Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Polizeiverfügungen 293 
gleichwohl beide Rechtsmittel gleichzeitig ein= angegriffen werden kann, während die Klage — 
gelegt, so ist nur der Beschwerde Fortgang und zwar sowohl diejenige beim O# G. gegen 
zu geben und das unzulässigerweise an= letztinstanzliche Bescheide, als diejenige, welche 
gebrachte Rechtsmittel durch Verfügung der= neben der Beschwerde wahlweise zugelassen ist 
jenigen Behörde, bei welcher es anzubringen ist,— nach § 127 Abs. 2 nur darauf gestützt werden 
zurückzuweisen. Gegen die zurückweisende Ver= kann, 
fügung findet die Beschwerde an die zur Entz a) daß der angefochtene Bescheid durch Nicht- 
scheidung auf die Klage berufene Behörde statth anwendung oder unrichtige Anwendung des be- 
Ist die Schrift, mittels deren das Rechtsmittel stehenden Rechts, insbesondere auch der von den 
angebracht wird, nicht als Klage bezeichnet oder Behörden innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen 
enthält sie nicht ausdrücklich den Antrag auf Ent= Verordnungen den Kläger in seinen Rechten 
scheidung im Verwaltungsstreitverfahren, so gilt verletzt, 
sie als Beschwerde (§ 129 Abs. 4). Zur Durch= b) daß die tatsächlichen Voraussetzungen nicht 
führung dieser Grundsätze sind, während im all- vorhanden sind, welche die Polizeibehörde zum 
gemeinen nach § 63 L VWG. die Klage im Ver-- Erlasse der Verfügung berechtigt haben würden. 
waltungsstreitverfahren bei dem erkennenden Unter den Verordnungen, deren Verletzung 
Gericht anzubringen ist, hier folgende Ausnahme= auf Klage zu prüfen ist, sind nur Rechtsverord- 
bestimmungen über die Anbringung der Rechts= nungen, dagegen nicht bloße Anweisungen der 
mittel getroffen: die Beschwerde und die wahl= vorgesetzten Behörde zu verstehen (OV. 9, 364). 
weise zugelassene Klage gegen orts- und kreis= Hinsichtlich dieser Verordnungen hat der Ver- 
polizeiliche Verfügungen ist bei derjenigen Be= waltungsrichter ebenso wie der Strafrichter 
hörde anzubringen, welche die Verfügung er-gemäß § 17 des Polizeigesetzes vom 11. März 
lassen hat, desgleichen die weitere Beschwerde 1350 (GE. 265) nur zu prüfen, ob die Verord- 
bei der Behörde, welche den Beschwerdebescheid 1 nung formell und materiell rechtlich gültig er- 
erlassen hat (LV. § 129 Abs. 1). Die Behörde, lassen ist, nicht dagegen, ob sie notwendig, zweck- 
bei welcher die Beschwerde oder Klage hiernach mäßig oder angemessen ist (s. Polizeiver- 
angebracht ist, hat dieselbe an diejenige Behörde ordnungen VII). Der zweite Klagegrund 
abzugeben, welche darüber zu beschließen oder zuf gibt dem Verwaltungsrichter ein über die sog. 
entscheiden hat. Der Beschwerdeführer oder Klä= Revisionsgründe hinausgehendes Recht zur Prü- 
ger ist hiervon in Kenntnuis zu setzen (LBVG. 8 129 fung der tatsächlichen Verhältnisse. Er liegt in- 
Abs. 2). Die Frist in diesen Fällen ist auch dann dessen nur dann vor, wenn die Polizeibehörde 
gewahrt, wenn die Beschwerde oder Klage der bei Erlaß der P. entweder gewisse, für die Ent- 
Vorschrift zuwider innerhalb der gesetzlichen Frist scheidung wesentliche Tatsachen offenbar dem 
bei der zur Beschlußfassung oder Entscheidung vorliegenden wahren Sachverhalt zuwider als 
