Polizeiräte und Polizeiassessoren — Polizeistunde 289
sind die gleichen, nur wird die Qualifikation zum lichen Motiven beruht (O G. 9, 101; 50, 367;
Reserveoffizier nicht verlangt und die kriminalisti= OV G. vom 7. Juli 1910 — III B 49/10; K.
sche Ausbildung stärker betont. Für die Schutz= 8, 147). Diese Festsetzungen können auch für
leute gelten bei sämtlichen kgl. Polizeiverwal= einzelne Räume des Lokals verschieden getroffen
tungen einheitliche Einstellungsvorschriften (s.; werden (OVG. 41, 414). Dagegen erscheint es
Polizeibeamte II). Neben den Revieren nicht zulässig, wenn für öffentliche Versamm-
bestehen als besondere Exekutivorgane des P. lungen, welche, was allerdings bestritten ist, auch
auf den ihnen zugewiesenen Verwaltungsgebieten nach dem neuen Reichsvereinsgesetz an si
vier Fachhauptmannschaften, nämlich das Kom= der allgemeinen P. unterliegen, eine besondere
missariat für Militärsachen und besondere Auf-P. festgesetzt würde (OVG. 32, 391). Die Zu-
träge, das Verkehrskommissariat, das Gewerbe= rücknahme einer einmal gewährten Verlängerung
kommissariat und das Polizei-Schiffahrtsbureau. der P. kann, ebenso wie die Festsetzung einer P.
uanbtere F. ben erotuhpercen e uul Vekhel. ohne Polizeiverordnung nur ersolgen, wenn die
Könk- n04. letzterer mit Anhang: Geschichte der Organisa- Voraussetzungen des ALR. II, 17 8 10, und zwar
tion des Polizeipräsidiums und Ubersicht über die Zuständig in dem Gewerbe des Schankwirtes selbst, vor-
geuem, des wellgewresseme: e7 anch Mete Pn dee liegen (0B. 39, 292; à4, 342, 50, 361). Als
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· 10—09;- - · »C, : ausreichender Grund für die Zurücknahme ist
sereron Borden uai Schmhd kene ch bmann, in einzelnen Fällen das Halten weiblicher Be-
Polizeiräte und Polizeiassessoren s. Poli= dienung (O# G. 7, 304), oder der Ausschank von
zeibeamte I. Spirituosen (Pr VBl. 9, 101) anerkannt worden.
Polizeistrafen, Polizeistrafgelder s. Straf--Die Festsetzung einer sog. Morgenpolizei-
verfügungen (polizeilicheh). stunde fällt zwar dem Wortlaut nach nicht
Polizeistunde. I. Nach § 365 StB. wird unter § 365 St GB., kann aber, da diese Bestim-
nicht nur bestraft, wer in einer Schankstube oder mung die Materie nicht erschöpfend regelt, durch
an einem öffentlichen Vergnügungsorte über die Polizeiverordnung mit eigener Strafandrohung
gebotene P. hinaus verweilt, ungeachtet erfolgen (KG. vom 30. Jan. 1899 — Pr##l.
der Wirt, sein Vertreter oder ein Polizeibeamter 21, 465 — und vom 1. April 1909 — Gewk#a#ch.
ihn zum Fortgehen aufgefordert hat, sondern. 9, 81). Durch Erl. vom 26. Nov. 1899 (Ml. 238)
auch der Wirt, welcher das Verweilen seiner Gäste und 18. Nov. 1902 (MBl. 343) wird empfohlen,
über die gebotene P. hinaus duldet. Die zur Bekämpfung des übermäßigen Mkohol.
Strafe ist im ersten Fall Geldstrafe bis zu 15 A, 6 genusses, besonders in Industrieorten, den Be-
im zweiten Geldstrafe bis zu 60 K oder Haft trieb in den Schankstätten und in den Brannt-
bis zu 14 Tagen. Die Festsetzung der P. ge= weinkleinhandlungen erst von einer späteren Mor-
schieht im Interesse der Aufrechterhaltung der genstunde, etwa 8 Uhr morgens ab, zu gestatten.
