Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Staatsangehörigkeit 
577 
Grundsatze im § 11 cit. Ausnahmen ausdrücklich (§ 15 Abs. 1). Im übrigen darf die Entlassung in 
zugelassen sind, und in Preußen für die Auf- 
nahme= und Naturalisationsurkunden der Zusatz 
vorgeschrieben ist, daß sich die Aufnahme oder 
Naturalisation nur auf die in der Urkunde aus- 
drücklich benannten Personen beziehen soll, so 
wird hierdurch mittelbar eine Ausschließung der 
in der Urkunde nicht genannten Familienmit- 
glieder bewirkt (Erl. vom 28. April 1902). Die 
Voraussetzungen des die Naturalisation von 
Ausländern betreffenden § 8 bilden nur das 
Mindestmaß der zu erfüllenden Bedingungen, 
und es ist den einzelnen Landesregierungen un- 
benommen, noch weitere Anforderungen z. B. 
hinsichtlich des Alters, der Dauer der Nieder- 
lassung, der Erwerbsverhältnisse usw. zu stellen. 
In Preußen sind derartige bestimmte, für alle 
Fälle bindende Vorschriften nicht erlassen, doch 
gilt es als Grundsatz, daß bei männlichen, noch 
im wehrpflichtigen Alter stehenden Personen die 
Militärverhältnisse des Gesuchstellers in Betracht 
zu ziehen sind. Die Beibringung einer Ent- 
lassungsurkunde aus dem bisherigen Untertanen- 
verhältnisse wird im allgemeinen nicht gefordert. 
Eine solche Praxis besteht gegenwärtig nur noch 
der Schweiz und den türkischen, persischen und 
marokkanischen Untertanen gegenüber. Wegen 
der Renaturalisationen s. B 3. An- 
trenstand) 
  
langend die Rechtsmittel, so findet nach 
§ 155 Abs. 2 ZG. gegen den Bescheid des Re- 
gierungspräsidenten, durch welchen Angehörigen 
eines anderen deutschen Bundesstaates oder 
einem früheren Reichsangehörigen die Erteilung 
der Aufnahmeurkunde versagt ist, die Klage bei 
dem O#. statt. Gegen einen die Naturalisation 
verweigernden Bescheid steht dagegen nur die 
Beschwerde im Dienstaufsichtswege offen, da 
Reichsausländern ein Recht auf Einbürgerung 
nicht zusteht. 3. Außer den vorstehenden Fällen 
wird die Staatsangehörigkeit noch erwerben 
durch eine von der Regierung oder von einer 
Zentral= oder höheren Verwaltungsbehörde ohne 
entsprechenden Vorbehalt vollzogene oder be- 
stätigte Bestallung für einen in den un- 
mittelbaren oder mittelbaren Staatsdienst oder 
in den Kirchen-, Schul= oder Kommunaldienst 
aufgenommenen Ausländer oder Angehörigen 
eines anderen Bundesstaates (§ 9). Der Offiziers- 
dienst ist als Staatsdienst anzusehen. Ein im 
Reichsdienst angestellter Ausländer erwirbt die 
Staatsangehörigkeit in demjenigen Bundes- 
staate, in welchem er seinen dienstlichen Wohn- 
sitzi hat. Hat ein solcher Angestellter seinen dienst- 
lichen Wohnsitz im Auslande, so darf ihm die 
Verleihung der Staatsangehörigkeit von dem- 
jenigen Bundesstaate, in welchem er sie nach- 
sucht, nicht versagt werden (G. vom 20. Dez. 
1875 — RBl. 324). 
B. Verlust der Staatsangehörig- 
keit. 1. Verlust durch Entlassung. 
Die Staatsangehörigkeit geht verloren durch 
Entlassung auf Antrag (StAng G. 8§ 14 ff.). 
