Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Schöffenlisten — Schonzeit des Wildes 
zu bildenden Schiedsgerichte (G. vom 19. Juni 
1906 — GS. 199 — § 186 Abs. 1) und auf 
die Beisitzer der durch das Kalisalzgesetz er- 
richteten Verteilungsstelle (Ausf Best. vom 9. Juli 
1910 — RGBl. 925 — zum VI. Abschn. Ziff. 16). 
Amtsvorsteher können zum Schöffenamte be- 
rufen werden (Vf. vom 21. Nov. 1890 — MBl. 
236). Durch die Berufung zum Schöffen 
wird die Naturalisation eines Ausländers 
nicht ersetzt (OVG. 56, 279). Der Ge- 
meindevorsteher stellt bis zum 1. Aug. jedes 
Jahres das Verzeichnis der Personen auf, welche 
zum Schöffenamte berufen werden können (die 
Urliste), und sendet sie nach Auslegung in der 
Gemeinde nebst den etwa erhobenen Einsprachen 
bis zum 1. Sept. jedes Jahres an den Amts- 
richter (GVG. §8 36—38; Vf. vom 18. Jan. 
1882 — MBl. 26; JMl. 18). Bei dem Amts- 
gerichte tritt alljährlich ein Ausschuß zusammen, 
welcher über die Einsprachen entscheidet und die 
für das nächste Jahr bestimmte Zahl von Haupt- 
schöffen und Hilfsschöffen (für Vertretungsfälle) 
auswählt. Der Ausschuß besteht aus dem Amts- 
richter als Vorsitzenden und einem von der 
Landesregierung zu bestimmenden Staatsver- 
waltungsbeamten sowie sieben Vertrauens- 
männern als Beisitzern. Die Vertrauensmänner 
  
werden aus den Einwohnern des Amtsgerichts- 
bezirkes gewählt. 
Die Wahl erfolgt nach näherer 
Bestimmung der Landesgesetze durch die Ver- 
tretungen der Kreise, Amter, Gemeinden oder 
dergleichen Verbände; wenn solche Vertretungen 
nicht vorhanden sind, durch den Amtsrichter. 
Letzterer hat die Vertrauensmänner vornehm- 
lich aus den Vorstehern der vorbezeichneten 
Verbände zu wählen. Zur Beschlußfähigkeit des 
Ausschusses genügt die Anwesenheit des Vor- 
sitzenden, des Staatsverwaltungsbeamten und 
dreier Vertrauensmänner. Der Aueschuß faßt 
seine Beschlüsse nach der absoluten Mehrheit 
der Stimmen. Bei Stimmengleichheit ent- 
scheidet die Stimme des Vorsitzenden. In Preu- 
den sind diese reichsrechtlichen Vorschriften (GBG. 
#§ 40) dahin ergänzt worden, daß der Staats- 
verwaltungsbeamte — d. i. ein Beamter der 
unmittelbaren Staatsverwaltung (Landräte, 
Kreissekretäre, im Reg.-Bez. Sigmaringen Ober- 
amtmänner, in Posen Distriktskommissare, Ober- 
förster, Domänenbeamte, kgl. Steuerempfänger, 
Beamte der indirekten Steuerverwaltung usw.), 
Vf. vom 10. Mai 1879 (Ml. 145) — und 
zugleich ein Stellvertreter desselben von dem 
Regierungspräsidenten zu bestellen ist, die Ver- 
trauensmänner durch die Kreisvertretungen, in 
den hohenzoll. Landen durch die Amtsvertretun- 
gen, gewählt werden, wenn sich der Bezirk des 
Amtsgerichts über mehrere wahlberechtigte Ver- 
bände erstreckt, die von jedem einzelnen Ver- 
bande zu wählende Anzahl der Vertrauens- 
männer unter Berücksichtigung der Einwohner- 
zahl durch den Amtsrichter zu bestimmen ist, auf 
die zu wählenden Vertrauensmänner die Vor- 
schriften der §§ 32—35 GVG. über die Berufung 
um Schöffen= und Geschworenenamt ent- 
sorechende Anwendung finden, die Wahl nach 
der absoluten Mehrheit der Stimmen erfolgt 
und die Vertrauensmänner in derselben Weise 
wie die Schöffen Reisekosten oder Reiseentschädi- 
gung erhalten. Wegen der Tagegelder und Reise- 
  
