Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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33 C 27) — innerhalb des Gemeindebezirks das 
Fleisch von Schlachtvieh, welches sie nicht in 
dem öffentlichen S., sondern an einer anderen 
innerhalb eines durch den Gemeindebeschluß fest- 
zusetzenden Umkreises gelegenen Schlachtstätte 
geschlachtet haben, oder haben schlachten lassen, 
nicht feilbieten dürfen (vgl. KGI. 39 C77). Diese 
Beschlüsse bedürfen einer Genehmigung nicht 
(Schlachthausgesetz 82 Ziff. 4—6). Das Einführen 
von frischem Fleisch zu eigenem Bedarf unterliegt 
keinen Beschränkungen (KG9J. 10, 168; 13, 273; 
RGSt. 18, 351). Die Bestimmung eines Orts- 
statuts, daß das Feilbieten frischen Fleisches von 
solchem Schlachtvieh, das außerhalb des S., 
aber innerhalb des Umkreises geschlachtet wor- 
den ist, den in der Gemeinde das Schlächter- 
gewerbe betreibenden Personen verboten ist, 
ist ungültig (KG J. 14, 266). Das Schlachten 
außerhalb des Gemeindebezirks kann zur Ver- 
hütung der Umgehung des Schlachthauszwangs 
nicht verboten werden (XGJ. 25 C 41). 
V. Gebühren. Für die Benutzung des 
S., sowie für die Untersuchung des Schlacht- 
vichs oder Fleisches können, abgesehen von den 
unter III bezeichneten Fällen, Gebühren er- 
hoben werden. Der Tarif bedarf nur, soweit 
er sich auf die Untersuchung eingeführten frischen 
Fleisches bezieht (s. unter III), der Genchmi- 
gung des BezA. (Schlachthausgesetz § 5 Abs. 1; 
* 2 Abs. 2; 886. 34, 64). Die Höhe der Tarif- 
sätze ist so zu bemessen, daß die für die Unter- 
suchung zu entrichtenden Gebühren, die Kosten 
der Untersuchung und die Gebühren für die 
Schlachthausbenutzung, den zur Unterhaltung 
der Anlagen, für die Betriebskosten, sowie zur 
Verzinsung des Anlagekapitals und der etwa 
gezahlten Enutschädigungssumme erforderlichen 
Betrag nicht übersteigen. Ein höherer Zins- 
fuß als 8 0% und eine höhere Amortisationsquote 
als 10% nebst den ersparten Zinsen darf nicht 
berechnet werden (Schlachthausgesetz § 5; KA#. 
§ 11 Abs. 2, 3). Die Gebühren für die Unter- 
suchung und die Schlachthausbenutzung dürfen 
nicht einheitlich festgesetzt werden (O### G. 34, 64; 
Erl. vom 18. Febr. 1901 — HMl. 6). Der 
Einwand, daß die Anlage zu luxuriös sei, ist 
unstatthaft (OVG. vom 23. Dez. 1902 — Pr- 
VBl. 24, 322). 
in S. s. Kühlhäufer. 
Schlachthauszwang s. Schlachthäu— 
"Ellachtmethoden. Eine S. ist dann als gut 
und zweckmäßig anzusehen, wenn bei der 
Schlachtung der Tod rasch und ohne unnötige 
Qualen eintritt. Die Haltbarkeit des Fleisches 
wird ferner gefördert, wenn die Ausblutung 
möglichst vollständig erfolgt, da Blut leicht in 
Fäulnis übergeht. Die üblichen S. bestehen in 
einem einfachen Verblutenlassen nach Bruststich, 
Halsschnitt, Genickstich, Genickschlag, oder in 
einem Verblutenlassen nach Betäubung mittels 
Keulen-, Hammer-, Hackenschlags oder mittels 
Schlachtmaske, Schußmaske, Bolzenschußappa- 
rais. Zu den erstgedachten Methoden gehört 
auch das Schächten, die bei den Ilraeliten 
und Mohammedanern übliche Tötungsart. Die 
Israeliten halten sich durch ihre Religionsgesetze 
gebunden, die Schlachttiere zu schächten oder 
auf den Fleischgenuß zu verzichten. Als die 
Wegen der Kühlzellen 
  
Schlachthauszwang — Schlachtsteuer 
humansten und auch zweckmäßigsten S. werden 
von sachverständiger Seite diejenigen angesehen, 
bei denen die Blutentziehung nach vorheriger 
Betäubung erfolgt. Gegen die einfachen Blut- 
entziehungsmethoden, insbesondere gegen das 
Schächten, sind daher vom Standpunkte der 
Humanität häufig Bedenken erhoben worden. 
