über den
Staatshaushalt durch ihre Bemerkungen für die
Entlastung der Staatsregierung durch den Land-
tag vorzubereiten. Einrichtung und Befugnisse
der O. werden durch Abs. 3 a. a. O. der Rege-
lung durch ein besonderes Gesetz vorbehalten,
das aber erst unterm 2 7. März 1872 (GS.
278) erlassen ist und noch heute gilt. Im An-
schluß hieran ist durch Allerhöchst genehmigtes