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Aufgaben die gleichen Vorschriften gelten wie
in den östlichen Provinzen. In Gemeinden mit
mehr als 300 Einw. wird ein kollegialischer
Gemeindevorstand gebildet und zu diesem Zweck
außer den S. (in den Landgemeinden drei S.,
in den Städten fünf Stadträte) noch ein
„Beigeordneter“ gewählt, welcher Stellvertreter
des Bürgermeisters ist. Für die Wahl und
Wählbarkeit, die Bestätigung und Entschädigung
des Beigeordneten und der S. gelten im wesent-
lichen dieselben Vorschriften wie in vessen Rassau
(§T 54—67). — S. auch Gemeinde (Kom-
munal')ämter, Gemeindebeamte.
II. Wegen der S. in den Städten s. Bei-
geordnete und Magistratspersonen.
Literatur s. bei Landgemeindeordnungen.
Schöffengerichte. I. Die altdeutschen S., bei
denen der Richter oder Gerichtsherr mit Schöffen
(scabini) das Recht zu weisen hatte, blieben
nach der Einführung des röm. Rechtes in
Deutschland nur in einzelnen Landesteilen mit
sehr untergeordneter Wirksamkeit und in ver-
schiedener Gestaltung in Tätigkeit. Zu einer
allgemeinen Einrichtung sind sie erst wieder
durch die Reichs-Justizgesetze (s. d.) von 1879 ge-
Ihr Wesen besteht darin, daß bei ihnen
die Laien mit dem Richter gleichberechtigt ein
worden.
Kollegium zur Entscheidung der leichtesten Straf-
fälle bilden, während die schwersten durch die
Schwurgerichte, und die mittleren durch die
lediglich mit rechtsgelehrten Richtern besetzten
Schöffengerichte
dung ihnen von den Strafkammern der Land-
gerichte bei Eröffnung des Hauptverfahrens auf
Antrag der Staatsanwaltschaft üderwiesen wer-
den kann und überwiesen worden ist (GB.
§* 29 und GV. 8§ 75 in der Fassung des G.
vom 5. Juni 1905).
III. Insoweit das Gesetz nicht Ausnahmen be-
stimmt (vgl. über eine solche St PO. 8§ 319,
üben die Schöffen während der Hauptverhand-
lung das Richteramt im vollen Umfang und mit
gleichem Stimmrechte wie der Amtsrichter aus
und nehmen auch an denjenigen im Laufe einer
Hauptverhandlung zu erlassenden Entscheidungen
teil, welche in keiner Beziehung zu der Urteils-
fällung stehen und auch ohne mündliche Ver-
handlung erlassen werden können. Die außer-
halb der Hauptverhandlung erforderlichen Ent-
scheidungen werden von dem Amtsrichter allein
erlassen (O#ch. #§# 30: Si#. ## 19, 403
Abs. 2). Die ienserrichtung des Schöffen
ist zwar ein öffentliches Amt (vgl. St GB. § 31),
der Schöffe aber kein Beamter; er steht insoweit
dem Geschworenen gleich. Ihre zivilrechtliche
Haftung bestimmt sich nach § 839 Abs. 2 BG.
Das Amt eines Schöffen ist ein Ehren-
amt, das nur von einem Deutschen versehen
werden kann (GVG. § 31). Die Schöffen
erhalten jedoch Reisekosten oder Reiseentschädi-
gung (GV. § 55; AGGVG. 8 36). Gewisse
Personen sind zu dem Amte unfähig (GW.
§ 32), nämlich Personen, welche die Befähigung
Strafkammern entschieden werden. Nach dem infolge strafgerichtlicher Verurteilung verloren
1908 veröffentlichten Entwurf einer Straf- " haben, gegen welche das Hauptverfahren wegen
prozeßordnung und Novelle zum Gerichtsver= eines Verbrechens oder Vergehens eröffnet ist,
fassungsgesetze sollen auch bei den Strafkammern das die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte
in erster Instanz Schöffen zugezogen werden., oder der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher
II. Die S. werden bei den Amtsgerich = Amter zur Folge haben kann, und welche infolge
ten gebildet und bestehen aus gerichtlicher Anordnung in der Verfügung über
dem Amtsrichter als V orsitven= ihr Vermögen beschränkt sind (Entmündigung,
den und zwei Schöffen (GVG. Konkurseröffnung), andere sollen dazu nicht
## 25, 26). Für Helgoland, das an sich zum berusen werden (GVG. 8§§ 33, 34; A-
Amtsgericht Altona gehört, wird ein besonderes GW. 8§ 33), insbesondere noch nicht 30 Jahre
Schöffengericht gebildet (G. vom 18. Febr. 1891 alte Personen, die Empfänger von Armen-
S. 11 — § 8; G. vom 4. Juni 1893 — RG-— unterstützung (vgl. jedoch hierzu das G. vom
Bl. 193— t. L. Sie sind zuständig für alle Uber-= 15. März 1909 — R#Bl. 319), Gebrechliche,
tretungen, diejenigen Vergehen, welche nur mit Dienstboten, Minister und gewisse Reichs= und
Gefängnis von höchstens drei Monaten oder Staatsbeamte, alle richterlichen Beamten und
Geldstrafe von höchstens 600 .f (, allein oder Beamte der Staatsanwaltschaft — dazu gehören
neben Haft oder in Verbindung miteinander nicht die Hilfsbeamten der Staatsanwalischaft
oder in Verbindung mit Einziehung, bedroht
sind, mit einigen Ausnahmen, für die Privat-
klagesachen wegen Beleidigung, für die nur auf
Antrag zu verfolgenden Körperverletzungen, für
die im Wege der Privatklage zu verfolgenden
Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz gegen den
unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909 (Re-
Bl. 499) und für eine Anzahl eeinzeln bezeich-
neter Vergehen, teils schlechthin, teils wenn
der Wert oder Schaden 150 .K nicht übersteigt
(GVG. 88 27, 28 in der Fassung des G. vom
5. Juni 1005 — R#Bl. 533), ferner für die
Zuwiderhandlungen gegen das Feld= und Forst-
polizeigesetz vom 1. April 1880 (8 53 das.),
die Zuwiderhandlungen gegen das G., betr.
den Forstdiebstahl, vom 15. April 1878 in den
Fällen des Forstdiebstahls unter erschwerenden
Umständen oder im dritten und ferneren Rück-
falle (§§ 6, 8, 19 Abs. 1 das.) und diejenigen
Straffachen, deren Verhandlung und Entschei-
(Ml. 1890, 263) —, Religionsdiener, Volks-
schullehrer und aktive Militärpersonen, noch
andere bürfen die Berufung ablehnen (G.
# 35), B. Mitglieder einer deutschen ge-
Segetenden Versammlung, Arzte, Apotheker
ohne Gehilfen, 65 Jahre alte und solche Per-
sonen, welche im letzten Jahre die Verpflich-
tung eines Geschworenen oder an wenig-
stens fünf Sitzungstagen die Verpflichtung
eines Schöffen erfüllt haben. Zu den richter-
lichen Beamten, welche nicht berufen werden
sollen, gehören die Mitglieder des Oberverwal-
tungsgerichts und die ständigen Mitglieder der
Bezirksausschüsse (§ 33 Nr. 4 AGGVG.), d. i.
die ernannten Mitglieder der Bezirksausschüsse
im Gegensatze zu den gewählten (Vf. vom
20. Dez. 1883 — Ml. 1884, 6). Die Bestim-
mungen über die Fähigkeit zum Amte eines
Schöffen sind ausgedehnt worden, z. B. auf
die Beisitzer der im Bezirke der Oberbergämter