öffentlichen Ruhe und Ordnung zur Nachtzeit, II. Von dem Gebot der P. werden be-
besonders aber zur Bekämpfung der Völlerei und troffen außer den öffentlichen Vergnügungs-
Unsittlichkeit. Das polizeiliche Gebot der P. orten, also Theatern, Konzertlokalen u. dal.
braucht nicht in der Form einer Polizeiverord= (KG J. 3, 370), die Schankstuben, d. h. diejenigen
nung zu erfolgen; vielmehr genügt eine allge= Wirtschaften, in welchen geistige Getränke ver-
meine polizeiliche Anordnung, welche auch in schänkt werden, daneben können auch Speise= und
einer aus formellen Gründen ungültigen Polizei= Kaffeewirtschaften durch Polizeiverordnung der
verordnung gefunden werden kann (KG J.P. unterworfen werden, da § 365 keine erschöp-
12, 169 und KG. vom 18. Jan. 1900 — DJ3. fende Regelung (s. Polizeiverordnun-
1900, 279; a. M.: Olshausen und Oppenhoff, gen IV) enthält (KG# J. 20 C64). Ob Bahnhofs-
sowie KG. vom 31. Juli 1891 — Goltd Arch. wirtschaften der P. unterliegen, ist streitig (Pr-
39, 182). Auch muß in Anwendung der Regel,Vl. 26, 953; vgl. R# St. 37, 260). Für die
daß alles, was Gegenstand einer Polizeiverord= innerhalb der Bahnsteigsperre gelegenen Wirt-
nung sein kann, auch zum Gegenstand einer poli= schaften (s. Bahn wirtschaften) gilt die
zeilichen Verfügung gemacht werden darf, an-= P. nicht. Bei anderen Bahnhofswirtschaften sind
genommen werden, daß mangels einer Polizei= ihr jedenfalls Eisenbahnreisende nicht unterwor-
verordnung einem Wirt durch Verfügung eine fen (KGJ. 20 C8). Im übrigen sind an die P.
P. festgesetzt werden kann, wenn besondere nicht die Reisenden in Gastwirtschaften gebunden
Gründe diese Maßregel im Interesse der öffent- (KGJ. 14, 287), ferner nicht die Privatgäste des
lichen Ordnung gemäß ALPR. II, 17 § 10 gerecht= Wirts (K G. vom 11. Nov. 1889 — Goltd Arch.
fertigt erscheinen lassen (OVG. vom 10. Dez. 38, 77), endlich nicht die geschlossenen Gesellschaf-
1903 — Prl. 25, 576). Die Polizeibehörde ten (s. d.), auch wenn ihre Versammlungen in
ist nicht berechtigt, die P. für eine Schankwirt= Schankwirtschaften stattfinden, vorausgesetzt, daß
schaft auf eine frühere als die durch Polizeiver= die benutzten Räume für die Dauer der Ver-
ordnung allgemein vorgeschriebene Stunde fest= sammlung dem öffentlichen Verkehr entzogen
zusetzen, wenn ihr diese Befugnis nicht in der sind (KG# J. 16, 322; OVG. 35, 436 und 42, 279).
Polizeiverordnung selbst eingeräumt ist (OVG. Als offenbare Umgehung würde es strafbar sein,
50, 366). Doch ist es zulässig, daß in der Polizei= wenn Personen, die bis dahin als Gäste in dem
verordnung die Polizeibehörde ermächtigt wird, öffentlichen Lokal verweilt haben, sich nach Ein-
die freigegebene Zeit ausnahmsweise für einzelne tritt der P. als Privatgäste des Wirts oder als
Lokale durch Verfügung zu erweitern oder zu geschlossene Gesellschaft bezeichnen (Oppenhoff,
beschränken, wobei dann die Behörde lediglich Anm. 3 u. 4 zu § 365). Auch macht eine unent-
an ihr pflichtmäßiges Ermessen gebunden ist und geltliche Bewirtung nicht unter allen Umständen
dem Verwaltungs- oder Strafrichter nur die Prü= die Gäste zu Privatgästen (Or. 20, 313). Jedoch
sung zusteht, ob die Berfügung noch auf polizei= sind Umgehungen der P. auf Grund der Recht-
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 2. Aufl. II. 19