Schwemmkanalisation — Schwurgerichte
neben aber auch auf eine weitgehende Beaufsichti-
gung des Verkehrs mit Schweinen und des
Schweinehandels, namentlich des Hausierhandels
gelegt, der sehr häufig zur Verbreitung der
Seuchen beiträgt (s. Schweinehandel).
uch die großen Schweinezüchtereien sind nicht
selten die Quelle der Seuchenverschleppung und
haben deshalb seitens der Veterinärpolizei be-
sondere Beachtung gefunden. Ein ähnlich wirk-
sames Immunisierungsverfahren wie bei dem
Rotlauf (s. d.) ist für die S. u. S. noch nicht be-
kannt. Frühere Versuche zur Immunisierung
gegen die Schweineseuche mittels eines sog.
volyvalenten Schweineseuchenserums (Bakterien-
präparat aus einer größeren Zahl von Bakterien-
stämmen) haben keinen durchschlagenden Erfolg
gehabt. Ebensowenig ist neuerdings in den
Handel gebrachten Immunisierungsmitteln ein
Wert beizumessen. Eine Immunisierung mit
Schweine pest serum, wie sie in Deutschland nach
dem Vorgange amerikanischer Forscher seit einigen
Jahren erprobt wird, scheint zwar auf wissenschaft-
lich einwandfreier Grundlage zu beruhen, ist
aber in der Praxis nicht überall wirksam gewesen
(ogl. Erl. vom 17. Sept. 1908 — Mhl M v.
354). Bemerkenswert ist, daß die Schweine-
seuche, die früher meist akut auftrat, heute
ihren Charakter! geändert hat und gewöhn-
lich chronisch, dementsprechend auch milder ver-
läuft. Deshalb wurden die früher vorgesehenen
scharfen Bekämpfungsmaßregeln auch von land-
wirtschaftlicher Seite vielfach und wohl nicht mit
Unrecht als zu hart angefochten, und zwar um
so mehr, als die Seuchen eine ganz außerordent-
liche Verbreitung unter den Schweinebeständen
erlangt haben. Während in den Jahren 1895
bis 1902 die Zahlen der verseuchten Gemeinden
(Gutsbezirke) zwischen 1400 und 4000, die der
verseuchten Gehöfte zwischen 2000 und 7000.
schwankten, sind sie in den Jahren 1903 und 1904
bei den Gemeinden auf 5452 bzw. 8865, bei den
Gehöften auf 9702 bzw. 14 070 gestiegen und
haben seitdem bis 1906 noch weiter zugenommen,
von da ab jedoch sich etwas vermindert. In den
Jahren 1895—1908 sind insgesamt erkrankt rund
613.000 Schweine und gefallen oder getötet
462.000 Stück, wovon auf die Jahre 1904 und
1905 77 679 und 81 753 erkrankte und 53 518
und 60 709 gefallene oder getötete Schweine
entfallen. Wenn auch — ebenso wie beim Rot-
lauf (s. d.) — die Zunahme relativ nicht so hoch
ist, wie es nach der absoluten Steigerung der
Verseuchungsziffern anzunehmen wäre, weil die
Schweinebestände von 1892—1908 um 74 00 zu-
enommen haben, wenn ferner auch die Ermitt-
ung der Seuchenfälle, namentlich infolge der
Verallgemeinerung der Fleischbeschau, seit dem
1. April 1903 zuverlässiger geworden ist, so
muß doch zugestanden werden, daß die bis-
herige veterinärpolizeiliche Bekämpfungsmethode
nicht den gewünschten Erfolg gehabt hat. Den
bis dahin gemachten Erfahrungen ist in einer
neueren Vf. vom 4. Febr. 1907 (MlM L. 71)
Rechnung getragen, mit der ein Technischer Leit-
faden, betreffend Schweineseuche, gemeinfaßliche
Belehrungen über diese Seuche und die Schweine-
pest und Muster zu Anweisungen für deren Be-
kämpfung mitgeteilt sind. Die wesentlichsten
