Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

384 Reichsfinanzwesen 
höhung der Einnahmen des Reichs, jedoch ohne geben als sic bekamen (1879/82, 1893/94 und 
den gleichzeitig erstrebten Erfolg, das Finanz= 1998 ff.), je nachdem sich die Einnahme= und 
wesen d.# Reichs auf eine selbständige Grund-Ausgabeverhältnisse des Reichs gestalteten, nie 
lage zu stellen. Der R. konnte sich nicht ent= aber wußten sie im voraus, wie sich diese Rech- 
schließen, dem Wunsche der verbündeten Regie-; nung für sie stellen würde; sie konnten also 
rungen nachzugeben, der dahin ging, die störende weder eine zweckmäßige Verwendung der Mehr- 
und in vielfacher Beziehung bedenkliche Ab= einnahmen vom Reich bei Aufstellung ihrer 
hängigkeit der beiden Finanzwirtschaften des! Etats vorsehen, noch konnten sie zur Deckung 
Reichs einerseits und der Bundesstaaten ander= der Mehrausgaben für das Reich von vorn- 
seits zu beseitigen, da man fürchtete, daß damit herein die erforderlichen Anstalten treffen, zu- 
das Interesse der Bundesstaaten und ihr Ver= mal sich ihre Etatsperioden hinsichtlich Beginn 
antwortlichkeitsgefühl für die Finanzgebarung und Dauer mit der Etatsperiode des Reichs 
des Reichs verloren gehe, von deren Erhaltung zum Teil nicht decken. Sie hatten das volle 
man sich eine günstige Wirkung auf eine spar-Risiko der Einnahme= und Ausgabegestaltung 
same Wirtschaftsführung im Reiche versprach, des Reichshaushalts zu tragen, das bei der 
und weil der R. sein in der jährlichen Fest= schwankenden Tendenz der Einnahmen und 
setzung der Matrikularbeiträge liegendes Ein= Ausgaben des Reichs nicht gering ist. 
nahmebewilligungsrecht aus konstitutionellen Dieser Zustand der Dinge mußte die Sicher- 
Gründen nicht preisgeben wollte. Deshalb wurde heit der Finanzgebarung der Bundesstaaten auf 
mit der Erhöhung der Reichseinnahmen dem das empfindlichste gefährden; das Verlangen 
Reiche die Verpflichtung auferlegt, erhebliche Teile nach einer Abhilfe wurde daher immer dringen- 
seiner Einnahmen den Bundesstaaten zu über= der, je mehr die wachsenden Anforderungen der 
weisen (Uberweisungssteuern). Dies geschah Heeres-, Marine= und Kolonialverwaltung ein 
zuerst 1879 durch die sog. Frankensteinsche KRlausel Anschwellen des Reichsbedarfs in Aussicht stell- 
bezüglich der Zölle und der Tabaksteuer (Zoll TLG.ten und die Bundesstaaten mit ungedeckten 
vom 15. Juli 1879— RGBl. 207— 8 8), von denen Matrikularbeiträgen in unberechenbarer Höhe 
das Reich nur 130 Mill. Mark behalten durfte bedrohten. In den Jahren 1893/194 versuchte 
und die über diesen Betrag hinausgehenden Er- man, eine Verbesserung der finanziellen Be- 
träge an die Bundesstaaten abgeben mußte; ziehungen des Reichs zu den Bundesstaaten 
später durch das Reichsstempelabgabengesetz (§ 32 durch Festsetzung eines festen Verhältnisses 
des G. vom 1. Juli 1881 bzw. § 41 des G. vom zwischen Matrikularbeiträgen und Uberweisun- 
1. Juli 1881/3. Juni 1885 — RGl. 1881, 185; gen zu erreichen. Auf die zuerst damit verbundene 
1885, 179) und das Branntweinsteuergesetz (G.Absicht, den Bundesstaaten dabei eine jährliche 
vom 24. Juni 1887 — RuBl. 253 — §§ 39, Überweisung aus den Erträgen der Reichs- 
42 III), nach denen das Reich die ganzen Erträge steuern in Höhe von mindestens 40 Mill. Mark 
