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Rechtskonsulenten — Rechtskraft
Regierungen sämtlicher deutscher Bundesstaaten gegen, daß der Versuch ohne sachliche Prüfung
zu denen hierbei auch das Reichsland Elsaß-
Lothringen gehört, Grundsätze vereinbart wor-
den (JMBl. 1907, 55; Ml. 1907, 173). S. hierzu
Vf. vom 5. Febr. 1908 (Ml. 222), betr. die
durch den Nachrichtendienst im Gefangenen-
Sammeltransportverkehr entstehenden Porto-
kosten, Telegramm= und Telephongebühren.
Delius, Handbuch des Rechtsbilfeverfahrens, 1906;
Frank, Zur Lehre von der Rechtshilse im Verwaltungas-
strafversahren, Verw'Arch. 17, 312; Hartmann, Die
Lücken im Rechtshilfeverfahren, Pr Bl. 31, 76; Glatzer,
Gerichtliche Rechtehilse in Verwaltungs., insbesondere Ein-
kommensteuersachen, daselost 31, 78; ’ riedländer,
Die Rechtehilse im Verkehr mit den ordentlichen Gerichten
nach deutschem Reichorecht, 1906; Ortliebd, Die Erledigung
ausländischer Rochtohilfeersuchen in Zivilsachen. Buschs Z.
38, 378; Welge, Rechtshilfe, Arbeiterversorgung
27, 389.
Rechtskonfulenten s. Rechtsangelegen-
heiten.
Rechtskraft.
entwickelt und festgestellt worden, gilt aber auch
sonst, wo eine Rechtsprechung stattfindet, also
insoweit auch für das Verfahren in den Ange-
legenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und
für das Verwaltungsstreitverfahren. Weiter
darf man ihn aber nicht ausdehnen, nament-
lich wohl nicht auf das Beschlußverfahren und
jedenfalls nicht auf das gewöhnliche Verwal-
tungsverfahren. Insbesondere ist es unzulässig,
von einer R. statt von einer dem Wesen nach
hiervon verschiedenen bloßen Unanfechtbarkeit
polizeilicher Verfügungen zu sprechen. Dagegen
gibt es da, wo Verwaltungsbehörden eine sog.
Quasijurisdiktion (s. den Artikel Gerichts-
barkeit) ausüben, d. h. ausnahmsweise statt
der Gerichte Streitigkeiten zwischen Parteien
entscheiden (z. 8 „Ingdordnung vom 15. Juli
1907 — G6S. — 88 55—58; Feld= und
dorkwolegeret vem 1. April 1880 — GS. 230
— § 75 Abs. 2; O## G. 41, 291), ebenfalls eine
R. Man unterscheidet zwischen formeller (prozes-
fualer) oder äußerer und materieller oder innerer
R. Die erstere bedeutet, daß eine Aufhebung
oder Anderung der Entscheidung überhaupt nicht
oder nicht mehr durch Einlegung eines Rechts-
mittels oder eines insoweit den Rechtsmitteln
gleichgestellten Rechtsbehelfs (Einspruch u. dgl.)
möglich ist. Oft hat sie noch die weitere Wir-
kung, daß die Entscheidung jetzt vollstreckbar wird
oder statt der bisherigen nur vorläufigen Voll-
streckkarkeit die unbedingte Vollstreckbarkeit er-
langt. Die materielle R., hinsichtlich deren
darüber gestritten wird, ob ihre Wirkungen
rein prozeßrechtliche sind oder auf materiell-
rechtlichem Gebiete liegen, äußert sich darin,
daß die Entscheidung, solange sie besteht, also
insbesondere nicht zufolge einer Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand gegen die Versäumung
der Rechtsmittelfrist oder einer Klage auf Wieder-
aufnahme des Verfahrens aufgehoben worden
ist, allein maßgebend (bindend) ist und auf das
I. Der Begriff der R. ist zu-
nächst für den Zivilprozeß und den Strafprozeß
zurückgewiesen werden muß. Diese bindende
Kraft (Unbestreitbarkeit) der Entscheidung hat
die äußere R., die Unanfechtbarkeit der Ent-
scheidung durch Rechtsmittel (Unabändelrlichkeit
der Entscheidung), zur Voraussetzung; innere
R. ohne äußere ist nicht denkbar. Während
es zahlreiche gerichtliche Entscheidungen, auch
Urteile, gibt, die nicht vollstreckbar sind, z. B.
