Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Schulpatron — Schulpflicht 
(OVG. vom 3. Febr. 1911, VIII. C. 205, 1909; 
s. auch erste Ausf.-Anw. vom 25. Febr. 1907 — 
U BBl. 305 IV 1, zweite Ausf.-Anw. vom 
2. Juli 1977 I Abs. 6 — U BBl. 633). Soweit 
die Verpflichtungen des Fiskus nicht auf 
einem guts= oder grundherrlichen oder Domanial= 
verhältnis beruhen, gilt die Vermutung, daß sie 
auf besonderen Titeln beruhen. Die bisherigen 
Leistungen des Fiskus aus § 45 der Schul- 
ordnung für die Prov. Preußen vom 11. Dez. 
1845 (s. Schulunterhaltung III 2) 
werden fortgewährt. Auch die Leistungen des 
#§ 44 a. a. O., auf die § 45 verweist, sind, soweit 
der Fiskus in Betracht kommt, aufrechterhalten. 
An Stelle der Lieferung des Brennbedarfss in Holz 
oder Torf tritt eine Geldrente, welche auf 5 44 
für den Raummeter weiches Klobenholz zu be- 
messen ist. Diese Geldrente ist sowohl auf An- 
trag des Verpflichteten als des Berechtigten mit 
sechsmonatiger Kündigung zum fünfundzwanzig- 
fachen Betrag ablösbar (§ 32 Abs. 4 Sch G.) 
S. auch Schul vermögen. 
Schulpatron ist die dem Kirchenpatronat ent- 
lehnte Bezeichnung für den Gutsherrn der 
Schule (s. Gutsherrschaften IV). Mit 
dem Kirchenpatronat hat das sog. Schulpatronat 
nichts gemein (s. Schul vorstände). Wegen 
der Patronate bei höheren Schulen s. Höhere 
Unterrichtsanstalten II. x 
Schulpflicht. I. Die S. um faßt die Ver- 
pflichtung der Eltern und ihrer Stellver- 
treter, zu denen der Vormund als solcher nicht 
gehört (AUBBl. 1909, 377), den Kindern den- 
jenigen Unterricht zuteil werden zu lassen, welcher 
für die öffentlichen Volksschulen vorgeschrieben. 
ist (s. Vu. Art. 21 Abs. 2: „Eltern und deren 
Stellvertreter dürfen ihre Kinder oder Pflege- 
befohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, 
welcher für die öffentlichen Volksschulen vorge- 
schrieben ist“). Die S. kann durch den Besuch 
der öffentlichen Volksschule des Wohnorts oder 
einer anderen öffentlichen Volksschule, oder einer 
anderen öffentlichen Schule oder Privat- 
schule, oder durch Erteilung von Privatunter- 
richt erfüllt werden. Es muß nur in ange- 
messener Zeit das Ziel der Volksschule erreicht 
werden, insbesondere kann dies bei den im 
Privatunterricht befindlichen Kindern geprüft, 
und falls die Prüfung ungenügende Leistungen 
ergibt, die Uberweisung an die öffentliche Volks- 
schule angeordnet werden (UZ##Bl. 1859, 241; 
Ml. 1847, 258; Erk. des KG. vom 25. Febr. 
1909 — UZBBl. 735). Inländische Kinder 
können ohne Genehmigung der Schulaufsichts- 
behörde der S. nicht durch Besuch einer aus 
ländischen Schule genügen (U Bl. 1883, 
152; 1902, 295; 1904, 365; 1909, 734). Mit meh- 
reren deutschen Bundesstaaten sind Verträge 
über die gegenseitige Durchführung der S. ge- 
schlossen (s. Erl. vom 13. Nov. 1876 — Ug#Bl. 
683). Die S. erstreckt sich auch auf alle obli- 
gatorischen Teile des Schulunter- 
richts, auch auf den Religionsunter- 
richt, sofern die Kinder nicht in einer anderen 
Religion nach den Gesetzen des Staates (ALR. 
II, 12 §& 11) erzogen werden, während die- 
jenigen Kinder, welche in gar keiner Religion 
erzogen werden, an dem Religionsunterricht teil- 
zunehmen haben (Erl. vom 3. März 1844 — 
  
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 2. Aufl. II. 
