Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

480 
keit der Schiffe 1000 t bei 2,11 m Tiefgang, 
750 t bei 2 m Tiefgang, 600 t bei 1,75 m Tief- 
gang. Masurischer Kanal s. d. Als 
bedeutenderer Seekanalbau aus neuerer Zeit 
bleibt der Königsberger Seekanal zu 
nennen. Durch ihn wurde der Hafen von 
Königsberg 1889—1901 mit einem Aufwande 
von 12,3 Mill. Mark für große Seeschiffe zu- 
gänglich gemacht; der eigentliche Kanal durch 
das Haff ist 33 km lang und 6,5 m tief. Wegen 
der neuen Kanalprojekte nach dem Wasserstraßen- 
gesetz s. d. Neben der Ausführung seiner eigenen 
Kanalbauten beteiligte sich Preußen 1886 mit 
einer Vorausleistung von 50 Mill. Mark an der 
Summe von 156 739 000 ., welche das Deutsche 
Reich für den die Nordsee mit der Ostsee ver- 
bindenden Kaiser-Wilhelm-Kanal (s. d.) auf- 
wandte; die nunmehrigen Erweiterungskosten 
trägt das Reich allein. Der freien und Hanse- 
stadt Lübeck steuerte Preußen zu den Ausgaben 
für den von der Elbe zur Ostsee gegrabenen 
Elbe-Trave-Kanal (s. d.) ein Drittel im Höchst- 
  
betrage von 7,5 Mill. Mark bei. Gegenwärtig 
haben Binnenschiffahrtstraßen 
Deutschland Preußen 
km km 
Freier Flußlauf 9292 5700 
Kanalisierter Flußlauf 2469 2130 
Gegrabener Kanal 2515 1831 
zusammen 14276 9661 
nicht eingerechnet als Seekanäle: Kaiser-Wilhelm- 
Kanal 99 km, Königsberger Seekanal 33 km. 
2. Kanalbetrieb. Die Bedingungen, 
unter denen die Benutzung der Kanäle jeder- 
mann gestattet wird, sind in Schiffahrtpolizei- 
verordnungen (LVG. 8§§ 136 Ziff. 2, 138, 145 
Abs. 2; s. Schiffahrtspolizei für ein- 
zelne Strecken oder ein zusammengehöriges Ge- 
biet zusammengefaßt. Der Staat bedient die 
beweglichen Brücken, die Schleusen und Wehre. 
Die Beschaffung der Kähne und deren Fort- 
bewegung ist den Schiffahrttreibenden über- 
lassen; der Staat steht zu ihnen in keinem Ver- 
tragsverhältnis. Diese Rechtslage ändert sich, 
sobald der Staat selbst als Transportunternehmer 
auftritt, sei es, daß er seinerseits den Schiff- 
fahrtbetrieb in vollem Umfange übernimmt, sei 
es, daß er zwar nicht die Kähne, aber doch die 
  
