Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Ortskrankenkassen 
net. Statutarisch kann sie bis zu einem Jahr ver- 
längert werden (KVG. g 21 Aubs. 2 Ziff. 1). 
Außerdem kann für die Dauer eines Jahrs nach 
Beendigung der Krankenunterstützung eine Für- 
sorge für Rekonvaleszenten, namentlich auch 
Unterbringung in eine Rekonvaleszentenanstalt, 
gewährt werden (KVG. § 21 Abs. 2 Ziff. 3 a). 
Die Entscheidung der Frage, ob Rekonvale- 
söenten als Kranke nicht mehr anzusehen sind, 
kann nur von Fall zu Fall getroffen werden. 
Die Aufnahme in ein Genesungsheim ist noch 
kein Beweis dafür, daß der Untergebrachte Re- 
konvaleszent ist (O#. 44, 375). Wegen des 
Verhältnisses der Leistungen der Krankenver- 
sicherung zu derjenigen der Unfall= und In- 
validenversicherung s. Krankenversiche- 
rung VII, VIII. Die Genehmigung zur Ver- 
längerung der Unterstützungsdauer kann versagt 
werden, wenn die Beiträge unzulänglich sind 
(O##G. 37, 390). Eine Beschränkung der Unter- 
stützungsdauer für Rückfälligkranke ist wie bei 
der Gemeindekrankenversicherung zulässig (K VG. 
* 26 a Abs. 2 Ziff. 3). Personen, welche wegen 
Erwerbslosigkeit aus der Kasse ausscheiden, be- 
halten den Anspruch auf die Mindestleistungen 
noch für Krankheiten, welche während der nächsten 
drei Wochen eintreten (s. Erwerbslosig- 
ei t). 
9. Fürsorge für nichtversiche- 
rungspflichtige Familienange- 
hörige. Für erkrankte Familienangehörige der 
Kassenmitglieder können zunächst wie bei der Ge- 
meindekrankenversicherung freie ärztliche Be- 
handlung, freie Arznei und Heilmittel auf be- 
sonderen Antrag oder allgemein gewährt werden. 
Außerdem kann der Ehefrau eine Schwanger- 
schaftsunterstützung zugebilligt werden (KVG. 
§ 21 Abs. 1 Ziff. 5), die Gewährung einer Wöch- 
nerinnenunterstützung ist nicht mehr zulässig 
(O#G. 46, 358). Beim Tode der Ehefrau oder 
eines Kindes eines Kassenmitglieds kann, sofern 
diese Personen nicht selbst in einem gesetzlichen 
Versicherungsverhältnisse stehen, auf Grund des- 
sen ihren Hinterbliebenen ein Anspruch auf 
Sterbegeld zusteht, ein Sterbegeld, und zwar für 
erstere im Betrage bis zu zwei Dritteln, für 
letztere bis zur Hälfte des für das Mitglied fest- 
gestellten Sterbegelds gewährt werden. Forde- 
rungsberechtigt sind nicht die Familienangehöri- 
gen, sondern die Kassenmitglieder (OV G. 16, 
359). Die Unterstützung darf nicht davon abhängig 
gemacht werden, daß die betreffenden Kassen- 
mitglieder im Kassenbezirke wohnen (O. 
14, 343). Im übrigen hat die Kasse hinsichtlich 
der Bestimmung der in Frage kommenden An- 
gehörigen freie Hand. Für die Behandlung oder 
Fürsorge können besondere im Statut festzu- 
setzende Zusatzbeiträge erhoben werden, sofern 
die Gewährung von Familienunterstützung auf 
Antrag eintritt. Wird sie allgemein gewährt, 
so dürfen Zusatzbeiträge nicht erhoben werden 
(& VG. 8§ 22 Abs. 2; O# G. 52, 398). 
10. Borschriften für Kranke kann 
die O. in derselben Weise wie die Gemeinde- 
krankenversicherung erlassen (K VWG. § 26 a Abs. 2 
Ziff. 2 a). ç 
IV. Beiträge, Vermögensver- 
waltung, Verwaltungskosten. Die 
Beiträge sind in Prozenten des durchschnittlichen. 