dieser Steuern den Bundesstaaten wieder zurück= zu sichern, hat man später verzichtet und sich 
geben mußte. Die aus dem Ertrage der Zölle und auf den Vorschlag beschränkt, daß die Matrikular- 
der Tabaksteuer dem Reiche verbleibende Summe beiträge den Gesamtbetrag der Überweisungen 
von 130 Mill. Mark wurde später zur Ermöglichung nicht übersteigen dürfen, was eine vollständige 
einer Tilgung der Reichsschuld zufolge der sog. Beseitigung der ungedeckten (reinen) Matrikular- 
leges Lieber verschiedentlich erhöht, und zwar beiträge zur Folge gehabt hätte. Ein aus den 
für das Etatsjahr 1895/96 durch G. vom 16. April UÜberschüssen anzusammelnder Reservefonds von 
1896 (RüöBl. 103) auf 143 Millionen, für das 10 Mill. Mark und im Bedarfsfalle durch beson- 
Etatsiahr 1896/97 durch G. vom 24. März 1897 deres Gesetz festzusetzende Zuschläge zu den 
(Rl. 95) auf 180 Millionen, für das Etats-Stempel= und Verbrauchsabgaben sollten die 
jahr 1898 durch G. vom 31. März 1898 (Rol. Durchführung dieses Reformgedankens auch in 
138) auf 167,5 Millionen und für das Etatsjahr ungünstigen Zeiten sicherstellen (BRDrucksf. 1893 
1899 durch G. vom 25. März 1899 (RBl. 189)! Nr. 107; 1894 Nr. 124). Diese Reformbestre- 
auf 172,1 Millionen. Die Einnahmen, die dem bungen, die durch eine Reihe gleichzeitig ein- 
Reiche nach Abzug der aus den Erträgen dieses gebrachter Steuervorschläge (Erhöhung der Bier-, 
Teils seiner Finanzquellen den Bundesstaaten Tabak-= und Branntweinsteuer, Ausdehnung der 
zu gewährenden Dotationen (Überweisungen), Reichsstempelabgaben und Einführung einer 
die z. B. im Etat für 1903 die Höhe von über Reichsweinsteuner — Brucks. 1892 Nr. 128; 
542 Mill. Mark erreichten, noch verblieben,1893 Nr. 109—111; 1894 Nr. 125) ermöglicht 
waren so gering, daß die Bundesstaaten auch werden sollten, blieben ohne Erfolg. Im Jahre 
weiterhin erhebliche Matrikularbeiträge bezahlen 1903 wurden sie wieder ausgenommen, und zwar 
mußten, die allerdings zeitweise, iusbesondere wurde diesmal nicht nur eine Regelung der 
in den Jahren 1888/92 durch die Uberweisungen Matrikularbeitragspflicht der Bundesstaaten, son- 
mehr wie gedeckt wurden. Durch die Reformen dern auch eine teilweise Beseitigung der Franken- 
von 1879, 1881 und 1887 hatte sich das finan= steinschen Klausel, nämlich für die Zölle, die 
zielle Verhältnis des Reichs zu den Bundes= Tabaksteuer und die Reichsstempelabgaben, an- 
staaten nun so gestaltet, daß die Bundesstaaten gestrebt (B# Drucks. 1903 Nr. 137). Die Ab- 
vom Reich jährlich einen Teil seiner Einnahmen sichten dieser Reform wurden jedoch nur zum 
erhielten, dafür aber dem Reiche nach wie vor Teil erreicht; insbesondere blieb die Bemühung, 
so viel zuschießen mußten als die diesem ver= eine endliche Beseitigung der ungedeckten Matri- 
bleibenden Einnahmen zur Deckung seines ordent-= kularbeiträge durchzusetzen, ersolglos. Das aus 
lichen Bedarfs nicht ausreichten. Bald bekamen den Verhandlungen hervorgegangene G. vom 
die Einzelstaaten mehr als sie geben mußten 14. Mai 1904 (Rel. 169) brachte folgende 
(1883/72 und 1895/97), bald mußten sie mehr Umgestaltungen des R. unter teilweiser Anderung 
  
  
 
	        
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