Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

556 Sittenpolizei 
28, 87: 10, 123; Erl. vom 10. März 1908 — wegen Kuppelei strafbar sind (Rst. 1, 88 und 
Ml. 58). Erl. vom 11. Dez. 1907 III — MBl. 1908. 14). 
Die Stellung weiblicher Prostitnierter unter Die kontrollierten Prostituierten werden ferner 
förmliche sittenpolizeiliche Aufsicht gemäß § 361 I verpflichtet, sich in vorgeschriebenen Zeiträumen 
Uifl. 6 St#. soll erst erfolgen, wenn die vor= der amtsärztlichen Untersuchung und im Falle 
genannten sanitären Maßnahmen nicht zum ansteckender geschlechtlicher Ertrankung der Be- 
Ziele führen und wenn die gesetzlichen Voraus= handlung zu unterziehen. Die Kosten einer sol- 
setzungen durch gerichtliche Verurteilung wegen chen Zwangsheilung fallen als mittelbare Polizei- 
strafbarer Gewerbsunzucht zweifelsfrei dargetan losten (s. d.) der Gemeinde zur Last (O## G. 27, 
sind oder es sich um Personen handelt, welche 1#75; 28, 87; 10, 123). Auch den Personen, welche 
nach der Entlassung aus der sittenpolizeilichender sittenpolizeilichen Aufsicht unterstehen, kann 
Aussicht wieder der Prostitution anheimgefallen nachgelassen werden, sich durch Zeugnisse be- 
sind (Erl. vom 11. Dez. 1907). Die Verhängung stimmter polizeilich genehmigter Anstalten oder 
der sittenpolizcilichen Aussicht erfolgt als Ausfluß ürzte fortlaufend über ihren Gesundheitszustand 
sicherheitspolizeilicher Funktionen gemäß S 10 sowie über die Behandlung in Krankheitsfällen 
1I, 17 ALR. durch polizeiliche Verfügung. Zu= auszuweisen. Diese Vergünstigung darf aber 
ständig zur Anordnung ist die Polizeibehörde, in nur solchen Prostituierten eingeräumt werden, 
deren Bezirke die Prostituierte der Gewerbs= deren persönliche und sonstige Verhältnisse einige 
unzucht nachgeht und dadurch Sittlichleit und Ge- Sicherheit dafür bieten, daß sie den ärztlichen 
sundheit gefährdet, auch wenn sie an einem an- Verordnungen nachkommen und während der 
deren Orte ihren Wohynsitz hat (CV6. vom Ertrantung nicht weiter Gewerbsunzucht treiben. 
11. Juli 1899 —. Pr Ml. 21, 61). Die Wirkung Die unter Kontrolle gestellte Prostituierte hat 
der sittenpolizeilichen Aufsicht bleibt aber auch die polizeilichen Vorschriften so lange zu befolgen 
auf das Gebiet der Polizeibehörde beschränkt, bis sic ein zuverlässiges Rechtsmittel gegen die 
welche die Kontrolle verfügt hat (R#St. 11, 286). polizeiliche Verfügung eingelegt hat. Nach Zurück- 
Weibliche Personen, welche vor Vollendung des weisung des Rechtsmittels tritt die Verfügung 
18. Lebensjahres der Gewerbsunzucht anheim= alsbald wieder in Kraft und wird erst durch 
fallen, sind nicht unter sittenpolizeiliche Aufsicht Einlegung eines neuen Rechtsmittels wieder 
zu stellen, sondern der Fürsorgeerziehung (s. d.) unwirksam (Koe#J. 32 C 69), jedoch kann die 
zu überweisen. Von dem Treiben iugendlicher Polizei die vorläufige Ausführung gemäß 
Prostituierter im Alter von 18— 21 Jahren #§ 53 LV6. anordnen. Zeden ernstgemeinten 
sollen die Erziehungsberechtigten und das Vor-Versuch einer Prostituierten, zu einem ordent- 
mundschaftsgericht in Kenntnis gesetzt werden lichen Lebenswandel zurückzukehren, sollen die 
(BGB. 88 1631, 1666, 1838). Erst wenn diese Polizeibehörden nach Kräften unterstützen. Um 
Maßnahmen, zu deren Durchführung sich ein gesallenen Frauen und Mädchen die Rückkehr 
