Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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etwas Gesetz werden soll, ist zu unterscheiden 
das Recht zu einem bloßen, sei es endgültigen 
oder nur aufschiebenden, Veto. In Preußen 
kommt ein Gesetz erst durch die kgl. Sanktion 
zustande, welche immer der freien Bestimmung 
des Königs unterliegt. Insbesondere kann der 
König auch einem von der Regierung mit Allerh. 
Ermächtigung dem Landtage vorgelegten Ge- 
setzentwurfe, selbst wenn er unverändert vom 
Landtage angenommen worden ist, noch die 
Sanktion versagen. Die Sanktion kann auch 
noch nach Schluß der Sitzungsperiode erfolgen, 
indessen nach herrschender Ansicht nicht mehr, 
nachdem ein neues AbgH. gewählt worden ist. 
Für das Deutsche Reich steht dem Kaiser kein 
Recht der Sanktion zu (s. Reichsgesetze), 
vielmehr erfolgt die Sanktion der Reichsgesetze 
durch einen Beschluß des BR. Da in Preußen 
wie in anderen deutschen Staaten in demselben 
Akte das Gesetz sanktioniert und ausgefertigt 
wird, so ist die Sanktionsformel mit der Aus- 
fertigungsformel insofern verbunden, als jener, 
die an sich nur zu lauten brauchte: „Wir 
verordnen, was folgt“, noch der Hinweis auf 
die verfassungsmäßige Entstehung des Gesetzes 
durch die Worte: „mit Zustimmung der beiden 
Häuser des Landtags der Monarchie“ eingefügt 
ist. Diese Eingangsworte der Gesetze sind dann 
in entsprechender Weise auf die Reichsgesetze 
übernommen — „verordnen im Namen des 
Reichs, nach erfolgter Zustimmung des BR. 
und des RT.“ —, obwohl sie hier nicht ganz 
der Rechtslage entsprechen. 
Pabst, Die Sanktions= und die Publikationsbefugnis 
für Gesetze; Arndt, Zur Frage der Gesetzessanktion im 
Recht 1904, 205; Scheibke, Die Frist für Sanktion 
und Publikation von Gesetzen. 
Satzungen s. Statuten. 
Sanuggas-Kraftanlagen f. Gasberei- 
tungs- und Gasbewahrungsan- 
stalten. 
Säuglingsfürsorge. Die Tatsache, daß die 
Säuglingssterblichkeit im Deutschen Reiche im 
Verhältnis zu derjenigen in anderen Kultur- 
ländern hoch ist (in Norwegen 8,1, in England 
11,8, in Dänemark 12,1, in der Schweiz 12,7, 
in Frankreich 14,3, in Belgien 14,6, in Italien 
16,6, in Deutschland 18,5, in Osterreich 21,5, 
in Rußland 27,20 der Lebendgeborenen), hat 
sowohl die Staatsregierung als auch die privaten 
gemeinnützigen Organisationen zu besonderen 
Maßnahmen zu ihrer Herabminderung veranlaßt. 
In Preußen sind die Kreisärzte angewiesen, 
sich zweckmäßige Maßnahmen zur Bekämpfung 
der Säuglingssterblichkeit angelegen sein zu 
lassen. In erster Linie soll die künstliche Ernäh- 
rung der Säuglinge gefördert, daneben aber 
durch Belehrung, eingehende Überwachung des 
Milchverkehrs und Errichtung von Milchabgabe- 
stellen für Unbemittelte die künstliche Ernährung 
möglichst sachgemäß gestaltet werden. Auch 
wird die Errichtung von Stellen zur unentgelt- 
lichen Beratung von Schwangeren und Müttern 
sowie die Gewährung von Stillprämien emp- 
fohlen (§ 98a der Dienstanw. f. d. Kreisärzte 
vom 1. Sept. 1909 — MM Bl. 412). In dem- 
selben Sinne wirken zahlreiche örtliche private 
Organisationen, die in der „Preuß. Landes- 
zentrale für Säuglingsschutz“ ihren Mittelpunkt 
  
