Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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Polizeiverordnungen 
G. vom 11. März 1850 ist hiernach nur zur Er= lassen sind, in Frage gestellt ist (K G J. 21 C 90). 
läuterung und näheren Ausführung dieser grund= Dagegen ist angenommen worden, daß beispiels- 
legenden Bestimmung ergangen, letztere ist da= weise folgende Gegenstände außerhalb des Rah- 
her in Zweifelsfällen zu dessen Auslegung heran- mens der Sicherheitspolizei liegen und deshalb 
zuziehen. Infolgedessen sind, da ALR. II, 17/ von der allgemeinen Ermächtigung zum Erlasse 
§ 10 unstreitig nur sicherheitspolizeiliche Befug- von P. nicht betroffen werden: die Beobachtung 
nisse verleiht, und da sowohl die Bestimmungen adsthetischer Gesichtspunkte, sofern nicht besondere 
zu à und c bis h, wie diejenige zu i des 8 6 des Gesetze über die Verunstaltung von Straßen und 
Polizeigesetzes sich innerhalb derselben Grenze Plätzen und von landschaftlich hervorragenden 
halten, die Polizeibehörden beim Erlaß von P. — Gegenden erlassen sind; die Wahrnehmung des 
im allgemeinen und von Spezialermächtigungen Interesses der Gemeinden im Hinblick auf Steuern, 
abgesehen — lediglich auf das Gebiet der Sicher- x Kosten, Gebühren (OVG. 48, 112; 54, 262), 
heitspolizei, mit Ausschluß der Wohlfahrtspolizei während durch Ortsstatut eingeführte Feuer- 
und anderer öffentlicher Interessen, angewiesen wehrdienste im Wege der P. vollstreckbar gemacht 
(OB. 9, 353; 39, 278; 46, 318; KG# J. 24 C 11; werden können (KG#J. 23 C 19, C 97; 33 C90; 
38 C 12 u. v. a.; s. Polizei II). Die Be= zweifelhaft: 31 C 15); das Unterrichtswesen 
stimmung zu b des § 6 des Polizeigesetzes geht (K G J. 28 C 64); der Schutz unaufgeschlossener 
jedoch weiter. Während nämlich unter Gefahr Mineralien und verschiedenes andere (K. 
im Sinne des ALR. II, 17 § 10 nur das Bevor-- 27 C 46; 28C27). P. zur Erleichterung der poli- 
stehen eines erheblicheren Schadens verstanden zeilichen Kontrolle werden vielfach für ungültig 
wird, dehnt § 6b, indem er außer der Ordnung erklärt (K G.J. 21 C 63; 24 C 78; 26 C5; 270C23, 
und Sicherheit auch die Leichtigkeit des Ver-- C27 und C34; 30 C 39 und C47; 38 C 12), jedoch 
kehrs zum Gegenstande von P. wmacht, das wird die Gültigkeit anzuerkennen sein, soweit die 
Polizeiverordnungsrecht auf die Abwehr von Be--|Kontrolle lediglich das Mittel zur Erreichung 
lästigungen des öffentlichen Verkehrs und auf eines im Rahmen des Polizeiverordnungsrechts 
die Fürsorge für die Besserung der Verkehrs= liegenden Zweckes ist (KG J. 26 C 30; 15, 295). 
verhältnisse aus (OV G. 12, 389; 18, 303; 41, 322; Vorschriften zur Verhütung der Tierquälerei 
Pr Bl. 30, 526). Auf Grund dieser allgemeinen über den § 360 Ziff. 13 StEB. hinaus werden 
Ermächtigung des §6 a bisi des Polizeigesetzes in entgegen KG# J. 16, 484 als zum Schutz der öffent- 
Verb. mit ALR. II, 17 § 10 sind unter anderm 
als auf dem Gebieie der Abwendung von Ge- 
fahren liegend und deshalb als gültig angesehen: 
P. über die Beschaffenheit der zum dauernden 
Aufenthalt von Menschen bestimmten Räumes: 
über Massenguartiere gewerblicher Arbeiter (KGJ. 
30 C 3; O#G. 54, 386); über die Einführung 
einer Esoed Bauweise f für einzelne Orte oder 
Ortsteile, sog. Landhausbauordnungen (s. Bau- 
weise II); über die bauliche Anlage von Thea- 
tern und Versammlungsräumen; über die Ver- 
  
