Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Schulunterricht in den Vollsschulen 
Geschichte, Geographie, Naturkunde und für 
die Knaben Turnen, für die Mädchen weib- 
liche Handarbeiten. In der einklassigen Volks- 
schule verteilen sich die Stunden auf die ein- 
zelnen Gegenstände und Stufen wie folgt: 
  
Unterstuse Mittelstuse Oberstufe 
Religion 4 5 5 
Heuuch 7 11 10 8 
echnen 
Raumlehre 4 2 5 
Zeichnen. — 1 2 
Realien — 6 6 
Singen 1 2 2 
Turnen J 1 2 2 
(Handarbeit) 
21 30 30 
In der mehrklassigen Schule: 
Unterstuse Mittelstufe Oberstufe 
Religio 4 4 4 
Deutsch . 11 8 8 
Rechnen 4 4 4 
Raumlehre — — 2 
Zeichnen. — 2 2 
Realien — 6 6 (8) 
Singen 1 2 2 
Turnen 1 2 2 2 
(Handarbeit) 
22 28 30 (32) 
In der Halbtagsschule und in der Schule 
mit zwei Lehrern und drei Klassen treten die 
nötigen Veränderungen nach Maßgabe des Be- 
  
dürfnisses ein. Eine Lehrstunde der Mittel- und 
Oberstufe kann auf Bibellesen verwandt werden 
(n#Bl. 1884 S. 829, 832). Über die Lehr= und 
Stoffpläne, das Unterrichtsverfahren und die 
Besprechung der Lehrstoffe — namentlich der 
Lesestücke, Gedichte, Kirchenlieder, biblischen und 
weltgeschichtlichen Erzählungen — ist neuer- 
dings der ausführliche Erl. vom 31. Jan. 1908 
(U#BBl. 379) ergangen. Im allgemeinen sollen 
die Lehr= und Stoffpläne nicht zu viel 
enthallen, um eine wirkliche Durchdringung zu 
ermöglichen. Das Unterrichtsverfahren 
soll die S. lbsttätigkeit anregen, sich nicht blos 
in Frage und Antwort vollziehen. Die Be- 
sprechung der Lehrstoffe doerf nicht zur Zer- 
splitterung führen (Erl. vom 31. Jan. 1978 
Nr. 1—3). Im Einzelnen: 1. Wegen des Reli- 
gionsunterrichts s. d. 2. Was den 
Unterricht im Deutschen betrifft, so 
schließt derselbe die Uübungen im Sperechen, 
  
# 
Lesen und Schreiben in sich. Diese Gegenstände 
müssen auf allen Stufen in organischem Zu- 
sammenhange miteinander bleiben und soweit 
dies angeht, in gleichmäßigem Fortschritte ge- 
fördert werden. Die Übungen im münd- 
lichen Ausdruck erfordern keinen ab- 
gesonderten Unterricht. Sie bereiten vielmehr 
den Schreib= und Leseunterricht vor und be- 
gleiten ihn auf seinen weiteren Stufen. Ihre 
Stoffe nehmen sie auf der Unterstufe von den 
einfachsten und den Kindern zumeist bekannten 
Gegenständen, auf der Mittelstufe von Gruppen- 
bildern u. dgl., auf der oberen von den Sprach- 
stücken des Lesebuches. Ihr formelles Ziel ist, 
  
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Befähigung des Schülers zu richtiger und deut- 
licher Aussprache jedes einzelnen Wortes und 
zum freien Ausdruck seiner Gedanken im ein- 
fachen Satze, die Befähigung zum korrekten 
und sicheren Ausdruck im zusammengesetzten 
Satze unter Überwindung der gewöhnlichen 
Fehler im Gebrauche der Wortformen und in 
der Satzbildung, und endlich die Befähigung zur 
freien und richtigen Wiedergabe fremder Stoffe, 
wie zur Ordnung und klaren Darstellung der 
eigenen Gedanken (Best. Ziff. 23). In der 
mündlichen Darstellung ist einerlei 
bestimmte Fassung zu vermeiden Im Schrift- 
lichen sind tägliche kleine Niederschriften 
aus den verschiedenen Unterrichtsfächern und 
dem Erlebten zu fördern. Der Inhalt der 
Aufsätze ist gleicherweise zu wählen, der Form 
möglichste Freiheit zu lassen. Grammatische 
Besprechungen sind zu beschränken (Erl. vom 
31. Jan. 1908 Nr. 4). Im übrigen ist der 
Unterricht im Schreiben und Lesen 
nach der im Seminar des betreffenden Be- 
zirks eingeführten Methode zu erteilen; die 
Anwendung der Buchstabiermethode ist aus- 
geschlossen. Ziel ist: für die Unterstufe die 
Befähigung der Kinder, zusammenhängende 
Sprachstücke richtig lesen und kurze Sätze nicht 
nur ab-, sondern auch selbständig aufschreiben 
zu können, für die Mittelstufe diejenige, ganze 
Sprachstücke in gebundener und ungebun- 
dener Rede, in deutscher und lateinischer 
Schrift ohne Anstoß und sinnrichtig zu lesen, 
ein einfaches Diktat richtig aufzuschreiben 
und ein nach Form und Inhalt leichtes 
Sprachstück selbständig niederzuschreiben. Auf 
der Oberstufe sind die Schüler dahin zu 
führen, daß sie schwierigere Sprachstücke, deren 
Inhalt ihrem Lebenskreise nicht zu fern liegt, 
leicht und mit Ausdruck vom Blatt lesen, Diktate 
dieser Art fehlerfrei niederschreiben und auch 
größere Sprachstücke richtig wiedergeben können. 
Für die Ubung im Schreiben werden 
besondere Schreibstunden auf der Mittel- und 
auf der Oberstufe der Schule mit einem oder 
zwei Lehrern, sowie in den Mittelllassen der 
sspr#nsstden Schule eingerichtet. In den Ober- 
klassen der letzteren kann die Übung außerdem 
zum Gegenstand häuslicher Aufgaben gemacht 
werden. Ziel des Unterrichts ist die Aneignung 
einer sauberen, deutlichen und gewandten Schrift 
in allen, auch in schnell gefertigten Schriftsätzen. 
Die Resultate eines guten Unterrichts müssen 
demnach in allen Heften der Schüler zum Vor- 
schein kommen. Als Inhalt der Vorschriften 
empfehlen sich volkstümliche Sprichwörter, gute 
und zeitgemäße Muster von geschäftlichen Formu- 
laren und Aufsätzen (Best. Ziff. 24). In den Ober- 
klassen mehrklassiger Schulen sind für Unterricht 
und Ubung in der deutschen Sprach- 
lehre besondere Stunden anzusetzen; in der 
Schule mit einem oder zwei Lehrern ist derselbe 
mit dem übrigen Sprachunterricht zu verbinden. 
Ziel ist für die Mittelstufe: Kenntnis des ein- 
sachen Satzes und der einfachsten Verhältnisse 
aus der Wortlehre; für die Oberstufe: der er- 
weiterte Satz und weitergehende Belehrungen aus 
der Wort= und Wortbildungslehre (Best. Ziff. 25). 
Dem gesamten Unterricht im Deutschen liegt 
fortschreitend auf den verschiedenen Stufen, die das Lesebuch zugrunde. Bei der Behandlung
	        
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