Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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hoben werden und, mit Ausnahme der Ab- 
gaben für die Befahrung der nicht im Staats- 
eigentum befindlichen künstlichen Wasserstraßen, 
die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Her- 
stellung erforderlichen Kosten nicht übersteigen. 
Alle diese Abgaben sollen von den Angehörigen 
aller Vereinsstaaten auf völlig gleiche Weise, wie 
von den eigenen Angehörigen, ingleichen ohne 
Rücksicht auf die Bestimmung der Waren er- 
Heen werden.“ Die Bestimmungen im Art. 54 
RV. stehen der Erhebung von Abgaben auf 
den kanalisierten natürlichen Wasserstraßen nicht 
entgegen. Inwieweit S. auch für diejenigen 
Wasserstraßen zulässig sind, welche infolge von 
Regulierungsarbeiten eine von dem natürlichen 
Lauf wesentlich abweichende Gestaltung und 
ein künstliches Maß von Schiffbarkeit erlangt 
haben, ist streitig. Tatsächlich sind auch für einige 
Wasserstraßen der letztgedachten Art Abgaben 
eingeführt worden (vgl. unter III und IV). 
Da in § 19 des preuß. G. vom 1. April 1905, 
betr. die Herstellung und den Ausbau von 
Wasserstraßen (GS. 179), die Erhebung von S. 
auf den im Interesse der Schiffahrt regulierten 
Flüssen vorgesehen ist, so hat die preuß. Regie- 
rung in einem dem B. zur Stellungnahme 
vorgelegten Gesetzentwurfe eine anderweite Fas- 
sung des Art. 54 RV. dahin vorgeschlagen, daß 
in#allen Häfen und auf allen natürlichen Wasser- 
straßen S. für solche Werke, Einrichtungen oder 
sonstige Anstalten erhoben werden dürfen, die 
zur Erleichterung des Verkehrs bestimmt sind. 
Nach erfolgter Zustimmung des BR. ist der 
Gesetzentwurf dem Reichstage zur verfassungs- 
mäßigen Beschlußnahme vorgelegt. Die Er- 
ledigung des Gesetzentwurfs steht noch aus. Ge- 
mäß AdR. II, 15 §& 88 sind die S. von den- 
jenigen zu entrichten, die sich der Verkehrs- 
anstalten bedienen. — b) Nach § 91 a. a. O. 
kann der Staat allein die Abgaben bestimmen 
und den Tarif darüber vorschreiben. Die Fest- 
setzung der gebührenmäßigen S. gehört zum 
Hoheitsrechte der Krone, da der Volksvertretung 
verfassungsmäßig nur eine Mitbestimmung bei 
den Abgaben mit Steuercharakter zusteht. Über 
die mit staatlichen S. belegten Wasserstraßen 
wird den Kammern alljährlich bei Vorlegung des 
Staatshaushalts im Spezialetat für die Bau- 
verwaltung Mitteilung gemacht. Hinsichtlich der 
kommunalen S. gelten die Bestimmungen des 
Kommunalabgabengesetzes. Auf Grund des AE. 
vom 4. Sept. 1882 (G S. 360) ist die Befugnis zur 
Verleihung des Rechts auf Erhebung von Ver- 
kehrsabgaben und zur Festsetzung der Tarife über 
solche auf den MdöA. und den FM. überge- 
gangen. In den Erl. vom 18. Dez. 1882 und 
31. Mai 1883 (Ml. 1883 S. 2 u. 140) haben 
die Minister die Festsetzung der Tarife für unter- 
geordnete Wasserstraßen den Provinzialbehörden 
übertragen. Diese Maßnahme ist jedoch durch den 
Erl. vom 25. Juni 1909(MBl. 172) zurückgezogen. 
Nach demselben ist zu unterscheiden hinsichtlich 
der Zuständigkeit in Tarifsachen zwischen Befah- 
rungsabgaben und sonstigen Schiffahrtsgebühren. 
Zu den Befahrungsabgaben gehören 
alle dieienigen Gebühren, welche von Schiffen 
und Flößen als Entgelt für die Befahrung von 
Wasserstraßen zu entrichten sind, gleichviel ob sie burg 
nach dem Entfernungsmaßstabe oder nach Hebe- 
  
