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Anzahl bisher zollfreier Waren, z. B. Kartoffeln,
Grün= und Rauhfutter, fricche, Küchengewächse,
lebende Pflanzen, frisches Obst, mit Zöllen
belegt. Wenn auch die neuerdings abgeschlos-
senen Handelsverträge (s. d.) wesentliche Er-
mäßigungen bringen und mehrfach die bis-
herige Zollfreiheit wieder herstellen, so sind
doch im allgemeinen die vertragsmäßi-
gen Sätze des am 1. März 1906 in Kraft
getretenen Tarifs immer noch so hoch oder höher
als die des autonomen Tarifs von 1879.
Schwachsinnige (Idioten) s. Idiotenpflege.
Schwarzer Adlerorden ist der höchste preuß.
Orden und am 17. Jan. 1701 vom Kurfürsten
Friedrich III. von Brandenburg bei Annahme
der Königswürde gestiftet. Die Ordensstatuten
vom 18. Jan. 1701 sind durch die vom Ordens-
kapitel festgesetzten und Allerhöchst bestätigten
Zusätze vom Jahre 1847 ergänzt worden. Die
Verleihung des f. A. schließt zugleich die Ver-
leihung des Adels in sich. Auch sind die Ritter
desselben statutenmäßig zugleich Ritter des
Roten Adlerordens, dessen Großkreuz am Bande
um den Hals getragen wird.
Schwarzwild hat keine Schon heit (s. Schon-
zeit des Wildes II:; Wildschaden).
Schwebende Schuld eines Gemeinwesens ist
nach dem heutigen Sprachgebrauch eine für einen
vorübergehenden Bedarf, insbesondere wegen des
zeitlichen Auseinanderfallens des Einganges der
Einnahmen einerseits und der Notwendigkeit von
Ausgaben andererseits oder wegen zeitweiser Un-
tunlichkeit der Aufnahme einer Anleihe, und
deshalb mit der Absicht einer Tilgung in relativ
kurzer Frist ausgenommene Schuld. Den Gegensatz
bildet die „fundierte“ Schuld oder Anleihe. Diese
soll die Mittel für dauernde Aufgaben des öffent-
lichen Haushalts liefern; ihre Tilgung wird daher
nur allmählich innerhalb eines längeren Zeit-
raums bewerkt und braucht auch nach wirtschaft-
lichen Grundsätzen nur innerhalb einer der Zeit,
für welche das Bedürfnis des Gemeinwesens
durch das Schuldkapital befriedigt ist, ent-
sprechenden Periode bewirkt zu werden. Aus
diesem Charakteristikum der s. S. einerseits, der
fundierten andererseits ergibt sich in der Regel
ein weiterer Unterschied: das Gemeinwesen er-
klärt sich bereit, dem Gläubiger der s. S. die
Schuldverschreibungen sofort auf Präsentation
oder binnen kurzer Frist gegen bar einzulösen,
während dem Gläubiger der fundierten Schuld
ein Kündigungsrecht entweder überhaupt nicht
(„Rentenschuld") oder nur im beschränkten Maße
zugestanden wird. Die Bezeichnung „schwe-
bende“ und „fundierte" Schuld stammt aus den
Zeiten, in denen die Staaten, wie noch heute
solche mit ungeordneten Finanzen, langfristigen
Kredit nur erhielten, wenn sie gewisse Einnah-
men von vornherein für die Verzinsung und
Tilgung der Schuld bestimmten oder sogar recht-
lich verpfändeten, die Schuld also auf diese
Einnahmen „fundierten“; Schulden, denen eine
solche „Fundierung“" fehlte, „schwebten“ in der
Luft. Naturgemäß war es damals nur möglich,
eine solche der Fundierung entbehrende Schuld
unterzubringen, wenn es sich um kurzfristigen Kre-
dit handelte. Die heutzutage üblichste Form der
s. S. sind die Schatzanweisungen ((. d.).
