Ortspolizeiverwaltung
und Fischereiaufsicht). Abgesehen von
besonderer gesetzlicher Regelung gehören jedoch
zur O. nur diejenigen polizeilichen Maßregeln,
welche in erster Linie im örtlichen Interesse des
betreffenden Bezirkes zur Durchführung ge-
langen, die also der Befriedigung der besonderen,
auf dem nachbarlichen Zusammenwohnen, so-
wie der nachbarlichen Lage der Grundstücke be-
ruhenden örtlichen Gemeininteressen dienen sollen.
Polizeiliche Verrichtungen dagegen, welche in
erster Linie und unmittelbar durch ein über jene
Beschränkung hinausreichendes, allgemeineres
oder Staatsinteresse bedingt sind, gehören zur
Landespolizei und werden hinsichtlich der Kosten
als landespolizeilich selbst dann behandelt, wenn.
sie, wie die Ausweisung lästiger Ausländer aus
dem preuß. Staatsgebiet, ausnahmsweise den
Ortspolizeibehörden überwiesen sind (Erl. vom
20. Febr. 1900 — M Bl. 137); s. auch Aus-
weisungen IV 4.
II. Geschichtliches. Im ALR. war die
O. von der Ausübung des polizeilichen Straf-
rechts, der Polizeigerichtsbarkeit, nicht streng
geschieden. Im Gegensatz zur Kriminalgerichts-
barkeit bezog sich die Polizeigerichtsbarkeit auf
die Untersuchung und Bestrafung der gegen
Polizeigesetze begangenen Ubertretungen, so-
bald damit kein vorsätzliches oder schuldbares
Verbrechen verbunden ist (ALR. II, 17 886, 11).
Jedoch war die Grenze flüssig, und die Ab-
grenzung der Provinzialgesetzgebung überlassen,,!
nach welcher vielfach auch geringere Vergehen
der Polizeigerichtsbarkeit unterlagen (ALR. II,
17 § 16). In den Städten stand die Polizei-
gerichtsbarkeit dem Magistrat, vielfach aber
auch besonderen kgl. Beamten, auf dem Lande
dagegen den mit der Zivilgerichtsbarkeit be-
liehenen Gutsherrschaften und daneben in ganz
beschränktem Umfange den Dorfgerichten zu.
In der Rheinprovinz bereits durch Ressortregl.
vom 20.-Juli 1818 beseitigt, wurde die Polizei-
gerichtsbarkeit in den alten Provinzen mit der
gesamten Patrimonialgerichtsbarkeit durch die
Verfassung vom 5. Dez. 1848 und G. vom 2. Jan.
1849 ausfgehoben, und durch V. vom 3. Jan. 1849
wurde die Untersuchung der polizeilichen Ver-
gehen den Gerichten übertragen (s. auch Polizei-
gesetz vom 11. März 1850 — GS. 265 — N 17).
In den neuen Provinzen erfolgte die Über-
tragung der Polizeigerichtsbarkeit an Schöffen-
gerichte durch V. vom 25. Juni 1867. Seitdem
gehört nur noch der Erlaß vorläufiger, vor-
behaltlich des Rechtsweges ergehender polizei-
licher Strafverfügungen zur O. (s. Straf-
verfügungen, polizeiliche). Hin-
sichtlich der örtlichen Verwaltung der polizeilichen
Angelegenheiten war im AL# R. das grund-
legende Prinzip des § 1 II, 13, wonach alle
Rechte und Pflichten des Staates sich in dem
Oberhaupt desselben vereinigen, nicht zur Durch-
führung gelangt. Erst sehr allmählich ist der
Grundsatz, daß auch alle Polizeigewalt vom
Staate auszugehen habe und durch staatlich
dazu bestimmte Beamte auszuüben sei, wie er
heute in Preußen durchweg geltendes Recht ist
(s. Polizeigewalt 1, Bestätigung
235
beabsichtigte Einführung gelang zunächst nur in
den Städten, hinsichtlich deren die Steinsche St O.