ständiges Zusammenarbeiten der sittenpolizei- l zu anständigem Lebenswandel zu erleichtern, ist 
lichen Dienststellen mit den Organen der frei= die dauernde Mitwirkung einer mit den Be- 
willigen Liebestätigkeit empfiehlt, versagen, wird strebungen der Rettungsvereine vertrauten Dame 
die Sittenkontrolle anzuordnen sein (Erl. vom erwünscht und herbeizuführen, welcher täglich 
11. Sept. 1902 — Mhl. 165). Reichsauslände= Zutritt und freiester Verkehr mit den eingeliefer- 
rinnen, bei denen die Voraussetzungen der sitten= ten weiblichen Personen zu gestatten ist (Erl. vom 
polizeilichen Kontrollec vorliegen, sind solcher 11. Dez. 1907). Wird der Nachweis eines anstän- 
nicht zu unterstellen, sondern auszuweisen (Erl. digen Broterwerbes oder der Rückkehr in geord- 
vom 22. Jan. 1910 — Mhl. 31). Die gerichtliche nete Verhältnisse erbracht, so ist die Sittenkon- 
Verurteilung ist nicht Voraussetzung hierfür. Bei trolle auf Antrag sofort, zunächst versuchsweise und 
Minderiährigen ist zuvor das in dem Erl. vom nach einer Bewährungsfrist von 2—3 Monaten 
11. Sept. 1902 (s. o.) vorgeschriebene Verfahren endgültig aufzuheben. Bei Verheiratung einer 
durchzuführen. Ausnahmsweise unterliegen auch Prostituierten ist diese auf Antrag sofort aus der 
die Eltern der Ausweisung, wenn sie es sich nicht 6 sittenpolizeilichen Aufsicht zu entlassen, vorbehalt- 
ernstlich angelegen sein lassen, die Tochter zu lich schonender, gesundheitspolizeilicher Uberwa- 
einem ordentlichen Lebenswandel zurückzuführen schung bis zur Heilung einer bestehenden Ge- 
(Erl. vom 22. Jan. 1910 — Mhl. 31). Den ein= schlechtskrankheit. Die Wiederverhängung der 
geschriebenen Prostituierten wird regelmäßig das Kontrolle ist erst zulässig, wenn die Verheiratete 
Betreten bestimmter Straßen, Lokale usw., ihr unsittliches Gewerbe fortsetzt, insbesondere, 
Verbindung mit minderjährigen Personen sowie wenn die Ehe mit einem Zuhälter (s. d.) geschlof- 
auffälliges Benehmen in der Offentlichkeit ver= sen ist. Nach Ablauf von mindestens 3 Monaten 
boten, auch erhalten sie Anweisungen über Lage seit Fortzug einer unter Sittenaufssicht stehenden 
und Einrichtungen der Wohnungen. Letztere Person ist die Kontrolle aufzuheben, während 
Vorschriften bieten die Möglichkeit, die Quar= kürzerer Abwesenheit ruht die Aufsicht nur. 
tiere der Prostituierten in bestimmten Gegenden Prostituierte, welche im Wege der Fürsorge- 
zusammenzudrängen und dadurch Berührungen erziehung oder durch vormundschaftsgerichtliche 
mit den anständigen Familien zu verringern. Anordnung untergebracht sind, müssen sofort 
Die Einweisung in besondere Prostituierten= aus der Kontrolle entlassen werden. Bei frei- 
wohnungen, deren Bewohnerinnen zu den Haus= willigem Eintritte in ein Erziehungs- oder Besse- 
cigentümern lediglich in ein mictsrechtliches Ver-- rungsheim sind sie für die Dauer des Aufent- 
haltnis treten, ist statthaft, nicht aber die Ein-- baltes von der Befolgung der sittenpolizeilichen. 
richtung von Bordellen, da deren Unternehmer Vorschriften zu entbinden, bei nachgewiesener 
am Ertrage der Gewerbsunzucht beteiligt und dauernder Besserung gänzlich von der Kontrolle 
deohalb auch bei polizeilicher Genehmigung zu befreien (Erl. vom 23. Jan. 1904, II a 8687). 
 
	        
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