Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Schutzgebiete 
verneuren sind Referenten, meist auch ein 
Finanzdirektor und Hilfsarbeiter, ferner in 
Kiautschou, wo der Gouverneur stets ein See- 
offizier ist, ein Zivilkommissar und ein Kom- 
missar für chinesische Angelegenheiten beigegeben. 
Den Gouverneuren sind als Leiter räumlich um- 
grenzter Verwaltungsbezirke unterstellt: Bezirks- 
schaftung genommenen Teilen), 
und (meist militärische) Stationsleiter. Dem 
Bezirksamtmann unterstehen teilweise noch Vor- 
steher von Distriktsämtern und Nebenstationen. 
Wo das Land nicht unmittelbar verwaltet, son- 
dern nur ein Einfluß auf die Oberhäupter der 
Eingeborenen ausgeübt werden soll, bestehen 
Residenturen (z. B. in Teilen von Kamerun, 
Südwestafrika [Caprivizipfel], Ostafrika). 
Voraussetzung des § 51 KBG. 
wenn sie kolonialdienstunfähig und damit pen- 
amtmänner (in den bereits stärker in Bewirt- 
Distriktschefs 
  
533 
halt“ eine dem Mittelsatz jenes Gehalts etwa 
entsprechende „Kolonialzulage“. Außerdem er- 
halten sie freie Wohnung. Sie können jederzeit 
mit Wartegeld einstweilig in den Ruhestand ver- 
setzt werden, etatsmäßige Richter nur unter der 
Sie dürfen, 
sionsberechtigt geworden, aber noch heimats- 
dienstfähig sind, eine entsprechende Stellung im 
heimischen Dienst an Stelle der Pensionierung 
nicht ablehnen, es sei denn, daß sie die Voraus- 
setzungen des § 22 KBG. erfüllt haben. Die 
Pensions= und Hinterbliebenenansprüche sind 
durch eine Reihe von Bestimmungen (§8§8 14 ff. 
KBG.) gegenüber denen der heimischen Be- 
amten erheblich verbessert. Eine Besonderheit 
ist, daß die Kolonialbeamten gemäß §§ 7, 8 
Auch die Kolonialbeamten, namentlich die K B. auch bei dauerndem Aufenthalt in Deutsch- 
Gouverneure, sind zum Erlaß von Verwaltungs- 
und auf Grund von Delegationen durch den 
Kaiser oder den Reichskanzler zum Erlaß von 
Rechtsverordnungen befugt. So können die 
Gouverneure mit Ermächtigung oder Zustim- 
mung des Reichskanzlers die Einrichtungen der 
Verwaltung und die Eingeborenenrechtspflege 
ordnen (V. vom 3. Juni 1908), serner hat ihnen 
der Reichskanzler seine auf Sch G. § 15 ge- 
und Verwaltungsbefug- 
gründeten Polizei- 
nisse übertragen (Vf. vom 27. Sept. 1903 
— KBVvl. 509), so daß der Regelung durch sie 
neben den verschiedenen Zweigen polizeilicher 
wesen, Land-, Forstwirtschaft, Jagd, Fischerei, 
Handel und Gewerbe, Münz-, Maß-, Gewichts-, 
Bankwesen, Verkehrs= und Arbeiterwesen unter- 
liegt. Für ihr Recht zum Erlaß polizeilicher 
Strafverfügungen und von Strafbescheiden we- 
gen Zoll- und Steuerdelikten sind in den dem 
Kolonialamt unterstehenden Gebieten die Kais. 
V., betr. die Zwangs= und Strafbefugnisse der 
Verwaltungsbehörden in den S. Afrikas und der 
Südsee, vom 14. Juli 1905 (s. III) und die 
hierzu in den einzelnen S. ergangenen Aus- 
führungsbestimmungen maßgebend. Die Gouver- 
neure, ersten Referenten, der Zivilkommissar für 
Kiautschon und die etatsmäßigen Richter er- 
halten eine Kais. Bestallung; die Anstellungs- 
urkunden der übrigen Kolonialbeamten werden 
im Namen des Kaisers vom Reichskanzler oder 
von den durch ihn dazu ermächtigten Behörden 
erteilt (Kais. V. vom 3. Okt. 1910 — RGBl. 