zuständigen Behörde angebracht wird. Dann gegeben vorausgesetzt hat, oder wenn der tat- 
ist die Beschwerde oder Klage von der ange= sächliche Sachverhalt nicht als ein derartiger anzu- 
rufenen Behörde zur weiteren Veranlassung an erkennen ist, welcher die Behörde zu ihrem Ein- 
diejenige Behörde abzugeben, gegen deren Be= schreiten berechtigt. Die Verneinung dieser Be- 
schluß sie gerichtet ist (LBV G. § 129 Abs. 5). Hin= rechtigung kommt aber erst in Frage, wenn be- 
sichtlich der Klage beim OVG. und der Be= hauptet wird, die Verfügung überschreite die 
schwerde gegen polizeiliche Verfügungen des Re= äußerste, dem pflichtmäßigen Ermessen der Be- 
gierungspräsidenten und landespolizeiliche Ver- hörde gezogene Grenze; sie beruhe überhaupt 
fügungen des Polizeipräsidenten zu Berlin nicht sowohl auf objektiven polizeilichen Mo- 
greifen dagegen die allgemeinen Grundsätze tiven, als vielmehr aus Willkür oder sonstiger 
Platz, wonach das Rechtsmittel bei der zur Ent= Pflichtwidrigkeit der Behörde (OV G. 2 S. 390, 
scheidung berufenen Behörde anzubringen ist und 395; Pr WBl. 18, 115 u. v. a.). Eine Aus- 
wonach durch Anbringung an einer falschen dehnung der Nachprüfung auf das Gebiet der 
Stelle die Frist nicht gewahrt wird. reinen Verwaltung, insbesondere auf die Frage, 
2. Die Frist beträgt in allen Fällen zwei ob die angefochtene Verfügung notwendig, an- 
Wochen (LVG. 8§§ 129 Abs. 3 u. 4, 130 Abs. 1/gemessen, zweckmäßig oder der Billigkeit ent- 
und 2). Ihr Lauf beginnt mit dem Zeitpunkt sprechend war, ist ausgeschlossen (OV. 3 
der Kenntnisnahme von der P., da besondere S. 291, 337; 39, 295). Die Beweislast 
Vorschriften über die Art der Zustellung nicht dafür, daß die tatsächlichen Voraussetzungen, 
bestehen (O# G. 17, 411; 46, 404). Durch eine welche die Polizeibehörde zum Einschreiten be- 
Gegenvorstellung wird die Frist nicht gewahrt. rechtigt haben würden, nicht vorliegen, fällt dem 
Erläßt aber die Behörde auf eine Gegenvor= Kläger zu (OVG. 16, 385). Bei der Prüfung im 
stellung hin nach nochmaliger sachlicher Prüfung Verwaliungsstreitverfahren kommt es nur auf 
einen neuen Bescheid, der an Stelle der ersten diejenigen tatsächlichen Verhältnisse an, welche 
Verfügung tritt, so laufen von dessen Zustellung zur Zeit des Erlasses der P. vorlagen (O#. 
an neue Fristen (OV. 7, 252; Pr VBl. 23, 820; 29, 233; Pr VBBl. 19, 461). Der Verwaltungs- 
O#. 39, 229), während durch bloße Wieder- richter ist dagegen nicht auf Prüfung derienigen 
holung der früheren Anordnung der Fristenlauf Gründe beschränkt, welche in der P. selbst an- 
nicht unterbrochen wird (OV. 19, 217; Pr= gegeben sind, sondern hat die gesamte Sach= und 
BBl. 18, 819. Rechtslage zu prüfen und die P. aufrechtzu- 
3. Das M nwendungsgebiet der erhalten, auch wenn sie nur aus einem anderen 
Klage ist eingeschränkter als dasjenige der Grunde als dem angegebenen berechtigt ist (O VG. 
Beschwerde, weil mit der Beschwerde sowohl die 40, 371; 42, 387; 54 S. 229 ff., 233; Pr VBl. 29, 
Notwendigkeit, Billigkeit und Angemessenheit als # 284). Die Beschwerdeinstanz und der Verwaltungs- 
die Gesetz= und Rechtmäßigkeit der Verfügung richter sind nur zur Aufrechterhaltung oder Auf- 
  
  
  
  
  
  
 
	        
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