lichen Ordnung erlassen für gültig anzusehen sein 
(s. auch Erl. vom 16. Dez. 1889 und 25. März 1890 
— Ml. 1890, 55). Die dem RIT. zur Beratung 
vorliegende Novelle zum StB. sieht P. zur 
Verhinderung von Tierquälerei vor. 
2. Spezielle Ermächtigungen 
zum Erlaß von P. sind bcispielsweise hinsichtlich 
des Meldewesens, der Sonntagsheiligung, der 
Hauskollekten, der Straßengewerbe, der Vor- 
gärten, der Festsetzung von Räumungsfristen 
für Wohnungen, sowie auf dem Gebiete der Feld- 
pflichtung der Eigentümer zur Beleuchtung der und Forstpolizei, des Forstdiebstahls, des Feuer- 
Flure und Treppen, zur Abführung der Haus= löschwesens, der Jagd und der Fischerei gegeben. 
und Wirtschaftsabwässer und zur Versorgung V. Ungültigkeit von P. wegen 
ihrer Häuser mit Wasser (s. jedoch K G J. 25 C 34), Widerspruchs mit Gesetzen. Nach 
zur Abfuhr von Müll und Exkrementen, alles § 15 des Polizeigesetzes (V. vom 20. Sept. 1867 
dieses eventuell unter zwangsweisem Anschluß § 13) dürfen in die P. Bestimmungen nicht auf- 
an städtische Wasserleitungen, Kanalisations= und genommen werden, welche mit den Gesetzen oder 
Abfuhranstalten (KG J. 31 C 48); des weiteren den Verordnungen einer höheren Instanz im 
Körordnungen und eine P. über das Betreten 
gefährlicher Eisflächen (KG J. 25 C 28), das Ver- 
bot von Ofenklappen (Rö St. 4, 106; O#. 
8, 327); der Schutz der Heilauellen (O##G. der Preßpolizei-, 
52, 390; KG. 30 C 36). 
  
Widerspruch stehen. 
1. Das St#B. regelt gemäß Ziff. 2 EG. die von 
ihm behandelten Materien — mit Ausnahme 
Post--, Steuer-, Schul-, Fi- 
Ferner sind P. über scherei-, Jagd-, Forst= und Feldpolizeiangelegen- 
die Genehmigungspflicht öffentlicher Lustbar= heiten, des Vereins= und Versammlungsrechts 
leiten unter Ausschluß der Anwendung dieser 
Vorschriften auf geschlossene Gesellschaften, über 
und des Holz'Forsth diebstahls — in dem Sinne 
erschöpfend, daß Tatbestände, welche den gesetz- 
die Gast= und Schankwirtschaftspolizei (s. auch lich normierten Tatbeständen zwar verwandt 
den Artikel Trunkenbolde: O. 50, 261) 
als zulässig erachtet worden (s. auch den Artikel 
Offentliche Ruhe, Sicherheit und 
Ordnung). Auf dem Gebiet der Verkehrs- 
polizei im Sinne des § 6 b sind zahlreiche und 
weitgehende Bestimmungen über die Regelung 
des Straßenverkehrs, des Plakat= und Anschlags- 
wesens, des Fahrrad= und Kraftwagenverkehrs 
erlassen und als zulässig anerkannt worden, so- 
weit es sich um rechtlich-öffentliche Wege handelt, 
während ihre Gültigkeit für Privatwege, die nur 
widerruflich dem öffentlichen Verkehr über- 
  
  
sind, über die das Gesetz aber schweigt, von jeder 
Straffestsetzung durch Gesetze nachgeordneter In- 
stanzen, also auch durch P. frei sein sollen (KG 
21 C 47; 23 C 73; 35 C 42). Hinsichtlich ganzer 
Gruppen von Straftaten ist die erschöpfende 
Regelung durch die Zusammenfassung derselben 
in einzelne Abschnitte des II. Teiles erfolgt. 
Jedoch sind die Uberschriften namentlich des 
Abschnittes 7 und 25 nicht in dem Sinne maß- 
gebend, daß die Materie des Schutzes der öffent- 
lichen Ordnung und diejenige des strafbaren 
Eigennutzes erschöpfend und ausschließlich ge-
	        
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