  
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kosten der Staatsverwaltungsbeamten s. Erl. vom 
22. Mai 1879 (Ml. 146). Da nur das eine, 
und zwar das vorsitzende Mitglied in der Person 
des Amntsrichters ein für allemal gesetzlich be- 
zeichnet ist, so muß die Zusammensetzung des 
Ausschusses alljährlich aufs neue erfolgen. Zu 
diesem Behuf muß alljährlich eine neue Nam- 
haftmachung des in den Ausschuß zu deputieren- 
den Staatsverwaltungsbeamten durch die Re- 
gierungspräsidenten sowie eine neue Namhaft= 
machung und Neuwahl der sieben Vertrauens- 
männer durch die wahlberechtigten Kommunal= 
verbände stattfinden. Die vom Ausschuß Aus- 
gewählten werden in gesonderte Jahreslisten 
aufgenommen. Die Tage der ordentlichen 
Sitzungen des S. werden für das ganze Jahr 
im voraus festgestellt; die Reihenfolge, in welcher 
die Hauptschöffen an den einzelnen Sitzungen 
teilnehmen, wird seitens des Amtsrichters durch 
Auslosung in öffentlicher Sitzung kestimumnt 
(GVBG. §§8 39—45; AMGGWV. 8§§ 34—36; Allg- 
Af. vom 22. Juli 1879— JMBl. 195 — g8 3,5; 
Erl. vom 18. Okt. 1879 — Ml. 1880, 51; für 
Helgoland einige Besonderheiten: G. vom 4. Juni 
1893 — RGBl. 193 — und G. vom 8. April 
1894 — GS. 31). Die Schöffen werden 
bei ihrer ersten Dienstleistung in öffentlicher 
Sitzung für die Dauer des Geschäftsjahrs be- 
eidigt (GVGG. § 51). Für unentschuldigtes Aus- 
bleiben ist eine Ordnungsstrafe (GV. 8 56), 
für das Vorschützen einer unwahren Tatsache 
als Entschuldigung außerdem noch Gefängnis- 
strafe bis zu zwei Monaten angedroht (StGB. 
§ 138). S. auch Schwurgerichte. 
Otker, Verfahren vor den Schwurgerichten und 
den Schöffengerichten; derselbe, Schwurgerichte 
und Schöffengerichte, Archiv für Rechts= und Wirt- 
schaftsphilosophie 2, 223. 
Schöffenlisten s. Schöffengerichte III. 
Schonreviere (Laichschonreviere) s. Fische- 
reigesetz II. 
Schonungen. Die Befugnis des Waldbesitzers 
zur Anlegung von S. gegenüber konkurrieren- 
den Interessen des Forstberechtigten ist gewahrt 
durch das Landeskulturedikt vom 14. Sept. 1811 
(GS. 300) 85 26— 29, 33. Strafrechtlicher 
Schutz gegen unbefugtes Betreten: St. s 368 
Ziff. 9. 
Schonzeit bei Fischen s. Fischerei- 
gesetz II, Fischereiverordnungens: 
bei Vögeln s. d. III; beim Wilde s. Schon- 
zeit des Wildes. 
Schonzeit des Wildes. I. Schonzeit (Setz-, 
Hegezeit) ist dieienige Zeit, innerhalb deren die 
Ausübung der Jagd auf gewisse jagdbare Tiere 
verboten ist. Die Anordnung von Schonzeiten 
verfolgt den Zweck, die Erhaltung eines ange- 
messenen Bestandes bestimmter Wildarten im 
volkswirtschaftlichen Interesse zu sichern. Bei 
Abmessung der Schonzeiten ist daher darauf 
Bedacht zu nehmen, daß das Wild während der 
zur Erhaltung seiner Art wichtigsten Zeit, näm- 
lich der Zeit des Fortpflanzungsgeschäfts und 
der Zeit, in der die Jungen nicht ohne Eltern 
oder wenigstens Mutter leben können, vor Nach- 
stellungen bewahrt wird. Der reinen Durch- 
führung dieser Forderung stehen aber mancherlei 
andere Rücksichten gegenüber, die nicht außer 
acht gelassen werden dürfen: besonders die Rück- 
sicht auf die Landeskultur, den Schutz der Feld-
	        
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