Bremen, 
  
513 
U Gl. 1871, 46 — und vom 16. Jan. 1892 — 
U 3BBl. 435; s. Dissidenten sowie E. v. 
Preuß. Volksschule, 1905, 588 ff.); 
auch auf die Beteiligung an Schulfeier- 
lichkeiten, Schulfesten, Schüler- 
ausflügen, insbesondere aus Anlaß na- 
tionaler Gedenktage (NGJ. 13, 377, Erl. vom 
8. Januar 1903 — UßBBl. 228); auch auf 
die von den Lehrern gegebenen, im aufssicht- 
lichen Interesse angeordneten Nachhilfe- 
stunden (UBBl. 1907, 347); sie umfaßt auch 
die Pflicht zur Beschaffung der Lernmittel 
(UBBl. 1880, 468) sowie die BVerpflichtung, 
sich der Schulzucht zu fügen (UZBl. 1907, 
347). In Preußen ist die S. einge führt durch 
die Allerh V. vom 28. Sept. 1717 (Mylius, 
corpus const. March. I, 1, 527), näher begrenzt 
durch die Vorschriften des ALR. II, 12 88§ 43 ff., 
welche durch die Kab O. vom 14. Mai 1825 (GS. 
149) für den damaligen Umfang der Monarchie 
in Geltung getreten sind. Ahnliche Vorschriften 
bestehen in den neuerworbenen Landesteilen 
(Schl Holst. Schulordnung vom 24. Aug. 1814 
§§ 31, 65; Lauenburg. Landschulordnung vom 
10. Okt. 1868 §8 13—15; Hann. Volksschulgesetz 
vom 26. Mai 1845 §§ 3—6 und G. vom 2. Jan. 
1905; AusfAnw. vom 15. Aug. 1905 — U Bl. 
634; Nass. Schulordnung von 1817 88 41—43; 
Kurhess. Ausschreiben vom 2. Jan. 1818 und V. 
vom 17. Febr. 1353 uff.). 
II. Beginn und Ende der S. Nach 
den Bestimmungen des ALR. beginnt das 
schulpflichtige Alter mit dem zurück- 
gelegten 5. Lebensjahre. Auch nach § 65 der 
Schulordnung für Schleswig-Holstein vom 24. Aug. 
1814 hebt die Schulpflichtigkeit der Kinder auf 
dem Lande vom Anfange des 6. (oder spätestens 
7.) Jahres an. Nach § 1 der Schulordnung für die 
Prov. Ost= und Westpreußen vom 11. Dez. 1845 
kann jedes Kind schon nach vollendetem 5., soll 
aber nach vollendetem 6. Lebensjahre zur Schule 
geschickt werden (vgl. für Hannover G. vom 
26. Mai 1845 F 4 und Instr. vom 31. Dez. 1845: 
Vollendung des 6. Lebensjahres; für Kurhessen 
KI. 3, 366 desgl., ferner nass. Edikt von 1817 
88 2—4 und Schulordnung von 1818 §§ 41, 44, 
45 desgl., endlich lauenburg. Schulordnung von 
1868 § 13 desgl.). Tatsächlich beginnt die S. 
jetzt in der Regel erst mit Bollen dungdes 
6. Lebensjahres. Was das Ende der 
S. betrifft, so weichen auch hier die bestehenden 
Gesetze voneinander ab. Das ALR. und die 
KabO. vom 14. Mai 1825 setzen der allgemeinen 
S. keine bestimmte Grenze, sondern wollen sie 
andauern lassen, bis das Kind die jedem ver- 
nünftigen Menschen seines Standes notwendigen 
Kenntnisse gefaßt hat. Für das ehemalige Her- 
zogtum Nassau endet die S. mit dem voll- 
endeten 14. Lebensjahre (Schulordnung von 
1817 § 41). Das hannoversche Schulgesetz 
vom 26. Mai 1845 §F 5 verweist auf die territo- 
rialen Schulordnungen, welche meist sich an das 
14. Lebensjahr halten (s. G. vom 2. Jan. 1905 
und AusfAnw. vom 15. Aug. 1915 — UBl. 
634). Nach § 2 der Schulordnung für die Prov. 
Ost-und Westpreußen dauert der Schul- 
unterricht bis zum vollendeten 14. Lebensjahre. 
In besonderen Fällen kann die Entlassung ein 
bis zwei Jahre hinausgeschoben werden. In der 
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