Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Schiedsgerichte in Rennangelegenheiten — Schiedsmänner 
sitzenden, die aus der Zahl der öffentlichen Be- 
amten vom HM. ernannt werden, und aus Bei- 
sitzern, deren Zahl vom HM. bestimmt wird, 
mindestens aber 32 betragen muß. Die Beisitzer 
müssen von der Generalversammlung der Knapp- 
schaftsvereine (s. d. VIII 3) zu gleichen Teilen 
von den Werksbesitzern oder ihren Vertretern 
und von den Knappschaftsältesten nach einfacher 
Stimmenmehrheit auf fünf Jahre aus ihrer 
Mitte gewählt werden (§ 186 b). Wählbar sind 
nur männliche, im Bezirke der beteiligten Knapp- 
schaftsvereine wohnende Personen, die die 
deutsche Reichsangehörigkeit besitzen, das 30. Le- 
bensjahr vollendet haben, der deutschen Sprache 
  
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mindestens fünf Mitgliedern. Über die Zusam- 
mensetzung der Großen Schiedsgerichte ist das 
Nähere aus dem Hof= und Staatshandbuche (für 
1911 S. 196) zu ersehen, sie bestehen aus einem 
vom Könige ernannten Vorsitzenden, je einem 
Rate des Ms„L. und des IM. und sechs tech- 
nischen von dem Union-Klub und den Renn- 
vereinen gewählten Mitgliedern. 
Schiedsmänner. I. Während die Schieds- 
richter (s. d.) Rechtsstreitigkeiten statt der sonst 
dazu berufenen Gerichte entscheiden, sollen 
die S. Rechtsstreitigkeiten vermitteln und aus- 
gleichen, so daß sie auf gütlichem Wege ohne 
Entscheidung erledigt werden. Zur Aufnahme 
in Wort und Schrift mächtig und zum Amt eines von Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, na- 
Schöffen fähig sind (§ 186 c). Der Vorsitzende 
und die Beisitzer werden vereidigt (§ 186 d). 
Die Beisitzer erhalten Reisekosten, Ersatz barer 1883 — Mhl. 1419. 
Auslagen und Ersatz für entgangenen Arbeits- 
verdienst. Sie können vom Oberbergamt wegen 
unpünktlichen Erscheinens zur Sitzung oder wegen! 
Nichterfüllung ihrer sonstigen Obliegenheiten mit 
Geldstrafen bis 500 . bestraft werden. Durch 
Beschluß des Oberbergamts können Beisitzer 
wegen Fortfalls der Wählbarkeit oder wegen 
grober Pflichtverletzungen des Amtes enthoben 
werden (§ 186e). Das Verfahren vor den 
Schiedsgerichten, die in Besetzung von fünf Mit- 
gliedern entscheiden, ist, soweit es im 
nicht geregelt ist, auf Grund des § 186 e durch 
tal. V. vom 29. Nov. 1907 (GS. 301) geregelt. 
Die Kosten des Schiedsgerichts trägt der Knapp- 
schaftsverein, für dessen Bezirk das Schieds- 
gericht gebildet ist. Erstreckt sich das Schieds- 
gericht über mehrere Knappschaftsvereine, so 
werden die Kosten durch das Oberbergamt nach 
der Mitgliederzahl verteilt. Die Kosten des Ver- 
fahrens trägt der Knappschaftsverein, 
dessen Entscheidung Berufung eingelegt ist 
(§ 186 h). Die Berufung ist binnen einem 
Aonat bei dem Schiedsgericht zu erheben; sie 
hat keine aufschiebende Wirkung (§S 186 k). 
Gegen die Entscheidungen der Schiedsgerichte 
steht beiden Teilen die Revision an das Ober- 
schiedsgericht in Knappschaftsangelegenheiten (s. 
d.) zu. 
Schiedsgerichte in Rennangelegenheiten. 
Streitigkeiten in Rennangelegenheiten sind durch 
die Statuten der Rennvereinc, denen sich die 
Teilnehmer an den Pferderennen auf Grund 
der Rennpropositionen unterwerfen, allgemein 
der schiedsrichterlichen Erledigung überwiesen. 
Die Bestimmungen darüber finden sich in den 
Reglements für das Große Schieds- 
gericht für Flachrennen und Ren- 
nen mit Hindernissen, Allerhöchst be- 
stätigt 11. April 1881 (mit den zahlreichen dazu 
ergangenen Nachträgen in dem Wochenrenn- 
kalender des Union-Klubs veröffentlicht) und für 
das Große Schiedsgericht für die (8# 
Trabrennen, Allerhöchst bestätigt 7. März 
1892 (samt den Nachträgen im Trabrennkalender 
veröffentlicht). Über Streitigkeiten entscheidet 
danach zunächst das bei jedem Rennverein ge- 
bildete Vereinsschiedsgericht. Seine Entschei- 
dung gilt als Schiedsspruch im Sinne der 8PO., 
wenn nicht dagegen die Entscheidung des Großen 
Schiedsgerichts angerufen wird. Die Großen 
Schiedsgerichte entscheiden in der Besetzung von 
gegen: 
§ 186 g. 
mentlich auch zur Beglaubigung von Unter- 
schriften, sind sie nicht befugt (Zirk. vom 8. Juli 
Sie haben in Preußen 
schon seit langer Zeit (seit 1827) eine segens- 
reiche Wirksamkeit entfaltet, von der aber viel- 
fach angenommen wird, daß sie, namentlich so- 
weit es sich um die freiwillig benutzte Tätigkeit 
der S. handelt, deren Inanspruchnahme und 
Erfolge mehr und mehr zurückgehen, durch eine 
andere Ausgestaltung der Einrichtung noch we- 
sentlich erhöht werden könnte. Die näheren Be- 
stimmungen, welche jetzt über sie gelten, sind 
in der Schiedsmannsordnung vom 29. März 
1879 (GS. 321) enthalten, zu deren Ausführung 
die Allg. Vf. vom 27. Aug. 1879 (Ml. 200; 
JMBl. 306) und vom 8. April 1882 (M Bl. 63: 
ändert und durch 8 
ZMꝛ vi. 87) ergangen sind und die durch § 35 
LStG. vom 31. Juli 1895 (GS. 413) — jetzt 
vom 30. Juni 1909 (G. 535) und Art. 3 
des G. vom 22. Sept. 1899 (GS. 284) abge- 
1 Nr. II, 10 der V. vom 
22. März 1891 (GS. 39) in Helgoland einge- 
führt worden ist. Dadurch, daß ein Ausländer 
zum S. bestellt worden ist, wird seine Naturali-- 
  
