532 Schutzgebiete
Bundesgebiets (s. d.). Gesetze und Staatsver= behalten zugunsten des Kais. Verordnungsrechts
träge des Reichs finden daher auf sie nur in= (z. B. im Sch G. §§ 4, 5, 6, 7 Abs. 3, 16, im G.
soweit Anwendung, als dies ausdrücklich be= über die Konsulargerichtsbarkeit vom 7. April
stimmt ist oder sich daraus ergibt, daß das 1900 — RGBl. 213.— 898.20—23, 26, 33, 37, 39).
betreffende Gesetz seine Wirkungen nicht an die Auf den übrigen Gebieten ist das grundsätzliche
Voraussetzung eines im Reichsgebiet realisierten Verordnungsrecht des Kaisers nur in einzelnen
Tatbestandes knüpft. Wo ein heimisches Gesetz Beziehungen durch die unter III erwähnten
wischen „Inland“ und „Ausland“ unterscheidet, und andere Reichsgesetze durchbrochen worden.
ind daher die S. je nach dem Zwecke dieser Soweit es auf § 1 Sch G. beruht tlgenerelles
Unterscheidung dem ersteren oder dem letzteren Verordnungsrecht), ist der Kaiser an einer üÜber-
zuzuzählen, soweit nicht positive Gesetzesvorschrif= tragung seiner Befugnisse auf untere Organe
ten hierüber bestehen, wie z. B. im Schutzgebiets. nicht gehindert; er hat davon auch weitgehenden
gesetz § 9 hinsichtlich des Verlustes der Staats= Gebrauch gemacht. Eine Delegation seines
angehörigkeit und des Verbots der Doppelbe= speziellen, d. h. auf anderen besonderen
steuerung (vgl. ferner G. über die Konsular-Gesetzesvorschriften beruhenden Verordnungs-
gerichtsbarkeit § 26). Die S. nehmen also die rechts ist dagegen nur insoweit angängig, als
Stellung von Reichsnebenländern mit besonderer dies gesetzlich ausdrücklich zugelassen ist.
Organisation ein. Von den eigentlichen S. sind V. Unter dem Kaiser steht an der Spitze der
die Interessensphären (s. d.) zu unter-- gesamten Kolonialverwaltung der Reichs-
scheiden. kanzler, dem zur Erfüllung seiner Auf-
III. In den S. gilt nicht das öffentliche gaben das durch AOrder vom 17. Mai 1907
deutsche Recht; ihr Grundgesetz ist in erster Linie (R#Bl. 239) geschaffene Reichskolonial-
das Schutzgebietsgesetz (Sch G.) in der amt (s. d.), dem „die gesamte Verwaltung der
Fassung der Bek. vom 10. Sept. 1900 (RcBl.., einschließlich der Behörden und Beamten“
812), neben welchem noch andere Reichsgesetze unterstellt ist (Kais. V. vom 12. Dez. 1894 —
und Verordnungen in Betracht kommen, so KBl. 647), und für Kiautschou infolge AOrder
namentlich das G. über die Einnahmen und Aus= vom 27. Jan. 1898 (MVBl. 63) das Reichs-
gaben der S. vom 30. März 1892 (ReBl. 369), marineamt mit einer besonderen Ab-
abgeändert durch G. vom 18. Mai 1908 (Ro Bl. teilung, benannt „Zentralverwaltung für das S.