  
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Tagclohnes oder wirklichen Arbeitsverdienstes so 
zu bemessen, daß sie unter Einrechnung der et- 
waigen sonstigen Einnahmen der Kasse ausreichen, 
um die statutenmäßigen Unterstützungen, die Ver- 
waltungskosten und die zur Ansammlung oder 
Ergänzung des Reservefonds erforderlichen Rück- 
lagen zu decken (K VWG. 8§22 Abs. 1). Die Höhe der 
Beiträge wird durch das Statut festgesetzt (K V#G. 
§ 23 Abs. 2 Ziff. 3). Das gleiche gilt für das 
Eintrittsgeld, das den Betrag des für sechs Wo- 
chen zu leistenden Beitrags nicht übersteigen darf. 
Von Kassenmitgliedern, welche vor nicht weniger 
als 26 Wochen bereits einer Gemeindekranken- 
versicherung oder Krankenkasse angehört haben, 
oder welche nach erfüllter Dienstpflicht im Heer 
oder in der Marinc bei derselben O. wieder Mit- 
glied werden, bei welcher sie vor dem Eintritt in 
das Heer oder in die Marine Mitglied waren, oder 
welche einem Gewerbszweig angehören, dessen 
Natur eine periodisch wiederkehrende zeitweilige 
Einstellung des Betriebs mit sich bringt, und 
welche nach der Unterbrechung derselben O. 
wieder beitreten, darf ein Eintrittsgeld nicht er- 
hoben werden (KVG. 8§ 26). Bei Errichtung der 
Kasse dürfen die Beiträge der Arbeitgeber und 
der versicherungspflichtigen Kassenmitglieder zu- 
sammen nicht mehr als 4½ 0% des durchschnitt- 
lichen Tagelohnes oder wirklichen Arbeitsver- 
dienstes ausmachen, soweit nicht höhere Beiträge 
zur Deckung der Mindestleistungen erforderlich 
sind. Später kann eine Erhöhung der Beiträge, 
die nicht zur Deckung der Mindestleistungen er- 
forderlich wird, nur bis zur Höhe von 6 8 er- 
folgen, und zwar nur dann, wenn sie von den 
Arbeitgebern und Versicherten beschlossen wird 
(KVG. 8 31; OVG. 14, 365; 37, 390). Die O. 
hat einen Reservefonds im Mindest- 
betrage der durchschnittlichen Jahresausgabe der 
letzten drei Jahre anzusammeln und erforder- 
lichenfalls bis zu dieser Höhe zu ergänzen. Sie 
hot alljährlich einen Jahresabschluß nebst einer 
lbersicht über die Versicherten und die Krank- 
heitsfälle in je zwei Exemplaren in der- vom 
BR. auf Grund des KG. 8§ 79 festgesetztenl Fas- 
sung (RKek. vom 16. Nov. 1892 — BBl. 671 
— und vom 26. Nov. 1897 — ZhBl. 329) dem 
Regierungspräsidenten einzureichen, der das eine 
Exemplar bis zum 1. Juli an das Statistische Amt 
weitergibt (K VG. § 41; Erl. vom 3. Jan. 1893). 
Ergibt sich aus den Jahresabschlüssen ein Fehl- 
betrag, so ist entweder eine Erhöhung der Bei- 
träge oder eine Minderung der Leistungen herbei- 
zuführen; umgekehrt ist bei Überschüssen eine 
Minderung der Beiträge oder eine Erhöhung oder 
Erweiterung der Leistungen zu beschließen. Der 
Regierungspräsident (in Berlin der Oberpräsi- 
dent) hat nötigenfalls die Beschlußfassung anzu- 
ordnen, und wenn dieser Anordnung keine Folge 
gegeben wird, die entsprechende Anderung des 
Kassenstatuts mit rechtsverbindlicher Wirkung zu 
vollziehen. In dringlichen Fällen kann eine so- 
fortige vorläusige Erhöhung der Beiträge oder 
Herabsetzung der Leistungen verfügt werden. 
Gegen die Anordnung ist die Beschwerde an den 
HM. zulässig; diese hat keine aufschiebende Wir- 
kung (K VG. § 33). Verfügbare Gelder dürfen 
nur wie Mündelgelder (s. d.) angelegt werden. 
Der HM. kann die Anlegung solcher Gelder auch 
in anderen zinstragenden Papieren — vgl. Erl. 
15“ 
 
	        
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