Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Schankwirtschaft 
dem verstorbenen Ehemann erteilte Erlaubnis 
zurückgenommen werden, wenn aus Hand- 
lungen und Unterlassungen der Witwe wäh- 
rend dieses Betriebs der Mangel der Eigen- 
schaften klar erhellt, die bei Erteilung der Er- 
laubnis vorausgesetzt werden mußten (OV G. 14, 
315). Dagegen kann die Witwe die Befugnis 
zum Weiterbetriebe weder auf Grund von Ver- 
schuldungen ihres verstorbenen Ehemannes noch 
auf Grund eigener Verschuldungen, die in der 
Zeit vor Erlangung der Befugnis liegen, ent- 
zogen werden (OV#G 15, 349). Wegen Mangels 
der bei der Erteilung der Erlaubnis voraus- 
gesetzten Eigenschaften des Betriebslokals kann 
zwar die Fortsetzung des Betriebs untersagt, die 
Erlaubnis zum Betrieb aber auch dann nicht 
entzogen werden, wenn der Mangel durch freie 
Handlungen oder Unterlassungen des Schank- 
wirts herbeigeführt worden ist (O# G. 31, 291). 
Wird die Aushändigung der Konzessionsurkunde 
von dem Nachweise der Errichtung gewisser Bau- 
  
lichkeiten abhängig gemacht und stellt sich heraus, 
daß der demnächst erbrachte Nachweis unrichtig 
ist, so kann die Konzession nicht wegen Unrichtig- 
keit der Nachweise entzogen werden. Die Polizei- 
behörde kann nur die Bestrafung herbeiführen 
und unmittelbaren Zwang anwenden (O G. 38, 
285). Zuständig ist dasjenige Verwaltungs- 
gericht, in dessen Bezirke das zum Betriebe der, 
S. bestimmte Lokal belegen ist (O G. 47, 331). 
Eine Entziehung liegt nicht vor, wenn die Polizei- 
stunde gekürzt wird (O G. 2, 390). 
3. Tod. Die Witwe und die minderjährigen 
Kinder können das Gewerbe durch einen gquali- 
fizierten Stellvertreter fortsetzen; die Witwe 
kann auch für sich selbst zur Fortsetzung des Ge- 
werbebetriebs eine neue Erlaubnis nachsuchen 
(s. Stellvertreter im Gewerbebe- 
triebe). 
4. Aufgabe (Berzicht). Ein Aufgeben 
liegt nur vor, wenn der Inhaber der Erlaub- 
nis sich der Möglichkeit begibt, den Betrieb 
ohne Zustimmung eines Dritten (Grundstücks- 
eigentümers oder Betriebsnachfolgers) wieder 
zu eröffnen oder wenn er ausdrücklich auf die 
Fortführung des Betriebs verzichtet (Erl. vom 
30. Juni 1892 — MBl. 349). Der Verzicht muß 
durch eine bestimmte Erklärung oder durch kon- 
kludente Handlungen kundgetan werden (O#G. 
vom 2. Febr. 1893 — PrBl. 14, 335 — und 
vom 10. April 1902 — Pr# Bl. 24, 72). Die 
Erlaubnis erlischt weder durch Konlurs (Erl. 
vom 7. Dez. 1877 — MBl. 1878, 17) noch durch 
Veräußerung (Zwangsversteigerung) des Hauses 
(O#VG. 17, 399; RGSt. 36, 155; Erl. vom 
8. Jan. 1888 — MBl. 45). 
IV. Ausübung des Gewerbebe- 
triebs. 1. Imallgemeinen. Die S. 
darf nur nach Maßgabe der Genehmigungsur- 
kunde ausgeübt werden. Andererseits darf die 
Polizeibehörde an das Lokal nachträglich keine 
neuen Anforderungen stellen (O##G. 5, 286; 
K 21 C62). Auf Räumllichkeiten, die bei der 
Erteilung der Erlaubnis nicht in Betracht ge- 
kommen sind, darf der Betrieb nicht ausgedehnt 
werden (OVG. 5, 278). Bei wesentlichen Ande- 
rungen des Lokals muß eine neue Erlaubnis 
nachgesucht werden (O##. 8, 275; 11, 328), 
  