Schiffahrtsabgaben 
stellen erhoben werden. Dahin rechnen auch 
die besonderen Feuer= und Baken= oder Tonnen- 
gelder und die Gebühren für das Offnen von 
Brücken und die Benutzung von Mastenkranen 
an Brücken. Alle diese Tarise werden durch 
den Mdö. und den M. festgestellt. Die Fest- 
setzung der Lotsengebühren ist nach dem AE. 
vom 27. Aug. 1883 (GS. 339) Sache des HM. 
und des FM. Bei den Tarifen für örtliche 
Schiffahrtsanstalten wird unterschie- 
den zwischen staatlichen und nichtstaatlichen An- 
stalten und zwischen Anstalten für See= und 
Binnenschiffahrt. Die Tarife für staatliche An- 
stalten werden sämtlich in der Ministerialinstanz 
festgestellt, während hinsichtlich der nichtstaat- 
lichen Anstalten die tarifmäßige Festsetzung teils 
durch die Ministerialinstanz, teils durch die 
Provinzialbehörden erfolgt; s. hierüber des 
näheren unter Hafenabgaben I. Hinsicht- 
lich der Entrichtung der staatlichen Schiffahrts- 
abgaben ist in Preußen der Rechtsweg aus- 
geschlossen und das Verwaltungsverfahren ge- 
geben (V. vom 26. Dez. 1808 § 36); für kommu- 
nale Abgaben gilt das Verwaltungsstreitverfah- 
ren. S. auch unter Kanalabgaben und 
Verkehrsabgaben. 
II. Geschichtliche Entwicklung. a) Die 
Ausübung der Flußschiffahrt war während des 
Mittelalters und in der Folgezeit durch mannig- 
fache Abgaben beschränkt, welche in Form der 
Zölle erhoben wurden. Diese standen ursprüng- 
lich dem Könige zu, gingen später aber auf 
die Landesherren und die Reichsstädte über und 
wurden von ersteren auch vielfach an Landstädte 
und Privatpersonen weiter verliehen. Außer- 
dem entwickelte sich im Laufe des Mittelalters 
das sog. Stapel- und Umschlagsrecht im Interesse 
einiger Städte. Auch nachdem sich die Gewalt 
der Landesherren den Städten gegenüber mehr 
Geltung verschaffte, blieb man noch bei dem 
System der Privatzölle bestehen und fuhr fort, 
im Innern überall da Binnenzölle zu erheben, 
wo der Verkehr am leichtesten sich fassen ließ, 
vor allem auch auf den Flüssen. Auf der Elbe 
wurde durch Reichshofratsbeschluß von 1574 die 
Schiffahrt für frei erklärt, zugleich die Nieder- 
lags= und Stapelgerechtigkeit Lüneburgs aufge- 
hoben, dafür aber eine Verdoppelung der Zölle 
zu Bleckede, Hitzacker und Schnackenburg ein- 
geführt. Während des 30jährigen Krieges traten 
wieder Zollerhöhungen beträchtlicher Art ein und 
die so entstandenen Zollverhältnisse blieben im 
wesentlichen bis in das 19. Jahrh. hinein in 
Kraft. Die Havel und Spree erhielten 
1694 eine besondere Zollrolle, welche 1713 revi- 
diert wurde. Auf der mittleren Oder 
wurde 1628 für die Waren, die stromauf oder 
stromab verschifft wurden, dieselbe Abgabe fest- 
gesetzt, wie sie für die Beförderung auf dem 
Landwege zu entrichten war. Auf der unteren 
Stromstrecke wurden die 1660 festgesetzten Zölle 
  
durch die Zollrolle von 1724 wesentlich er- 
mäßigt; 1727 wurde sodann der Krossener Zoll 
herabgesetzt. Nach der Erwerbung Schlesiens 
und nach Eröffnung des Finowkanals wurden 
in der Zollrolle von 1754 die Oderzölle von 
Stettin bis Schlesien den Elbzöllen von Ham- 
bis Sachsen gleichgestellt. Für die 
Warthe und Netze wurde durch Vertrag von
	        
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