die bloßen Feststellungsurteile und diejenigen —
sog. konstitutive — Urteile, mit denen un-
mittelbar der Eintritt einer materiellen Rechts-
folge verknüpft ist, sind alle Urteile und die
ihnen gleichzustellenden sonstigen Entscheidungen
der materiellen R. fähig. Diese beschränkt sich
aber objektiv auf das Rechtsverhältnis, welches
unmittelbar den Gegenstand der Entscheidung
— nach ihrem gesamten Inhalte, nicht bloß
nach ihrer Formel — gebildet hat, sie ergreift
nicht darüber hinaus das Rechtsverhältnis, aus
welchem der erhobene Anspruch hervorgeht, noch
weniger ein Rechtsverhältnis, welches nur dessen
mittelbare Voraussetzung bildet, oder eine Ein-
wendung des Beklagten, wenn sie auch zur Ab-
weisung der Klage geführt hat. In letzterer
Beziehung gilt kraft positiven Rechtes (3P.
&* 322 Abs. 2) eine Ausnahme bei der Aufrech-
nung. Subjektiv wirkt die materielle R. grund-
sätzlich nur unter den Parteien und deren Rechts-
nachfolgern, ausnahmsweise jedoch auch gegen-
über Dritten und selbst, z. B. in Ehe= und in
Kindschaftssachen (ZPO. 8§8 629, 643), inter
omnes (absolute R.). Über die Wirkung der
R. im Falle eines arglistigen, gegen die guten
Sitten verstoßenden Verhaltens s. RGZ. 1, 94
39, 142; 46, 75; 61, 359.
II. Für das Zivilprozeß= und das
Strafprozeßrecht ist die Geltung der
R. außer jedem Zweifel und die Lehre von
ihr in ihren Grundlagen auch unstreitig. Bei
den Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit wird die Geltung eben-
falls grundsätzlich angenommen, über die Einzel-
heiten aber herrscht, namentlich weil es hier
keine Urteile und nur teilweise wirkliche
Streitigkeiten gibt, Meinungsverschiedenheit.
Im Verwaltungsstreitverfahren ist die R.
meist gesetzlich oder doch nach durchaus herr-
schender Ansicht anerkannt, so z. B. in dem
sächsischen, bayerischen, württembergischen, badi-
schen und hessischen, sowie in dem Verfahren
vor den Schiedsgerichten für Arbeiterversiche-
rung, dem NVA. und dem BAH.Für das
Verwaltungsstreitverfahren nach dem LVG. ist
die formelle R. zwar gleichfalls nicht bestreitbar,
die materielle dagegen gänzlich bestritten wor-
den; auch sie ist jedoch wohl nicht abzulehnen und
wird namentlich vom OVG. angenommen. Der
26. Deutsche Juristentag (1902) hat einen Be-
schluß dahin gefaßt, daß die — materielle —
R. der verwaltungsgerichtlichen Urteile und der
ihnen gleichstehenden Entscheidungen grundsätz-
ursprüngliche Rechtsverhältnis, welches sie be-lich anzuerkennen sei, und zwar auch in der
trifft, nicht mehr zurückgegangen werden darf.
Weise, daß die Urteile (Entscheidungen) den
Jedem Versuch, über das so bleibend geregelte Staat binden. Selbstverständlich ist, daß die R.
Rechtsverhältnis eine neue Entscheidung herbei= auch im Verwaltungsstreitverfahren nur in einer
zuführen, das Zuerkannte zu bestreiten, das Ab-
erkannte geltend zu machen, steht die bereits
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Weise gilt, die der im Zivil- und Strafprozeß
entspricht. Denn diese Weise ist eine solche,
ergangene Entscheidung derart hindernd ent= welche sich aus der Sache selbst ergibt und