Neuerungen bestehen darin, daß die veterinär-
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polizeiliche Bekämpfung der Schweineseuche auf
die mit erheblicher Störung des Allgemeinbe-
findens einhergehenden Fälle beschränkt und da-
mit die chronische Form im wesentlichen sich selbst
überlassen ist, daß ferner die Sperrmaßregeln
milder gefaßt sind, insbesondere die Ausfuhr ge-
sunder schlachtreifer Schweine aus Ställen, die
wegen des Herrschens der Schweineseuche ge-
sperrt sind, gestattet ist. Bei der Fleischbeschau
(s. d.) wird das Fleisch schweineseuche= und
schweinepestkranker Tiere, das als Träger des
Krankheitserregers zur Verbreitung der Seuche
beitragen kann, entweder (bei den schwereren
Fällen) als gänzlich genußuntauglich unschädlich
beseitigt oder doch als bedingt tauglich beanstandet
und durch Kochen, Dämpfen oder Pökeln seiner
Schädlichkeit entkleidet. Nur bei Schweineseuche,
die schleichend ohne Störung des Allgemein-
befindens verlaufen ist, ferner wenn sich von
beiden Seuchen nur noch Uberbleibsel zeigen,
beschränkt man sich auf die Verwerfung der ver-
änderten Organe (§ 33 Abs. 1 Nr. 10, 8 35 Nr. 12,
# 37 unter III Nr. 3, § 38 Abs. 1 unter II b
Nr. 2 der AusfBest. A zum Fl BG. — 3ZBl.
1908 Nr. 52 Beil.).
Schwemmkanalisation ist diejenige Art der
Kanalisation, bei der die Fäkalien mit den Haus-
und Niederschlagswässern gemeinsam abgeführt
werden, im Gegensatze zum Trennsystem, bei
welchem entweder die Fäkalien oder die Nieder-
schlagswässer für sich allein abgeleitet werden
(s. Kanalisation).
Schwiegereltern und Schwiegerkinder, sowie
Stiefeltern und Stiefkinder zahlen 6 % Erb-
schaftssteuer (NErb St G. § 10 II). Die Steuer
steigt staffelsörmig; s. darüber und über die
Steuervergünstigung bezüglich des Hausrats
Erbschaftssteuer IId.
Schwimmunterricht. Auf die gewerbsmäßige
Erteilung von S. finden, da der S. nicht Gegen-
stand des ösffentlichen Unterrichts ist (s. Privat-
unterricht), alle Bestimmungen der GewdO.
Anwendung. Die Eröffnung des Betriebs ist nach
§ 35 Abs. 7 a. a. O. der Ortspolizeibehörde anzu-
zeigen. Der Gewerbebetrieb kann untersagt
werden (s. Untersagung von Ge-
werbebetrieben). Die Ortspolizeibehörden
haben den Betrieb der Schwimmlehrer zu über-
wachen (AusfAnw. z. GewO. vom 1. Mai 1904
— HMBl. 123 — Ziff. 10, 60—62). S. auch
Lehrer= und Lehrerinnenprü-
fung VIII.
Schwindsucht s. Tuberkulose.
Schwurgerichte. I. Das Institut der S. ent-
stammt der Normandie und ist von hier nach
England (jury), dann nach Nordamerika, zur Zeit
der ersten Revolution zurück nach Frankreich
(jury, cour d’assises) und unter der französischen
Herrschaft auch in die deutschen Rheinlande
(Assisen) gelangt. Allgemeinere Verbreitung in
Deutschland fanden die S. in den Jahren 1848
und 1849 infolge der damaligen politischen Be-
wegung. Von den Schöffengerichten unter-
scheiden sie sich in ihrem Wesen dadurch, daß sie
in zwei verschiedene, bei der Beratung und Be-
schlußfassung getrennte Kollegien geteilt sind und
demgemäß bei ihnen eine Trennung der Tat-
frage und der Rechtsfrage stattfindet, während bei
jenen die Schöffen mit dem Richter zu einem