362 Rechtsweg
Befreiung als auch über dessen Wirkungen zu- auferlegt worden ist, daß diese Verpflichtung
lässig, und es muß, wenn die Verfügung in- ganz oder teilweise einem anderen obliege, so
zwischen zur Ausführung gebracht worden ist, ist zur Feststellung der Rechte unter den Be-
die Polizeibehörde nach ergangenem rechtskräf= teiligten und über die zu leistende Entschädigung
tigen Erlenntnisse dessen Bestimmungen bei die richterliche Entscheidung zulässig (§ 5). Zu
ihren weiteren Anordnungen beachten (8§§ 2, 3).P den Beteiligten gehört niemals die verfügende
Seitdem hierzu früher der § 63 Abs. 4 des Or-Polizeibehörde als solche, so daß gegen sie nicht
ganisationsgesetzes vom 26. Juli 1880 (GS. 291) geklagt werden kann; wohl aber können der
und jetzt der § 127 Abs. 4 L · « ’ · Körperschaften usw. be-
daß die Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer teiligt sein. Eine Einschränkung hat der § 5
mittels der Verwaltungsklage angefochtenen dadurch erfahren, daß nach den §§ 56, 66 B36.
polizeilichen Verfügung sich auch auf diejenigen in den hier genannten Fällen (Wegebauten,
Fälle erstreckt, in welchen bisher nach § 2 des Räumung von Wasserläufen) die durch polizei-
G. vom 11. Mai 1842 der ordentliche R. zu- liche Verfügungen veranlaßten Streitigkeiten
lässig war, ist nach der herrschenden Ansicht'der Beteiligten im Verwaltungsstreitverfahren
der nach den §§ 2, 3 zulässige ordentliche R. unter Ausschluß des ordentlichen R. zu ent-
insoweit weggesallen, als das Anwendungs= scheiden sind, wenn eine öffentlichrechtliche Ver-
gebiet des § 127 LVG. reicht. Gegen polizei- pflichtung den Gegenstand des Streites bildet.
liche Verfügungen auf anderen Gebieten (Berg-, Abgesehen hiervon ist die Klage aus § 5 wegen
Eisenbahn-, Strom-= und Schiffahrtspolizei usw.), Verletzung aller Vermögensrechte statthaft, gleich-
ist nach wie vor die Klage bei den ordentlichen viel ob sie auf öffentlichrechtlicher oder privat-
Gerichten gegeben. Bei den polizeilichen Ver- rechtlicher Grundlage beruhen (R3. 25, 331;
fügungen innerhalb des Anwendungsgebiets 37, 334); es kann aber auch bei ihr nicht die
des § 127 bleibt der ordentliche R. dagegen Geseplichkeit, Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit
nur noch im Rahmen des Abs. 5 das., wonach der Verfügung geprüft werden. 4. Wird eine
die Entscheidung der Verwaltungsgerichte end= polizeiliche Verfügung im Wege der Beschwerde
gültig ist, iedoch unbeschadet aller privatrecht- als gesetzwidrig oder unzulässig aufgehoben, so
lichen Verhältnisse, zulässig; es kann demnach bleiben dem Beteiligten seine Gerechtsame nach
nur noch, wenn derartige Verhältnisse vorliegen, den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen über
geklagt werden. 2. Wird behauptet, daß durch die Vertretungsverbindlichkeit der Beamten vor-
eine polizeiliche Verfügung ein solcher Eingriff behalten (§ 6). Die Anwendung dieser Vor-
in Privatrechte geschehen sei, für welchen nach schrift hat eine Erweiterung durch § 67 des
den gesetzlichen Vorschriften über Aufopferungen Organisationsgesetzes vom 26. Juli 1880, jetzt
der Rechte und Vorteile des einzelnen im Inter- § 131 L VG., erfahren, wonach sie auch An-
esse des Allgemeinen Entschädigung gewährt! wendung findet, wenn eine polizeiliche Ver-
werden muß, so findet der R. darüber statt, ob fügung im Verwaltungsstreitverfahren durch
ein Eingriff dieser Art vorhanden sei, und zu rechtskräftiges Endurteil aufgehoben worden ist.
welchem Betrage dafür Entschädigung geleistet Sie gilt auch für die Beteiligten nach dem
werden müsse. Eine Wiederherstellung des G. über die Haftung des Staates und anderer
früheren Zustandes kann in diesem Falle nie= Verbände für Amtspflichtverletzungen von Be-
mals verlangt werden, wenn solche nach dem amten bei Ausübung der öffentlichen Gewalt
Ermessen der Polizeibehörde unzulässig ist (§ 4). vom 1. Aug. 1909 (GS. 691) gemäß § 5 daselbst
Hierbei ist ein wirklicher Eingriff in Privat= (s. Haftbarkeit der Beamten und
rechte erforderlich. Dieser braucht aber nicht in Haftung des Staates). Als Aufhe=
der dauernden Entziehung eines Rechtes zu be- bung im Sinne des § 6 ist jede Mißbilligung
stehen; es genügt vielmehr auch schon eine zeit= der Verfügung selbst, nicht bloß ihre Be-
liche Beschränkung in der Ausübung (RSZ.gründung unter Aufrechterhaltung der Ver-
46, 286). Die in Bezug genommenen gesetz= fügung aus anderen Gründen, zu verstehen, was
lichen Vorichriften finden sich im ALR. I, 80# namentlich bei denjenigen polizeilichen Ver-
§88/29—32; I, 11 §§ 3 ff. und im § 75 der Ein- fügungen von Bedeutung ist, welche ihre Voll-
leitung zum A#s. sowie in verschiedenen ein- ziehung in sich tragen und nicht mehr rückgängig
zelnen Bestimmungen desselben und in späteren gemacht werden können (RG. in Gruchots Beitr.
Gesetzen. Das Interesse des Allgemeinen ist 45, 380; 46, 1103). Keine Anwendung findet
nicht bloß das allgemeine Staatsinteresse, son- § 6, wenn- einem Polizeibeamten ein Vergehen
dern kann auch das einer Gemeinde oder sonstigen im Amte vorgeworfen und seine Verurteilung
Körperschaft und selbst das einzelner sein, wenn zum Schadenersatz als Folge des Vergehens
die Verfügung ausnahmsweise nur Einzelinter-- verlangt wird. Hier ist vorbehaltlich der Er-
essen gedient hat oder doch wenigstens nur ein= hebung des Konfliktes nach dem G. vom 13. Febr.
zelnen zugute gekommen ist. Die Klage ist nicht 1854 (s. Konflikte und Konflikts-
gegen die Polizeibehörde als solche, sondern erhebung) die richterliche Entscheidung un-
gegen denjenigen zu richten, in dessen Interesse beschränkt.
die Verfügung ergangen ist. Den Gegenstand Auch das G. vom 24. Mai 1861 knüpft an die
der Klage bildet der Ersatz des gesamten durch bisherige Gesetzgebung an und hat nur einzelne
die polizeiliche Verfügung und ihre Ausführung Vorschriften dieser aufgehoben oder abgeändert.
verursachten Schadens. 3. Gebührt der Polizei-] Es beruht zwar auf dem allgemeinen Gedanken,
behörde nur die Befugnis zu einer vorläufigendaß der R. da zulässig sein soll, wo jemand in
Anordnung mit Vorbehalt der Rechte der Be= seinen besonderen Rechtsverhältnissen dem Ge-
teiligten, oder behauptet derjenige, welchem durch setze gegenüber verletzt ist und die Zulassung des
cine polizeiliche Verfügung eine Verpflichtung R. mit dem öffentlichen Interesse vereinbar