Rechtsauskunftsstellen — Rechtshilfe
Rechtsangelegenheiten vor den Gewerbe-
und den Kaufmannsgerichten (s. d.).
VII. Die Gerichte haben den R. gegenüber
nur die in den allgemeinen Befugnissen der
Sitzungspolizei liegende Disziplinargewalt (GV G.
88 180, 181; FGG. §s 8; AGG. § 88;
MSt GO. vom 1. Dez. 1898 — Rl. 1189 —
§ 290 Abs. 4); § 72 LVG. gilt auch gegenüber
den R. Im übrigen unterstehen die R. nur
einem besonderen ehrengericht-
lichen Verfahren. Dieses findet statt
gegen einen R., welcher die ihm obliegenden
Pflichten (Rechtsanwaltsordnung § 28) verletzt
(s 62). Die ehrengerichtlichen Strafen sind
1. Warnung, 2. Verweis, 3. Geldstrafe bis zu
3000 A, 4. Ausschließung von der Rechtsanwalt-
schaft. Geldstrafe kann mit Verweis verbunden
werden (§ 63). Die Geldstrafen fließen zur
Kasse der Kammer (8 97 Abs. 1). In erster In-
stanz entscheidet der Vorstand der Anwalts-
kammer als Ehrengericht in der Besetzung von
fünf Mitgliedern, auf die Berufung gegen dessen
Urteil in zweiter Instanz der Ehrenge-
richtshof, welcher nach § 90 in der
Fassung des G. vom 22. Mai 1910 aus
dem Präsidenten des RG., zwei Senais-
präsidenten und sechs Mitgliedern des RG.
und sechs Mitgliedern der Anwaltskammer bei
dem RG. besteht, und bei welchem zwei Se-
nate gebildet sind. In der Regel findet eine
Voruntersuchung statt, mit deren Führung ein
Richter durch den Präsidenten des Oberlandes-
gerichts beauftragt wird. Bei der Hauptver-
handlung ist ein dem Vorstande nicht ange-
hörender, am Sitze der Kammer wohnender R.
von dem Vorsitzenden als Gerichtsschreiber zu-
zuziehen. Für die Verhandlung und Entschei-
dung über die Rechtsmittel der Beschwerde ist
das Oberlandesgericht zuständig. Die Ver-
richtungen der Staatsanwaltschaft werden von
der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandes-
gericht, in der Berufungsinstanz von der bei
dem RG. wahrgenommen. Auf das ehren-
gerichtliche Verfahren finden die Vorschriften
der St PO. entsprechende Anwendung, insoweit
sich nicht aus der Rechtsanwaltsordnung Ab-
weichungen ergeben (§§ 66—97). Ob daraus
zu folgern ist, daß auch die Wiederaufnahme
eines durch rechtskräftiges Urteil geschlossenen
ehrengerichtlichen Verfahrens stattfinden kann, ist
streitig (Syring in der JW. 37, 658). Die
im ehrengerichtlichen Verfahren erkannte Strafe
kann nicht im Wege der Gnade erlassen oder ge-
mildert werden, jedenfalls hat der Begnadigte
bei Erlaß der Strafe der Ausschließung aus der
Rechtsanwaltschaft keinen Anspruch auf Wieder-
eintragung in die Liste der R. oder auf Wieder-
zulassung zur Rechtsanwaltschaft (Edner in
JW. 38, 636; vgl. auch Syring daselbst 37,
127; Kaskel, Begnadigung im ehrenge-
richtlichen Verfahren der freien Berufsstände;
v. Kleist, Die Begnadigung der im Disziplinar-
wege bestraften R., in JW. 40, 306).
VIII. Einem ehrengerichtlichen Verfahren
unterliegen im Falle der Pflichtverletzung auch
355
(G., betr. die Patentanwälte, vom 21. Mai 1900
— Rl. 233 — 8§ 7 ff.). S. Patent-
amt und Patentanwälte.
