Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Reichsanwalt — Reichsanzeiger (Deutscher) und Königlich Preußischer Staatsanzeiger 373 
daß die laufenden Ausgaben des Reiches, soweit nicht. Das Reich hatte sich zwar das Recht vor- 
sie nicht in seinen eigenen Einnahmen Deckung behalten, die Schuldverschreibungen insgesamt 
finden, durch Matrikularbeiträge der Bundes= dder in angemessenen Teilbeträgen zur Einlösung 
staaten ohne Inanspruchnahme des Reichs= gegen den Neunwert zu lündigen. Aber die Hohe 
kredits gedeckt werden sollen, ist aber nicht durch= der Tilgung war von den jeweilig vom Etat zur 
geführt worden; unter dem Druck einer sich immer Verfügung gestellten Mitteln abhängig; sie er- 
schwieriger gestaltenden Finanzlage des Reiches folgt durch freihändigen. Ankauf an der Börse 
hat man nicht nur den Begriff des „außerordent= (Reichsschuldenordnung §§ 5, 6). Erst seit dem 
lichen Bedürfnisses“ unzulässig erweitert, sondern Jahre 1896 wurden fast alhährrlich durch besondere 
bisweilen selbst zur Balancierung des ordent= Gesetze Mittel zur. Schuldentilgung stüssig ge- 
lichen Etats sog. „Zuschußanleihen“ aufgenom-! macht. Erst durch § 4 des G., betr. die Ordnung 
men. Künftig soll nach der bei der Finanzreform des Reichshaushalts und die Tilgung der 
im Jahre 1909 bekundeten Absicht nicht nur dies Reichsschuld, vom 3. Juni 1906 (R Bl. 620) 
unterbleiben, sondern sogar überhaupt die Auf= wurde vom Rechnungssahre 1908 ab eine jähr- 
nahme zu anderen als werbenden Zwecken, liche Tilgung der Reichsschuld von mindestens 
soweit die Anleihedeckung nicht schon früher ⅜/8 v. H. vorgeschrieben, wobei eine Absetzung 
(Drucks. Nr. 67 der Budgetkommission des R. vom Anleihesoll einer Tilgung gleichzuachten ist. 
von 1908) in Aussicht genommen ist. Zur Auf= Eine weit höhere Tilgung verlangt § 3 des neuen 
nahme von R. bedarf es einer Ermächtigung G., betr. Anderungen im Finanz- 
der Reichsregierung durch ein Recichsgesetz (RV. w e sen, vom l5. Juli 1909 (RGBl. 743). 
a. a. O.). 
schuldenordnung vom 
(RGl. 129) nebst Nov. vom 22. Febr. 
(RGl. 66) geregelt. Hiernach erfolgt die Auf- 
nahme in Form der Ausgabe verzinslicher, auf 
19. März 1900 
gen, die aber nach Ermessen des Gläubigers 
Anleihen gelten, bleiben in Kraft. 
1904 
Art und Modalitäten der r Aufnahme D Die Bestimmungen, welche für Tilgung der zu 
sowie Verwaltung der R. sind durch die Reichs- 
werbenden Zwecken bereits ausgenommenen 
h Im übrigen 
aber sind die bis 30. Sept. 1910 begebenen An- 
leihen jährlich mit mindestens 1 v. H. des an 
jienem Tage noch vorhandenen (.validierenden“) 
den Inhaber lautender Reichsschuldverschreibun- 
Schuldkapitals, die vom 1. Okt. 1910 ab begebenen 
Anleihebeträge dagegen, wenn zu werbenden 
durch Rückgabe gegen Eintragung in das Reichs- Zwecken bestimmt, mit mindestens 1, 4 v. H., 
schuldbuch in Buchschulden umgewandelt werden im übrigen mit mindestens 3 v. H., nicht des 
können (s. Reichsschuld buch und den dort validierenden sondern, des bewilligten Betrages 
in Bezug genommenen Artikel Staats- zu tilgen, in allen drei Fällen unter Oinzu- 
schuldbuch). Die Bestimmung darüber, rechnung der ersparten Zinsen, als welche 3½00 
wann, durch welche Stelle, in welchen Beträgen, der zur Tilgung ausgewendeten Summen anzu- 
zu welchem Zinsfuß, unter welchen Kündigungs= sehen sind. Die zur Schuldentilgung erforderlichen 
bedingungen und zu welchem Kurse die Be-Beträge sind alljährlich durch den Reichshaus- 
gebung erfolgen soll, steht dem RK. zu, der über haltsetat bereit zu stellen. Abschreibungen vom 
die Ausführung der Anleihegesetze dem RI. bei, Anleihesoll und Anrechnungen auf offene Kre- 
dessen nächstem Zusammentreten Rechenschaft dite bis zur Höhe der zur Schuldentilgung zur 
zu geben hat. 