Literatur s. bei Staatsanleihen.
Schwachsinnige (Idioten) — Schweineseuche und Schweinepest
Schwefeläther s. Athyläther.
Schwefelkohlenstoff. Durch Erl. vom 23. Febr.
1910 (HMBl. 71) sind Grundsätze betr. Herstel-
lung, Lagerung und fabrikatorische Berwendung
von S. mitgeteilt.
Schweigegebot s. Offentlichkeit
der Rechtspflege I u. III.
Schweine und Schweinefleisch (Einfuhr, Unter-
Le s. Ein fuhrverbote und -be-
chränkungen I Fleischbeschau und
Kränus
Siinzanche (üverwachnsg). Das weit-
verbreitete Herrschen von seuchenhaften Schweine-
krankheiten (s. Rotlauf der Schweine,
Schweineseuche und Schweinepest)
und die Tatsache, daß diese Verbreitung in der
Hauptsache durch den Handel mit Schweinen
erfolgt, haben zu dem Erlaß einer großen Anzahl
von landespolizeilichen Anordnungen zum Zwecke
der veterinärpolizeilichen ÜUberwachung dieses
Handels geführt. Durch Erl. vom 4. Dez. 1909
(MBlMfL. 1910, 12) ist den Regierungspräsi-
denten das Muster einer solchen landespolizeilichen
Anordnung zur Benutzung für die in den ein-
zelnen Regierungsbezirken zu treffenden Maß-
nahmen mitgeteilt. Diese Maßnahmen bestehen
hauptsächlich in einem Verbote des Treibens
von Händlerschweinen auf öffentlichen Wegen
und Plätzen, in einem Zwange zur Desinfektion
der für den Schweinetransport benutzten Fuhr-
werke und Händlerstallungen, in der Auflage der
Führung von Kontrollbüchern seitens der Händ-
ler und in der amtstierärztlichen Untersuchung
der im Handel im Umherziehen befindlichen
Schweine. Nach diesem Muster — aber mit
nicht unerheblichen Verschiedenheiten — sind
neue Anordnungen in den meisten Regierungs-
bezirken erlassen.
Schweineseuche und Schweinepest. Die S.
u. S. sind lange Zeit mit dem Rotlauf der
Schweine (s. d.) unter dem Sammelbegriff
„Schweinerotlauf“ als einheitliche Krankheit an-
gesehen und dementsprechend veterinärpolizei-
lich behandelt worden. Neuerdings ist die Ver-
schiedenheit aller dieser Seuchen wissenschaftlich
nachgewiesen, wenn auch S. u. S. immer noch
veterinärpolizeilich im wesentlichen nach gleichen
Grundsätzen bekämpft werden. Die Schweine-
seuche ist eine ansteckende Entzündung der
Brustorgane, die Schweinepest besteht in
einer ansteckenden Darmentzündung. Bis vor
einigen Jahren wurde als Erreger der Schweine-
seuche der bacillus suisepticus, der Schweine-
pest der bac. suipestifer angesehen. Neuere
Untersuchungen über die Ansteckungsfähigkeit
von Schweinepestmaterial, aus dem durch
Filtration die Bazillen ausgeschieden waren,
haben die Lehre von der ursächlichen Bedeutung
des bac. suipestifer über den Haufen geworfen,
und auch für die Schweineseuche ist die Zuver-
lässigkeit der bisherigen bakteriologischen Grund-
lagen stark erschüttert. Der Anzeigepflicht
(s. d. II) sind beide Seuchen zugleich mit dem
Rotlauf seit 1894/95 unterworfen. Bei den
veterinärpolizeilichen Maßregeln zur Unterdrük-
kung der Seuchen, deren Übertragung von Tier
zu Tier oder durch Zwischenträger stattfinden
kann, wird der Hauptwert auf die Absperrung
der verseuchten und verdächtigen Bestände, da-
in