Schächtverbote, die durch Polizeiverordnungen 
erlassen wurden, sind jedoch wieder aufgehoben, 
nachdem seitens der zuständigen Minister eine 
Regelung der Frage, ob mit einer S. eine Tier- 
quälerei verbunden sei, in dieser Form als 
unzulässig bezeichnet war. Dagegen haben 
neuerdings einige Schlachthausgemeinden in 
den von ihnen für die Schlachthausbenutzung er- 
lassenen Regulativen das Schächten als Tötungs- 
art verboten (s. Schlachthäuser I1I). Mit 
besonderer Schärfe ist der Streit über die Ver- 
träglichkeit des Schächtens mit humanen Rück- 
sichten bei den Beratungen im Reichstag über 
die Abänderung der strafgesetzlichen Vorschriften 
über die Tierquälerei wieder entbrannt. Die 
Schlachthoftierärzte haben hierbei ziemlich ein- 
mütig und entschieden gegen das Schächten 
Stellung genommen. Uber den gegenwärtigen 
Stand der Frage, ob die Tötung mittels 
Schußapparats vor allen anderen Tötungsarten 
den Vorzug verdiene, hat die Technische De- 
putation für das Veterinärwesen unter dem 
29. Okt. 1908 ein verneinendes Gutachten ab- 
gegeben (MBlMfL. 1909, 89). 
Schlachtsteuer. Die S. war früher zusammen 
mit der Mahlsteuer (s. d.) eine wichtige Ein- 
nahmequelle des preuß. Staates. Sie wurde 
in den 132 größeren Städten erhoben, während 
die kleineren Städte und das Land an Stelle 
dessen eine (direkte) Klassensteuer entrichteten. 
Die S. war für die Schlachtung von Rindvieh, 
Schafen, Ziegen und Schweinen, sowie bei der 
Einfuhr von Fleisch und Fett in die betreffenden 
Städte zu zahlen. Neben der Staatssteuer, die 
ursprünglich einen Taler für den Zentner Fleisch 
betrug, später aber etwas erhöht wurde, waren 
kommunale Zuschläge zugelassen (G. vom 30. Mai 
1820 — GS. 134). Die Sicherung des Steuer- 
aufkommens machte es nötig, den Verkehr zwi- 
schen den Städten und den umliegenden Ort- 
schaften gewissen steuerlichen Kontrollen und 
Beschränkungen zu unterwerfen. Die S. (ebenso 
wie die Mahlsteuer) wurde deshalb, und weil ihr 
vorgeworfen wurde, daß sie besonders die un- 
bemittelten Volksklassen belaste, stark angefoch- 
ten, wiewohl sich die Bevölkerung daran gewöhnt 
hatte und sie kaum als besonders drückend oder 
belästigend empfand. Schließlich sah sich die 
1Regierung genötigt, dem Drängen der Gegner 
der Steuern nachzugeben; durch das G. vom 
25. Mai 1873, betr. die Aufhebung der Mahl- 
und Schlachtsteuer (G . 222), wurde die Mahl- 
steuer gänzlich, die S. als Staatssteuer beseitigt 
und durch die Klassensteuer ersetzt. Als Ge- 
meindesteuer durfte sie in den Städten, in denen 
sie bestand, im Betrage der früheren Steuer 
(einschließlich des kommunalen Zuschlages) fort- 
erhoben werden, wenn die Lage des städtischen 
Haushaltes dies erforderte und die örtlichen Ver- 
hältnisse dazu geeignet befunden wurden. Diese 
Ermächtigung hat mit dem 1. April 1910 ihr 
Ende erreicht (ZollTG. vom 25. Dez. 1902
	        
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