sation nicht ersetzt (OVG. 56, 279). 
II. Die Anrufung der S. ist teils obli- 
gatorisch, teils freiwillig. Das erstere gilt bei 
Beleidigungen insofern, als die Erhebung einer 
Privatklage, wenn die Parteien in demselben 
Gemeindebezirke wohnen, erst zulässig ist, nach- 
dem von dem S., in dessen Bezirke der Be- 
schuldigte wohnt, die Sühne erfolglos versucht 
worden ist (St Pe.e 5. 420). Im übrigen können 
die S. bei allen auf Antrag zu verfolgenden 
Beleidigungen und Körperverletzungen und in 
allen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten über ver- 
mögensrechtliche Ansprüche zum Zwecke der 
Sühneverhandlung als Vergleichsbehörde in An- 
spruch genommen werden (Schiedsmannsord- 
nung §§ 12, 33). Zuständig ist der S., in dessen 
Bezirke der Gegner des Antragstellers seinen 
Wohnsitz hat. Ein an sich unzuständiger S. 
wird jedoch durch ausdrüdliche oder stillschwei- 
gende Vereinbarung der Parteien zuständig 
13). In einzelnen Fällen ist der S. von 
der Ausübung seines Amtes kraft Gesetzes aus- 
geschlossen (§ 15), in anderen soll er oder kann 
er die Ausübung des Amtes ablehnen (88 16, 
17). Zu den Fällen, in denen er die Ausübung 
ablehnen soll, gehört der, daß er der Sprache 
der Parteien nicht mächtig ist. Gegen die Partei, 
welche nicht erscheint, ohne dies spätestens an 
dem dem Terminstage vorhergehenden Tage 
dem S. angezeigt zu haben, kann dieser eine
	        
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