vom 19. Nov. 1808 bestimmte, daß dem Staate
die Ernennung eigner Polizeibehörden oder aber
die Übertragung der Polizei an den Magistrat
vorbehalten bleibe, welcher sie sodann vermöge
Auftrages ausüben und in dieser Hinsicht als
Staatsbehörde zu betrachten sein solle. Die
im § 1 des Polizeigesetzes vom 11. März 1850
(GS. 265) enthaltene Bestimmung, wonach die
örtliche Polizeiverwaltung im Namen des Königs
geführt wird, war also in den Städten bereits
geltendes Recht. An Stelle der kollegialen O.
wurde später, zunächst fakultativ in der StO.
vom 17. März 1831, alsdann durch die für Stadt
und Land erlassene Gem O. vom 11. März 1850,
und durch die St O. vom 30. März 1853 f. d. ö. Pr.
(GS. 238), vom 14. März 1856 für Westfalen
(GS. 237) und vom 15. Mai 1856 (GS. 406)
für die Rheinprovinz obligatorisch die Verwaltung
der Polizei durch Einzelbeamte, nämlich durch
den Bürgermeister oder durch ein mit Genehmi-
gung der Regierung dafür zu bestimmendes,
sonstiges Magistratsmitglied eingeführt. Für
die neuen Provinzen brachte der §1 der V. über
die Polizeiverwaltung vom 20. Sept. 1867
(GS. 1529) den Grundsatz, daß die O. im Namen
des Königs geführt werde, als allgemeine
Regel zur Durchführung, und die Ubertragung
der O. an die Bürgermeister oder andere Einzel-
beamte, welche in Hohenzollern und Hessen-
Nassau bereits zu Recht bestand, wurde für
Schleswig-Holstein durch die St O. vom 24. April
1869 eingeführt, während es nur in Hannover
bei der älteren, durch die St O. vom 14. Juni
1858 geregelten Verwaltung der Ortspolizei
durch den Magistrat oder ein Magistratsmitglied
verblieben ist (s. Polizeibehörden,
Bürgermeister, Bestätigung der
Polizeibeamten l).— Für das platte
Land war die eigentliche Verwaltung der
Ortspolizei, soweit sie nicht mit der Polizei-
strafgerichtsbarkeit zusammenfiel, im ALR. über-
haupt nicht geregelt. Nach Provinzialrecht stand
infolgedessen den Gutsherrschaften (s. d.) als
solchen, auch sofern sie nicht mit der Patrimonial-=
gerichtsbarkeit beliehen waren, die Polizeiverwal-
tung in den Gütern und in denjenigen Dörfern,
die ihrer gutsherrlichen Gewalt unterstellt waren,
zu, und zwar den kgl. Domänenämtern in den
fiskalischen Dörfern, den Magisträten in den
Stadteigentumsdörfern und den Gutsbesitzern
in den unter gutsherrlicher Gewalt stehenden
Dörfern. Die bereits im Gendarmerieedikt
vom 30. Juli 1812 beabsichtigte Beseitigung
dieser gutsherrlichen Polizeigewalt gelangte eben-
sowenig zur Durchführung, wie deren durch
Verfassung vom 5. Dez. 1848, und VuU. vom
30. Jan. 1850 Art. 52 ausgesprochene Auf-
hebung, zu deren näherer Ausführung die
GemO. vom 11. März 1850 in Verb. mit dem
Polizeigesetz vom 11. März 1850 (GS. 265)
bestimmt hatte, daß die Ortspolizei grundsätzlich
dem Gemeindevorsteher jeder einzelnen Ge-
meinde und ausnahmsweise in vereinigten
Polizeibezirken deren Vorstehern (Bürger-
der Polizeibeamten I), hinsichtlich der meistern, Oberschulzen, Kreisamtmännern) zu-
O. zur vollen Geltung gebracht worden. Seine stehen solle.
Vielmehr wurden nach Aufhebung
bereits bei der Stein-Hardenbergschen Reform der niemals ganz eingeführten GemO. durch