Schiffahrtskanäle 
kosten bei der Verwendung von Dampfern sich 
teuerer stellen. Die Ufer sind besser für den 
Güterumschlag auszunutzen, wenn dort keine 
Gleise liegen. Allerdings stellen sich die Kosten der 
Befestigung der Ufer höher wegen des größeren 
Wellenschlages der Dampfer. Der Teltowkanal 
(s. u. III) ist für den Betrieb mit elektrischen 
Lokomotiven, auf den Seestrecken mit Schlepp- 
dampfern, eingerichtet. Der Schleppzug soll 
aus 2 Kähnen von 600 t oder 4 Finowkähnen 
bestehen und 4 km in der Stunde zurücklegen. 
Für den Personenverlehr fahren Motorboote. 
Bei den modernen Kanälen sind regelmäßig auf 
beiden Ufern Leinpfade (s. d.) ausgebaut, welche 
indessen nur der Schiffahrt dienen und sonst, von 
Ausnahmefällen abgesehen, dem Landverkehre 
verschlossen sind. 
3. Kanalhäfen. Soveit nicht Sonder- 
verbote entgegenstehen, können Fahrzeuge überall 
auf der freien Kanalstrecke löschen und 
laden. Die Ausbildung von Liegestellen und 
Hafenbecken für Umschlagzwecke überläßt der 
Staat den Beteiligten und gewährt nur im 
Falle ihrer geringeren Leistungsfähigkeit Bei- 
hilfen zu den Ausführungskosten. Die Anlagen 
bedürfen der strom= und schiffahrtspolizeilichen 
Genehmigung. Auf die Widerruflichkeit kann 
die Genehmigungsbehörde grundsätzlich nicht ver- 
zichten (OVG. 2, 422; 8, 215). Privatrechtliche 
Abmachungen über die Zulassung lehnt die 
Bauverwaltung ab (ME. vom 6. April 1907 — 
Mdöll. III 167). Die Zufuhrwege stellt der 
Hafenunternehmer her; sie bilden einen Teil 
der Anlage und unterstehen mit dieser seiner 
freien Verfügung, solange sie nicht rechtsgültig 
dem öffentlichen Verkehr gewidmet worden 
sind. Die Unternehmer erheben an vielen 
Stellen Hafenabgaben und erzielen daraus eine 
mehr oder minder bedeutende Rente. Viel- 
fach stößt die Schaffung der Einrichtungen in 
Verbindung mit Kanälen insofern auf Schwie- 
rigkeiten, als der Unternehmer mit seinem 
Grundbesitze nicht unmittelbar an den Wasser- 
weg grenzt und der dazwischenliegende Eigen- 
tümer sich seinem Vorhaben widersetzt. Sprechen 
Gründe des öffentlichen Wohles für die Durch- 
führung der Verbindung, so kann der Wider- 
stand mit Hilfe des Enteignungsrechts gebrochen 
werden. Es macht an sich keinen Unterschied, 
Zugkraft vorhält (BoB. § 631; RG. 45, 162; in welcher Weise die Verbindung gedacht ist; 
59, 305). Die Ausschließung privaten Wettbe- 
werbes führt zum Staatsmonopol (s. Schlepp- 
monopol). Sofern die Kähne nicht unter 
Segel oder mit eigener Maschinenkraft fahren, 
werden sie durch Staken und durch freifahrende 
Schlepper, vom Ufer aus durch Menschen= oder 
Pferdekraft oder durch Lokomotiven fortbewegt. 
Nach den Entwürfen, wie sie bei den Beratungen 
des Wasserstraßengesetzes in der Kommission des 
Abg H. vorlagen, war elektrischer Treidel- 
betrieb auf der Ems-Weserstrecke, Dampferzug 
auf dem Rhein-Herne-Kanal und allen Zweig- 
kanälen in erster Linie in Aussicht genommen. 
Neuerdings rechnet man bis auf weiteres all- 
gemein mit der Fortbewegung durch freifahrende 
Dampfschlepper. Die Kosten der Einrichtung 
der elektrischen Treidelei würden den Verkehr in 
der Zeit seiner ersten Entwicklung zu stark be- 
lasten, obschon die Betriebs- und Unterhaltungs- 
  
es kann ebensowohl eine Wegeanlage wie ein 
Stichkanal, ein Eisenbahngleis, eine Luftbahn 
in Frage kommen. Nur scheinbar steht damit 
in Widerspruch, daß die Praxis der Staats- 
eisenbahnverwaltung Anschlußgleise an Kanäle, 
selbst wenn sie für die Allgemeinheit gebaut 
werden, als Privatanschlußbahnen (s. d.) auf- 
faßt. Denn der Grundsatz (Runderlaß vom 
26. Juni 1894 — Z. f. Kleinb. 427) gilt ledig- 
lich für die Behandlung der Anlagen im Sinne 
des § 43 des Kleinbahngesetzes vom 28. Juli 
1892. Gehören sie als Bestandteil zu einer 
Eisenbahn oder Kleinbahn, so werden sie wie 
diese Unternehmungen behandelt. Sind sie in 
sich selbständige Unternehmungen, dienen sie 
aber nicht nur dem Güteraustausch mit der 
Wasserstraße, sondern dem allgemeinen Güter- 
verkehr, so gelten sie je nach der wirtschaftlichen 
Bedeutung als Kleinbahnen oder Nebenbahnen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.