Jedoch ist den Gläubigern ein! Versügung stehenden Beträge sind einer Tilgung 
Kündigungsrecht durch die Reichsschuldenordnung gleichzuachten (s. hierzu auch Reichs finanz- 
versagt; die R. sind also reine Rentenschulden. 
Demselben Typ gehören auch die vor Erlaß der 
Reichsschuldenordnung ausgenommenen R. aus- 
nahmslos an. Die Ausfertigung der Schuld- 
verschreibungen und der ihnen beigefügten Zins-1 1 
scheine und Erneuerungsscheine erfolgt durch die 
Reichsschuldenverwaltung (s. Reichsschulden) 
[Reichsschuldenordnung §§ 1—4 und 6 Abf. 2j. 
Die Unterbringung der R. geschieht durch Vermitt- 
lung von Banken oder unmittelbar durch das 
Reich in Gestalt des Verkaufes an der Börse oder 
der Auflegung zur Zeichnung. 
II. Verzinsung. Der Zinsfuß der R. war 
bis 1886 4% ; seitdem wurden Schuldverschrei- 
bungen zu 3½00 ausgegeben, seit 1891 teils 3½-, 
teils 3 proz. Die 4 proz. sind auf Grund des G. 
vom 8. März 1897 (Röl. 21) in 3½ proz. um- 
gewandelt worden; diese Konvertierung erfolgte 
in derselben Weise wie die der preuß, 4 proz. 
Konsols nach dem G. vom 23. Dez. 1896 (ogl. 
Konvertierung). Die 1908 und 1909 be- 
gebenen Posten der R. sind aber infolge der Lage 
des Geldmarkts wieder zum 4 proz. Typ zurück- 
gekehrt. 
III. Tilgung. Eine generell gesetzlich ange- 
ordnete regelmäßige Tilgung der R., wie für die 
preuß. Staatsschulden nach dem G. vom 8. März 
1897 (GE. 43), erfolgte bis in die jüngste Zeit 
  
wesen V). 
IV. Wegen der Verwaltung der R. 
s. Reichsschulden usw 
Reichhpanwalt f. Staatsanwaltschaft 
——— (Deutscher) und Königlich 
Preußischer Staatsanzeiger ist ein täglich er- 
scheinendes Organ mit offiziellem Charakter für 
den amtlichen Teil. Ursprünglich nur für Preußen 
bestimmt, ist es seit Begründung des Deutschen 
Reiches auch den Zwecken des letzteren unter 
obigem Titel dienstbar gemacht (s. Erl. vom 
18. Nov. 1873 — Ml. 1874, 23). In ihm wer- 
den alle vom Kaiser und Könige vollzogenen 
Ernennungen und die verliehenen Auszeich- 
nungen, ferner Gesetze, Verordnungen des Rai- 
sers und des Königs und allgemeine Erlasse 
der obersten Staats= und Reichsbehörden, auch 
wenn solche in dem Reichsgesetzblatt und der Ge- 
setzsammlung bzw. dem Zentralblatt für das 
Deutsche Reich und den Organen der Spezial- 
verwaltungen Aufnahme finden, bekanntgemacht. 
Der Reichsanzeiger steht unter der Kuratel eines 
vortragenden. Rates des St M. und ressortiert 
von dem letzteren. Er hat in dem preuß. Staats- 
haushalt einen besonderen Etat; seine Erträge 
werden zwischen dem Reiche und Preußen geteilt. 
Durch gesetzliche Vorschriften ist der Reichs-
	        
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