207); das Schutztruppengesetz vom 18. Juli 1896 Kiautschon“, dient. Beim Reichskolonialamt
(Rönl. 653) und das Kolonialbeamtengesetz können durch den Reichskanzler Kommissionen
vom 8. Juni 1910 (REBl. 881), sowie die Ver= unter Zuziehung von Sachverständigen zu dem
ordnungen; betr. die Einrichtung der Verwaltung Zwecke gebildet werden, es bei der Verwaltung
und die Eingeborenenrechtspflege in den afrika= der S. in beratender Weise zu unterstützen; der
nischen und Südsec-S., vom 3. Juni 1908 frühere Kolonialrat ist aufgehoben (AE. vom
(RBl. 397); betr. Zwangs= und Strafbefugnisse 17. Febr. 1908 — RE#Bl. 28). — Der Reichs-
der Verwaltungsbehörden in denselben S., vom kanzler hat nicht nur als oberste Verwaltungs-
14. Juli 1905 (REBl. 717); betr. die seemanns= behörde das Recht, für die ihm unterstellten Be-
amtlichen und konsularischen Befugnisse und das hörden und Beamten allgemeine Vorschriften,
Verordnungsrecht der Behörden in den S. Dienstanweisungen, Instruktionen u. dgl. (sog.
Afrikas und der Südsec, vom 27. Sept. 1903 Verwaltungsverordnungen) zu er-
(K Bl. 509); betr. die Vereinigung von Wohn= lassen, sondern auf Grund teils gesetzlicher, teils
plätzen in den S. zu kommunalen Verbänden, kaiserlicher Delegation auch weitgehende Befug-
vom 3. Juli 1899 (RBl. 366). nisse auf dem Gebiete des materiellen Ver-
IV. Von größter Bedeutung ist vor allem ordnungsrechts, welches die kolonialen Unter-
§ 1 Sch G., nach welchem die Schutzgewalt vom tanen bindet (sog. Rechtsverordnungen).
Kaiser im Namen des Reichs ausgeübt wird. So ist ihm gesetzlich namentlich vielfach die Be-
Grundsätzlich ist also dem Kaiser die Aus= fugnis zum Erlaß von Ausführungsbestimmungen,
übung sämtlicher Hoheitsrechte, insbesondere auch ferner allgemein die Befugnis zum Erlaß von
volle Verordnungsgewalt auf allen Gebieten polizeilichen und sonstigen die Verwaltung be-
übertragen, ohne daß er dabei der Mitwirkung treffenden Vorschriften mit Androhung von Ge-
des BR. und R. bedarf. Er ist darin, abgesehen fängnis bis zu 3 Monaten, Haft, Geldstrafe
von dem sormellen Erfordernis der Gegenzeich= und Einziehung einzelner Gegenstände einge-
nung durch den Reichskanzler, sachlich nur insoweit räumt worden (Sche. § 15). Der Kaiser hat
beschränkt, als die Reichsgesetzgebung ihm ferner ein allgemeines Verordnungsrecht
selbst die Ausübung in die Hand genommen hinsichtlich der Einrichtungen der Verwaltung
oder ihr Schranken gesetzt hat. Das ist nament= und der Eingeborenenrechtspflege verliehen
lich auf dem Gebiete der Finan zverwal- (V. vom 3. Juni 1908, s. zu III). Diese Be-
tung geschehen, indem die Feststellung des fugnisse sind kraft ausdrücklicher Bestimmung meist
Etats der S., die Aufnahme von Anleihen und weiter übertragbar, teils nur auf die Gouverneure,
Übernahme von Garantien im Wege der Reichs= teils auch auf andere Beamte der S.
gesetzgebung zu erfolgen hat und über die Ver-VlI. Die lokale Verwaltung der einzelnen
wendung aller Einnahmen dem BR. und RT. S. wird durch Gouverneure geleitet (für
Rechnung zu legen ist (G. vom 30. März 1892); Südwestafrika in Windhuk, für Kamerun in
desgleichen ist die gesamte Rechtspflege für] Busa, für Togo in Lome, für Deutsch--Ostafrika
Weiße (zivil-, Straf-, Prozeßrecht nebst in Daressalam, für Neu-Guinea und die Süd-
Gerichtsverfassung) im allgemeinen von der seeinseln außer Samoa in Rabaul, für Samoa
Reichsgesetzgebung übernommen worden (Sch G. in Apia, für Kiautschou in Tsingtau) (wegen
§8§ 2—4, 7), allerdings mit erheblichen Vor-des Ranges usw. s. Rang). Den Gou-