1091). Auf die Kolonialbeamten, d. h. die für 
den Dienst eines S. angestellten Beamten, findet 
im übrigen das RBG. (RBl. 1907, 245) und 
das Beamtenhinterbliebenengesetz (RG Bl. 1907, 
208) Anwendung, jedoch mit erheblichen Ab- 
weichungen, die in der Eigenart der kolonialen 
Verhältnisse begründet und im Kolonial- 
beamtengesetz (KBG.) vom 8. Juni 1910 
(Rl. 881) sowie in den nach § 61 dieses 
Gesetzes in Kraft gebliebenen Teilen der Kais. 
V. vom 9. Aug. 1896 (RGBl. 691) und 
23. Mai 1901 (RBl. 189) aufgeführt sind (da- 
zu AusfV. vom 3. Okt. 1910 — RBl. 1091). 
Die Hauptunterschiede im Vergleich mit den 
heimischen Beamten bestehen in folgendem: Die 
Beamten beziehen, solange sie im S. selbst be- 
schäftigt sind, außer dem dem heimischen Ge- 
halt im wesentlichen entsprechenden „festen Ge- 
  
land bis zum Ausscheiden aus dem Kolonialdienst 
ihren Gerichtsstand in dem betr. Schutzgebiete 
behalten. S. auch Disziplinarbehörden. 
VII. Mit zunehmender Besiedelung und der 
Entstehung starker Ansiedlungsstellen tritt in stei- 
gendem Maße das Bedürfnis nach einer Teil- 
nahme der Bevölkerung an der 
Verwaltung der S. hervor. Es wurde 
deshalb durch Vf. des Reichskanzlers vom 
24. Dez. 1903 (KBl. 1904, 1) in allen S. außer 
Kiautschou dem Gouverneur ein Gouverne- 
mentsrat als beratendes Organ für die an 
das Reichskolonialamt einzureichenden jährlichen 
Tätigkeit auch das Schulwesen, das Gesundheits- 
Haushaltsetatsentwürfe und für die vom Gouver- 
neur zu erlassenden oder in Vorschlag zu bringen- 
den Verordnungen, soweit diese nicht lediglich 
lokale Bedeutung haben, an die Seite gesetzt. 
Der Gouvernementsrat besteht aus dem Gouver- 
neur, einer Anzahl von Schutzgebietsbeamten 
(amtliche Mitglieder), welche der Gouverneur 
ernennt, und wenigstens drei weißen Einwohnern 
des S. (außeramtliche Mitglieder), welche der 
Gouverneur nach Anhörung von Berufskreisen 
auf mindestens ein Jahr beruft. Für Süd- 
westafrika ist neuerdings durch Verordnung 
des Reichskanzlers vom 28. Jan. 1909 (KBl. 141) 
an Stelle des Gouvernementsrats ein Landes- 
rat vorgesehen, in welchen jeder Bezirksverband 
(s. u.) bzw. die Einwohner des betr. Verwaltungs- 
bezirks ein Mitglied auf fünf Jahre wählen und 
der Gouverneur die gleiche Anzahl von Mit- 
gliedern auf dieselbe Dauer nach freiem Ermessen 
beruft. Dieser Landesrat, dessen Mitglieder Ehren- 
beamte sind, ist beratendes Organ, kann aber 
auch eigene Anträge dem Gouverneur unter- 
breiten und kann beschließendes Organ werden 
in allen seiner Beschlußfassung vom Reichskanzler 
überwiesenen Angelegenheiten (§§ 105—115). 
In Kiautschou beruht die Einrichtung des Gou- 
vernementsrats auf einer V. des Gouverneurs 
vom 14. März 1907 (Al. 63), welche gleich- 
falls gewählte Mitglieder (je einen Vertreter 
der Firmen, Grundeigentümer und Handels- 
kammer) neben sieben geborenen Mitgliedern 
(Beamte) und einem vom Gouverneur ernannten 
Bürgerschaftsvertreter kennt und außerdem die 
Hinzuziehung außerordentlicher Mitglieder (ins- 
besondere auch Mitglieder des Chinesenkomitees) 
zu einzelnen Sitzungen zuläßt. Die Schaffung 
okaler Selbstverwaltungen wurde durch eine 
Kais. V. vom 3. Juli 1899 (Rl. 3606)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.