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teiligung der Gemeinden aus der Zahl der
Befähigten die Lehrer der öffentlichen Volks-
schulen an. Art. 25. Die Mittel zur Errichtung,
Unterhaltung und Erweiterung der öffentlichen
Volksschulen werden von den Gemeinden, und
im Falle des nachgewiesenen Unvermögens er-
gänzungsweise vom Staate aufgebracht. Die
auf besondern Rechtstiteln beruhenden Ver-
pflichtungen Dritter bleiben bestehen. Der Staat
gewährleistet demnach den Volksschullehrern
ein festes, den Lokalverhältnissen angemessenes
Einkommen. In der öffentlichen Volksschule
wird der Unterricht unentgeltlich erteilt. In
Art. 26 wurde sodann bestimmt, daß ein be-
sonderes Gesetz das ganze Unterrichtswesen
regeln sollte, und in Art. 112 vorgeschrieben,
daß es bis zum Erlaß dieses Gesetzes hinsichtlich
des Schul- und Unterrichtswesens bei den jetzt
seltenden gesetzlichen Bestimmungen bewenden
ollte.
III. In Befolgung dieser Verfassungsvor-
schriften entwarf der Minister v. Ladenberg
sofort ein allgemeines Unterrichtsgesetz und ließ
es den kirchlichen Behörden zur Begutachtung
zugehen. Bevor noch diese Gutachten ein-
gegangen waren, legte der Minister sein Amt
nieder. Sein Nachfolger v. Raumer erklärte
am 26. Febr. 1852 im Abgeordnetenhause, daß
er nicht willens sei, ein allgemeines Unterrichts-
gesetz vorzulegen, da dasselbe nur lauten könne:
es bleibt im wesentlichen bei den bisherigen
Bestimmungen. Veränderungen im Schulwesen
seien mehr von der Einwirkung der Behörden
zu erwarten. Dagegen nahm der Minister
v. Bethmann-Hollweg (1858) die Frage
wieder auf und legte dem Staatsministerium
einen Gesetzentwurf vor über das gesamte Unter-
richtswesen mit Ausnahme der nicht als eigent-
liche Unterrichtsanstalten zu erachtenden Universi-
täten. Der Entwurf kam nicht zur Vorlage
an den Landtag; ehe der Antrag auf Einbringung
gestellt wurde, trat ein Wechsel in der Leitung
des Ministeriums ein (1862). Der Minister
v. Mühler glaubte zunächst sich auf die
dringend notwendige Regelung des öffentlichen
Volksschulwesens beschränken zu sollen. Die
hierüber in den Jahren 1865, 1867, 1869 vor-
gelegten Entwürfe fanden aber mit Ausnahme
eines auf die Witwenversorgung bezüglichen
nicht die Billigung des Landtages. Der Minister
entschloß sich daher im November 1869 zur Vor-
lage eines allgemeinen Unterrichtsgesetzes, dessen
Beratung im AbgH. indes nur wenig gefördert
wurde. Die weitern Verhandlungen wurden
durch den Ausbruch des Franz. Krieges unter-
brochen, demnächst durch den Rücktritt des
Ministers (Januar 1872) erledigt. Der Minister
Falk (1872—1879) begann seine Amtstätigkeit
mit der Durchbringung des Schulaufsichtsgesetzes
vom 11. März 1872 (s. Schulaufsicht I).
Im übrigen hatte er ein allgemeines Unterrichts-
gesetz vorbereitet, das aber aus finanziellen
Gründen nicht zur Vorlage gelangte (s. Sten B.
des AbgH. 1881 S. 1538). Eine durch die
Reichsgesetzgebung herbeigeführte Regelung der
Gerichtsbarkeit und Disziplin über Studierende
(s. Studierende) war das einzige Ergebnis
der Gesetzgebung dieser Zeit. Der Minister
v. Goßler beschränkte sich wiederum auf den
Schulgesetzgebung
Entwurf eines Volksschulunterhaltungsgesetzes
und konnte denselben im AbgH. am 6. Febr. 1884
(Sten B. S. 1220 ff.) als sertig bezeichnen. Er
gelangte aber nicht an den Landtag, nur ein
Teil über die dringend notwendige Pensionie-
rung der Lehrer wurde als Initiativantrag
vom AbgH. ausgenommen und führte zu dem
G. vom 6. Juli 1885 (s. Pensionierung
der Lehrer). Dreei weitere Gesetze, vom
26. Mai 1887 über die Feststellung von Anfor-
derungen für Volksschulen (s. Feststellungs-
verfahren in Volksschulsachen), vom
14. Juni 1888 und vom 31. März 1889 über
staatliche Zuschüsse zu den Volksschullasten
(s. Staatsbeiträge für Volksschulen III 1)
sollten den gesteigerten Druck der Schullasten
mildern. Im weitern gab die Reform der Land-
gemeindeverfassung 1890/91 Anlaß zur Auf-
stellung eines allgemeinen Entwurfes zur Rege-
lung der Rechtsverhältnisse der öffentlichen
Volksschule überhaupt. Der Entwurf wurde in
der Kommission des AbgH. eingehend beraten,
scheiterte schließlich aber an dem Widerspruch des
Zentrums, dessen Wünsche bezüglich der Kon-
fessionalität der Volksschule, der Erteilung des
Religionsunterrichts und der Regelung des
Privatunterrichtswesens nicht berücksichtigt waren.
Der Minister nahm im März 1891 seine Ent-
lassung. Der Minister Graf Zedlitz (1891/92)
unternahm es, auf Grund der bei diesen parla-
mentarischen Verhandlungen gewonnenen Er-
gebnisse eine umfassendere Regelung der Volks-
schulverhältnisse herbeizuführen. Insbesondere
wollte er auch die Lehrerbildung und das Privat-
schulwesen ordnen. Entsprechend der allgemeinen
politischen Lage stützte er sich auf die konservative
Partei und das Zentrum. Sein Entwurff scheiterte
ebenfalls an der hierdurch geschaffenen und durch
das Vorgehen der Majoritätsparteien verschärften
Schwierigkeit der Situation. Die Frage eines
Schulgesetzes war damit vertagt. Der Nachfolger
Minister Dr. Bosse bemühte sich inzwischen durch
die Lösung der Lehrerbesoldungsfrage (s. Lehrer-
besoldung), die Einführung der Ruhegehalts-
kassen (s. d.), die Ordnung der Witwenkassen und
Waisenversorgung (s. Witwen= und Waisen-
versorgung der Volksschullehrer),
die Regelung der Pensions= und Reliktenverhält-
nisse der Lehrer von mittleren und höheren
Schulen (vgl. Gyoymnasiallehrer, Be-
soldungs= usw. Verhältnisse III)
dem Lehrerstande eine angemessene Stellung zu
geben. Die Universitätsfrage blieb von dieser
ganzen Bewegung unberührt. Das G., betr.
die Disziplinarverhältnisse der Privatdozenten,
vom 17. Juni 1898 (s. Universitäts-
lehrer I ist auf diesem Gebiete die einzige
gesetzgeberische Aktion.
IV. Auf die Dauer konnten die Volksschul-
verhältnisse nicht ungeordnet bleiben. Der
Minister Studt hatte auch ihnen von An-
fang an seine Aufsmerksamkeit zugewendet.
Die politische Parteikonstellation brachte es
mit sich, daß in der umstrittensten Frage, der
konfessionellen, die Konservativen sich immer
mehr den Mittelparteien näherten, und so schließ-
lich eine Verständigung herbeigeführt wurde,
welche auch vom Standpunkte des Zentrums
akzeptiert werden konnte. Damit war die Voraus-