Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Schutzbriese — Schutzgebiete 
MfL. (MBl. 33), ferner Erl. des MfL. und des 
MdöA. vom 3. Okt. 1905, betr. Feuerschutz- 
anlagen an Eisenbahnen in Waldungen (E##- 
Bl. 263). 
Schutzbriefe sind Kais. Verordnungen, durch 
welche von privater Seite erworbene Kolonial- 
gebiete unter bestimmten, die von den Er- 
werbern auszuübenden Staatshoheitsrechte näher 
regelnden Festsetzungen dem Schutze und der 
Aufsicht des Reiches unterstellt wurden. Der- 
artige S. sind seinerzeit u. a. der Deutsch-Ost- 
afrikanischen Gesellschaft und der Neu-Guinea- 
Kompagnie (unterm 27. Febr. und 17. Mai 
1885) erteilt worden. Auf Grund späterer 
Abmachungen (s. V. vom 1. Jan. 1891 — 
REGBl. 1; V. vom 1. April 1899 — Kol- 
Bl. 227) ist indessen auch in diesen Kolonien 
die Verwaltung in vollem Umfange auf das 
Reich übergegangen, so daß die Kolonialgesell- 
schaften in ihrer Tätigkeit nur noch auf wirt- 
schaftliche Unternehmungen beschränkt sind. 
Schützenfeste s. Schützengilden. 
Schützengilden. Die Entstehung der S. reicht 
in das Mittelalter zurück (urkundlich zuerst 1387 
erwähnt). Sie waren ursprünglich Verbindungen 
der wehrhaften städtischen Bürger zur Ubung in 
den Waffen und genossen mancherlei Privilegien; 
in der neueren Zeit haben sie ihre Bedeutung 
verloren und verfolgen in der Hauptsache neben 
Übung im Schießen gesellige Zwecke. An sich 
bedürfen S. keiner besonderen Genehmigung 
(Reskr. vom 9. Juni 1832 — v. Kamptz 16, 434). 
Sofern sie jedoch, abgesehen von ihren geselligen 
wecken, als gemeinnützige Anstalten anzusehen 
sind, was im Einzelfalle nach den lokalen Ver- 
hältnissen zu beurteilen und insbesondere bei 
dem Vorhandensein von Immobilliarbesitz an- 
zunehmen ist, unterliegen sie als solche nach der 
herrschenden Verwaltungspraxis den Bestim- 
mungen des § 11 zu 44 der Oberpräsidialinstr. 
vom 31. Dez. 1825 (GS. 1826, 1). Ihre Statuten 
bedürfen dementsprechend, falls nicht die Ab- 
änderung landesherrlicher Satzungen in Frage 
steht, die vom Könige zu genehmigen ist, der 
Bestätigung des Oberpräsidenten. Sie werden 
zugleich in diesem Falle als kommunale In- 
stitute behandelt, welche der Aufsicht der Magi- 
strate unterworfen sind, vorbehaltlich der orts- 
polizeilichen Aufsicht in bezug auf Aufzüge, 
Feste usw. (Erl. vom 10. Febr. 1864 — MBl. 40; 
Erl. vom 1. Sept. 1864 — nicht veröffentlicht — 
und KabO. vom 11. Jan. 1840 — Ml. 82). 
Juristische Persönlichkeit konnten die S. früher 
nur durch landesherrlichen Erlaß erlangen; 
gegenwärtig erhalten sie Rechtsfähigkeit durch 
Eintragung in das Vereinsregister gemäß § 21 
Be. Die Fahnen der S. dürfen weder kirch- 
lich geweiht, noch auch von Geistlichen, selbst 
ohne Ornat, eingesegnet werden; ebensowenig 
darf über dem Grabe verstorbener Mitglieder 
geschossen werden (KabO. vom 13. Nov. 1844 
— Ml. 305). Die Allerhöchste Verleihung von 
Fahnen an S. findet nur in ganz ausnahms- 
weisen Fällen statt (Erl. vom 2. April 1901); 
dagegen ist aus Anlaß von Jubiläden die Ver- 
leihung sog. Schützenadler üblich, welche bei 
festlichen Anlässen von dem Vorsteher der Gilde 
an einem schwarz-weißen Bande getragen wer- 
den (Erl. vom 30. Mai und 7. Juni 1902). 