  
jedoch bedarf es einer Erneuerung der Erlaub- 
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nis nicht, wenn auf der alten Betriebsstätte 
an Stelle der vorhanden gewesenen einge- 
gangenen Räumlichkeiten neue, zu ihrem Er- 
satz bestimmte, hergerichtet werden (O##. 8, 
278). Die Erlaubnis ist rein persönlicher Natur, 
sie kann nicht übertragen werden und erlischt 
mit dem Tode des Inhabers (OB. 7, 294; 
15, 349). Der Zwangsverwalter eines Grund- 
stücks kann das Schankgewerbe auf Grund der 
dem Eigentümer erteilten Erlaubnis ohne dessen 
Zustimmung nicht fortsetzen (O.G. vom 4. Jan. 
1904 — JMl. 105). Auch der Pächter bedarf 
einer neuen Erlaubnis, nicht aber der Stellver- 
treter (OB#G. vom 10. Mai 1883 — Pr Bl. 
4, 398). Bei regelmäßiger Beschäftigung von 
mindestens 20 Arbeitern muß eine Arbeits- 
ordnung (s. d.) erlassen werden (Erl. vom 
3. Dez. 1910 — HMl. 580). 
2. Gesetzliche Beschränkungen. 
Der ambulante Gewerbebetrieb (s. d. II 3) 
und der Gewerbebetrieb der S. im Umher- 
ziehen (s. d. 1II 1; VI) sind insofern einge- 
schränkt, als geistige Getränke (s. d.) in der 
Regel nicht feilgeboten oder verkauft werden 
dürfen. Lohnzahlungen dürfen in S. nicht statt- 
finden (s. Lohn II). Nach G. vom 20. Juli 
1881 (Rl. 249), abgeändert durch G. vom 
24. Juli 1909 (Rol. 891), muß an den 
S.echankge fäßen, die zur Verabreichung 
von Wein, Obstwein, Most oder Bier dienen, 
der Raumgehalt angegeben sein (s. Schank- 
gefäßeg). Die Vorschriften über die Sonn- 
tagsruhe (s. Sonntagsruhe im Ge- 
werbebetriebe I, wegen Verkaufs über 
die Straße Sonntagsruhe im Han- 
delsgewerbe, Automaten) finden auf 
S. keine Anwendung. Das gleiche gilt von den 
Vorschriften über offene Verkaufsstellen (s. d. 1) 
und nach GewO. § 154 Abs. 1 Ziff. 3 hinsichtlich 
der Bestimmungen über die Beschäftigung von 
Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern. 
3. Polizeiliche Beschränkungen. 
Der Schankbetrieb der S. ist nicht nur den all- 
gemeinen, von jedermann zu beachtenden Poli- 
zeivorschriften unterworfen, sondern kann auch 
nach Polizeigesetz vom 11. März 1850 (GS. 265) 
8 6 lit. e besonders polizeilich geregelt werden. 
Insbesondere ist die Festsetzung einer Poli- 
zeistunde (s. d.) zulässig. Durch die Polizei- 
verordnung über die Sonntagsheili- 
gung (s. d.) kann der Betrieb der S. während 
des Hauptgottesdienstes nicht untersagt werden. 
(KGJ. 24 C 98). Ferner kann der Branntwein- 
ausschank in der Zeit vor morgens 8 Uhr (OG. 
vom 28. Nov. 1885 — Pr Bl. 7, 114) oder 
während eines Ausstands (OV G. vom 5. Nov. 
1890 — PrBl. 12, 175) oder in der Zeit 
von morgens vor 9 Uhr und abends nach 7 Uhr 
an fremde Arbeiter (KGJ. 18, 224) verboten 
werden. Durch Polizeiverordnung kann der 
Verkauf geistiger Getränke an Trunken- 
bolde ½ d.) oder jugendliche Personen ge- 
regelt werden (s. Geistige Getränke); 
auch kann den Schülern der Aufenthalt in S. 
untersagt werden (OTr. vom 4. Nov. 1870 — 
Ml. 1871, 13). Gast= und Schankwirte können 
aber durch polizeiliche Versügungen in der Wahl 
der Kellner oder Kellnerinnen nicht beschränkt 
werden (O# G. 10, 288; 14, 323). Ebensowenig
	        
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