IX. Wegen der Anrechnung der Zeit der
Beschäftigung als R. bei der Pensionierung der
Reichsbeamten s. Reichsbeamtengesetz
(RGBl. 1907, 245) § 52; wegen der Tätigkeit
der R. im Disziplinarverfahren vgl. diesen Artikel.
X. Die R. haben sich zum Deutschen Anwalt-
verein verbunden, dessen Organ die Juristische
Wochenschrift ist und der Anwaltstage abhält.
Behufs Gewährung von Pensionen an die
Witwen und von Unterstützungen an Hinter-
bliebene haben sich Pensionsvereine der R. und
Notare gebildet, deren Förderung bereits durch
die Vf. vom 18. Juni 1860 (JM l. 262) emp-
fohlen worden ist.
Kommentare der Rechtsanwaltsordnung von Berger,
Sydow (1907), Friedländer, der Gebührenord-
nung für Rechtsanwälte von Willen bücher (1910),
Sydow (1907), Psaffseroth (1905), Walter-
Joachim (1908), Merzbacher (1910), Fürst-
Roth usw.; Weißler, Geschichte der Rechtsanwalt-
schaftt Wagner, Bureaubuch des Rechteanwalts und
Notars, 1909: Weißler, Advokatur und Prokuratur,
DaàaB. 12, 260:; Entscheidungen des Ghrengerichtshofs;
Pfafferoth, Die Gebühren der Rechtsanwälte im
preuß. Verwaltungsstreitverfahren, Pr Vl. 31, 725.
Rechtsauskunftsstellen s. Rechtsange-
legenheiten V. .
Rechtschreibung (neue) ist die Art, auf welche
die deutschen Wörter und die in den deutschen
Sprachschatz ausgenommenen Fremdwörter nach
dem Bundesratsbeschlusse vom 18. Dez. 1902
(ZBl. 432) in den Schulen und bei den Reichs-
und Staatsbehörden geschrieben werden sollen.
Auch auf ihre Anwendung im Verkehr der kom-
munalen und sonstigen nichtstaatlichen Behörden
soll hingewirkt werden. Von ihr soll nicht ohne
wechselseitige Verständigung der Bundesregie-
rungen untereinander und mit Csterreich ab-
gewichen werden. Die „Regeln für die deutsche
Rechtschreibung“ sind, im Auftrage des Preuß.
Kultusministeriums herausgegeben, in der Weid-
mannschen Buchhandlung Berlin 1902 erschienen;
ein späteres Wörterverzeichnis dazu, in dem einige
anfänglich zugelassene Doppelschreibungen be-
seitigt sind, ebenda 1903 (s. U l. 1907, 301).
lber die R. der Namen von Straßen, Plätzen usw.
s. Erl. vom 21. Febr. 1910 (MBl. 60).
Rechtsfähigkeit s. Juristische Perso-
nen und Verleihung der Rechts-
fähigkeit.
Rechtshilfe. I. R. ist die Vornahme einzelner
richterlicher Handlungen in einem bei einem
Gericht anhängigen Verfahren durch ein anderes
als das mit der Angelegenheit befaßte Gericht.
Es stehen sich also Gerichte einander gegenüber
und Amtshandlungen in Frage, die an sich auch
von der ersuchenden Behörde vorgenommen
werden könnten, doch sind Behörden, die recht-
lich an die Stelle von Gerichten gesetzt sind,
auch für die R. den Gerichten gleichzuachten.
Bei anderen Behörden ist zwar der R. Ent-
sprechendes möglich, dies ist indessen keine wirk-
liche R., sondern lediglich eine — oft jedoch
gleichfalls R. oder R. im weiteren Sinne ge-
die Patentanwälte und ihre in die Liste des nannte, richtiger jedoch Amtshilfe zu nennende
Patentamts eingetragenen Vertreter.
Das t(ogl. zu dieser O##G. 20, 445) — Vermittelung
Ehrengericht und als zweite Instanz der Ehren= oder Beistandspflicht kraft gesetzlicher oder her-
gerichtshof werden beim Patentamte gebildet kömmlicher Gefälligkeit (ogl. Beistand bei
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