  
  
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Die Abgabe von Schüssen für den König bedarf 
keiner besonderen Genehmigung (Erl. vom 
26. Okt. 1889 — MBl. 227). Für den König 
erschossene Preise sollen dem betreffenden 
Schützen überwiesen werden (Erl. vom 16. Okt. 
1894 — Mnl. 194). Wegen der Beschränkun 
der Schützenfeste vgl. MBl. 1842, 266. S. auch 
Abzeichen und Normalstatuten. 
Schutzgebiete. I. Das Deutsche Reich hat 
seit 1884 in Afrika, Australien (Südsee) 
und Ostasien eine Reihe von Gebieten teils 
durch völkerrechtliche Okkupation, und zwar 
vielfach unter Abschluß von Schutzverträgen 
mit Stammeshäuptlingen und Erteilung von 
Schutzbriefen an Kolonialgesellschaften, teils durch 
völkerrechtliche Verträge mit anderen Staaten er- 
worben und seiner Schutzgewalt unterworfen. 
Diese Kolonien, amtlich S. genannt, sind: 
1. Deutsch = Südwestafrika (ursprünglich Erwer- 
bungen des Kaufmanns Lüderitz, später der 
Deutschen Kolonialgesellschaft für Südwest- 
afrika) mit 835 100 cqkm Flächeninhalt und 
131 791 (darunter 11 791 weißen) Einw.; 2. Ka- 
merun mit 495 600 qkm und 1 8301 127 
(1127) Einw.; 3. Togo mit 87 200 qkm und 
1 000 330 (330) Einw.; 4. Deutsch-Ostafrika 
(ursprünglich Erwerbungen des Dr. Karl Peters 
namens der Gesellschaft für deutsche Koloni- 
sation, später Deutsch-Ostafrikanische Gesell- 
schaft) mit 995 000 qkm und 10 003 387 
(3387) Einw.; 5. Neu-Guinea (Kaiser-Wilhelms- 
land und Bismarck-Archipel nebst nördlichen 
Salomonsinseln, ursprünglich Erwerbungen der 
Neu-Guinea-Kompagnie) mit 240 000 dlm 
und 300 656 (656) Einw.; 6. Karolinen mit 
Palau und Marianen, Marschall-Inseln (ein 
Gebiet, von welchem die drei erstgenannten 
Inseln durch Staatsvertrag mit Spanien vom 
30. Juni 1899 erworben und durch Kais. V. 
vom 18. Jan. 1906 — RGBl. 138 — mit dem S. 
der Marschall-Inseln, zu denen auch die Brown- 
und Providence-Inseln gehören, vereinigt wur- 
den) mit 2476 qkm und 56 421 (421) Einw.; 
7. Kiautschou (durch Staatsvertrag mit China 
vom 6. März 1898 vorläufig auf 99 Jahre mit 
vollen Hoheitsrechten gepachtet) mit 501 qkm 
und 34 484 (1484) Einw.; 8. Inseln der Samoa- 
gruppe (Sawalüt und Upolu, durch Teilungs- 
abkommen mit England und Amerika vom 
14. Nov. und 2. Dez. 1899 erworben) mit 
2572 akm und 33 468 (468) Einw. (vgl. be- 
züglich der Größen= und Bevölkerungsziffern. 
das Statistische Jahrbuch für das Deutsche Reich 
1910, außerdem auch: Hans Meyer, Das deutsche 
Kolonialreich, 1909/10). 
II. Die Schutzgewalt des Reichs hat 
territoriale Natur und staatsrechtlichen Charakter; 
sie ist die sich immer mehr Aufgaben stellende 
souveräne Staatsgewalt über die S. und, nach- 
dem eine Ausübung von Hoheitsrechten durch 
Kolonialgesellschaften nicht mehr stattfindet, jetzt 
nur noch durch die in verschiedenen S. den 
Stammeshäuptlingen zugestandenen Privilegien 
obrigkeitlicher Natur, namentlich in bezug auf 
Gerichtsbarkeit und Besteuerung, etwas ein- 
geengt. Die S. stehen danach zum Deutschen 
Reich nicht nur in einem völkerrechtlichen, son- 
dern auch in einem staatsrechtlichen Abhängig- 
keitsverhältnis. Sie sind aber nicht Teile des 
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