Die Entlassung erfolgt in Preußen analog der 
Aufnahme und Naturalisation durch eine von 
dem Regierungspräsidenten (Polizeipräsidenten 
in Berlin) auszustellende Entlassungsurkunde 
(§ 14). Sie muß jedem Staatsangehörigen 
erteilt werden, welcher die Staatsangehörigkeit 
  
Friedenszeiten nur mit Rücksicht auf den Militär- 
dienst (aktiven Militärpersonen, Offizieren des 
Beurlaubtenstandes, Beamten, bevor sie aus 
dem Dienst entlassen sind, und zum aktiven 
Dienste eingezogenen Personen der Reserve 
und Landl See swehr; s. auch Beurlaub- 
sowie mit Räcksict auf die 
Wehrpflicht verweigert werden; insbesondere 
soll sie Wehrpflichtigen nicht erteilt werden, 
welche sich im Alter vom vollendeten 17. bis 
zum vollendeten 25. Lebensjahre befinden, 
bevor sie ein Zeugnis der Ersatzkommission dar- 
über beigebracht haben, daß sie die Entlassung 
nicht bloß in der Absicht nachsuchen, um sich der 
Dienstpflicht im stehenden Heere oder in der 
Flotte zu entziehen (§ 15). Das Zeugnis kann 
vor der Aushändigung der Entlassungsurkunde 
zurückgenommen werden, dagegen unterliegt es 
hinsichtlich der sachlichen Begründetheit nicht der 
richterlichen Nachprüfung im Verwaltungsstreit- 
verfahren (OVG. 15, 410). Die Entlassung eines 
Staatsangehörigen, der unter elterlicher Gewalt 
oder Vormundschaft steht, kann von dem gesetz- 
lichen Vertreter nur mit Genehmigung des Vor- 
mundschaftsgerichts beantragt werden. Die Ge- 
nehmigung des Vormundschaftsgerichts zu dem 
Antrag ist nicht erforderlich, wenn der Vater oder 
die Mutter die Entlassung für sich und zugleich 
kraft elterlicher Gewalt für ein Kind beantragt. 
Erstreckt sich jedoch der Wirkungskreis eines der 
Mutter bestellten Beistandes auf die Sorge für 
die Person des Kindes, so bedarf die Mutter der 
Genehmigung des Beistandes zu dem Antrage 
auf Entlassung des Kindes (§ 14a; EGBGB. 
Art. 41). Die Entlassung selbst erstreckt sich, 
sofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird, 
zugleich auf die Ehefrau und diejenigen Kinder, 
deren gesetzliche Vertretung dem Entlassenen 
kraft elterlicher Gewalt zusteht. Die Vorschriften 
finden indessen keine Anwendung auf Töchter, die 
verheiratet sind oder gewesen sind, sowie auf 
Kinder, die unter der elterlichen Gewalt der 
Mutter stehen, falls die Mutter zu dem Antrage 
auf Entlassung nach § 14 a cit. der Genehmigung 
des Beistandes bedarf (§ 19 in der Fassung des 
Art. 41 EcBB.). Die Entlassungsurkunde 
bewirkt mit dem Zeitpunkte der Aushändigung 
den Verlust der Staatsangehörigkeit. Die Entlas- 
sung wird jedoch unwirksam, wenn der Entlassene 
nicht binnen sechs Monaten vom Tage der Aus- 
händigung der Entlassungsurkunde seinen Wohn- 
sitz außerhalb des Reichsgebietes verlegt oder die 
Staatsangehörigkeit in einem anderen Bundes- 
staate erwirbt (§ 18). Gegen den Bescheid des 
Regierungspräsidenten, durch welchen die Er- 
teilung der Entlassungsurkunde in Friedens- 
zeiten versagt ist, findet die Klage beim O#. 
statr (8G. § 155 Ziff. 2). 2. Entlassung 
durch Ausspruch der Behörden 
(§§ 20, 22). Durch Beschluß der Zentralbehörde 
des Heimatsstaates kann ein Deutscher seiner 
Staatsangehörigkeit für verlustig erklärt werden, 
wenn er a) im Falle eines Krieges oder einer 
Kriegsgefahr einer durch den Kaiser für das ganze 
Reichsgebiet anzuordnenden ausdrücklichen Auf- 
forderung zur Rückkehr aus dem Auslande 
binnen der bestimmten Frist nicht Folge leistet 
in einem anderen Bundesstaate erworben hat (8§ 20), oder b) wenn er ohne Erlaubnis seiner 
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 2. Aufl. II. 
37
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.