  
Satzungen — Schädliche Tiere und Pflanzen 
finden (ME. vom 18. Juli 1910 — MMBl. 
298). Eine Anstalt zur Unterstützung aller dieser 
Bestrebungen bildet das in Form einer vom 
Deutschen Reich und von Preußen mit erheb- 
lichen Mitteln unterstützten Stiftung errichtete 
„Kaiserin-Auguste-Viktoria-Haus zur Bekämp- 
fung der Säuglingssterblichkeit im Deutschen 
Reich“ in Charlottenburg. Nach seiner Satzung 
(M Bl. 1907, 214) hat dieses insbesondere die 
Aufgabe, die einschlägigen Fragen wissenschaft- 
lich und praktisch zu erforschen, Material über 
Säuglingssterblichkeit und S. aus allen Kultur- 
staaten zu sammeln und die Ergebnisse der For- 
schungs= und Sammlungstätigkeit durch Ver- 
öffentlichungen und Raterteilung nutzbar zu 
machen. 
Schächten der Schlachttiere s. Schlacht- 
methode. 
Schadenersatz (der Gemeinden bei öffent- 
lichen Aufläufen) s. Auflauf IV. 
Schädliche Tiere und Pflanzen. Dem Schutz 
gegen Einschleppung vom Auslande 
dienen Einfuhrverbote. Solche sind unter ande- 
rem erlassen zum Schutz gegen die Reblaus 
(s. Reblauskrankheit), gegen den Ko- 
loradokäfer (Verbot der Kartoffeleinfuhr 
aus Amerika (Kais. V. vom 26. Febr. 1875 — 
RGBl. 1357) und gegen die San José-= 
Schildlaus (Einfuhrverbote und Beschrän- 
kungen für lebende Pflanzen und frisches Obst 
gegen Amerika — V. vom 5. Febr. 1898, RG- 
Bl. 5 und gegen Japan — V. vom 6. Aug. 
1900, Roel. 791 —; durch § 3 der letzten V. 
ist der RK. ermächtigt, das Einfuhrverbot auch 
auf andere Gebiete auszudehnen, wovon gegen- 
über Australien Gebrauch gemacht ist, RK Bek. 
vom 2. Juni 1907 — Rl. 243). Was den 
Schutz im Inlande betrifft, so scheiden 
die größeren Tiere hier aus, deren schädliche 
Vermehrung im Wege der Jagdgesetzgebung 
und durch Gewährung von Abschußprämien (s. 
Schußgeld und Schußprämien) ent- 
gegengewirkt wird. Zum Schutz des polizeilich 
angeordneten Raupens dient die Strafvorschrift 
in § 368 Ziff. 2 StGB. Im übrigen bietet 
§s 34 des Feld-- und Forstpolizeigesetzes vom 
1. April 1880 für das Polizeiverordnungsrecht 
die erforderliche Grundlage, indem daselbst mit 
Geldstrafe bis 150 .K oder mit Haft das Zu- 
widerhandeln gegen die zum Schutze nützlicher 
oder zur Vernichtung schädlicher Tiere und 
Pflanzen erlassenen Polizeiverordnungen unter 
Strafe gestellt wird. Wegen des Erlasses solcher 
Polizeiverordnungen vgl. die AusfAnw. vom 
12. Mai 1880 (Mal. 187). Auf Grund dieser 
Ermächtigung sind namentlich zur Vertilgung 
der Blutlaus, der Heuschrecken, Maikäfer, Feld- 
mäuse und Hamster, stellenweise auch der Krähen 
(s. hierzu auch Vögel), sowie der Kleeseide, 
Seuchenblume und Distel Polizeiverordnungen 
erlassen. Betreffs der forstlichen Schädlinge 
(Nonnenraupe, Kiefernspinner, Borkenkäfer usw.) 
findet ein polizeilicher Zwang zu Vertilgungs- 
maßregeln im allgemeinen nicht statt, weil er bei 
der Massenhaftigkeit des Auftretens dieser Schäd- 
linge praktisch nicht durchführbar sein würde. 
Soweit menschliche Einwirkungen überhaupt 
möglich sind, handelt es sich wesentlich um forst- 
liche Kultur= und Betriebsmaßnahmen und 
  
 
	        
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