Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Landwirtschaftlicher Unterricht 
amten anderer Verwaltungen (allgemeine Bau- 
verwaltung, Forstverwaltung usw.). 
Landwirtschaftlicher Unterricht. Für den 
I. U. bestehen höhere, mittlere und niedere Lehr- 
Zu den höheren Lehr- 
anstalten. J. 
anstalten gehören die landwirtschaft- 
lichen Hochschulen in Berlin (1881 er- 
richtet) und Poppelsdorf bei Bonn (1817 er- 
richtet) und die landwirtschaftlichen Institute an 
den Universitäten Königsberg, Breslau, Göt- 
tingen, Halle und Kiel. Der Unterricht an ihnen 
erstrectt sich auf alle Gebiete der Landwirt- 
schaftslehre, der Naturwissenschaften und der 
Volkswirtschaftslehre; zugleich bilden sie den! 
Vereinigungspunkt aller Unterrichts- und Hilfs- 
einer Prüsungskommission eine Abgangsprüfung 
mittel für Demonstration, Ubung und Forschung 
auf diesen Gebieten. Für die Zulassung von 
Studierenden zu dem Studium der Landwirt- 
schaft an den landwirtschaftlichen Hochschulen und 
Instituten gelten dieselben Bestimmungen wie 
an den preuß. Universitäten, doch wird der Nach- 
weis des bestandenen Maturitätsexamens nur 
von solchen Studierenden gefordert, die das 
Examen für die Lehrer an Landwirtschafts- 
schulen ablegen wollen. Die Studierenden wer- 
den in der philosophischen Fakultät immatriku- 
liert und sind allen übrigen Studierenden gleich- 
berechtigt. An der Spitze der Hochschule zu 
Berlin steht ein auf zwei Jahre gewählter Rek- 
tor, an der zu Poppelsdorf ein ernannter, 
wirtschaften erteilt. 
Direktor. An den Instituten und Hoch- 
  
  
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regelt im „Reglement, Lehrplan und Prü- 
fungsordnung für die Landwirtschaftsschulen 
vom 10. Aug. 1875“ (nicht veröffentlicht, ab- 
gedruckt in „Preußens landw. Verwaltung“ 
1875/77; s. Ministerium für Land- 
wirtschaft, Domänen und Forsten) 
und den nicht veröffentlichten Ergänzungen vom 
15. Nov. 1892 und vom 3. Juni 1896. Nach 
dem Lehrplan wird Unterricht in Religion, 
Sprachen, Geschichte, Geographie, Mathematik, 
Naturwissenschaften, Landwirtschaftslehre, Zeich- 
nen, Turnen und Singen erteilt. Zur Auf- 
nahme in Landwirtschaftsschulen ist die Reife 
für Tertia erforderlich; der Kursus ist ein drei- 
jähriger; nach Beendigung desselben wird von 
abgehalten, mit deren Bestehen die Berechtigung 
zum einj.-freiw. Militärdienst verliehen wird. 
III. Zu den niederen landwirtschaftlichen 
Lehranstalten gehören die Ackerbau= und 
Winterschulen, deren Einrichtung nicht 
einheitlich geregelt, sondern den Unternehmern 
überlassen ist. Neben Landwirtschaftslehre ist 
der Unterricht in der Regel beschränkt auf Natur- 
wissenschaften, Deutsch und Rechnen. Der 
Unterricht an den Winterschulen dauert zwei 
Winterhalbjahre, an den Ackerbauschulen 1½ 
bis 2 Jahre; an den letzteren wird zum Teil auch 
praktischer Unterricht im Landwirtschaftsbetriebe 
auf den mit den Schulen verbundenen Guts- 
Im Jahre 1908 bestanden 
schulen sind Prüfungskommissionen eingesetzt in Preußen 17 Ackerbauschulen und 184 Win- 
für Studierende, die nach einem dreijährigen 'terschulen mit zusammen 8300 Schülern. 
Studium die Staatsprüfung für Landwirtschafts- 
Für 
die Ausbildung von Lehrern an den vom Staate 
lehrer, und für Studierende, die nach einem unterstützten Winterschulen und Ackerbauschulen 
zweijährigen Studium die Abgangs-(Diplom--) 
Prüfung für Landwirte ablegen wollen. Maß- 
gebend für die Abhaltung der Prüfungen sind: 
a) die Ordnung, betr. die Prüfung für das Lehr- 
amt der Landwirtschaft (Landwirtschaftslehrer- 
prüfung) vom 29. Febr. 1908 (UBBl. 565); 
b) die Ordnung der Diplomprüfungen für 
studierende Landwirte an höheren Landwirt- 
schaftlichen Lehranstalten in Preußen vom 
20. März 1909 (MBl M„L. 179.). Über die An- 
stellung von Lehrern an den höheren Schulen 
ist Bestimmung getroffen in den Vorschriften, 
betreffend die zur Erlangung eines Lehramtes 
an den höheren landwirtschaftlichen Lehranstalten 
erforderliche Vorbildung und der Nachweis der- 
selben (Erl. vom 9. Mai 1877 — MBl. 151), 
und, betreffend die Habilitation als Privat- 
dozent der Landwirtschaft an einer höheren 
landwirtschaftlichen Lehranstalt (Erl. vom 18. Mai 
1877 — MnBl. 150). Für die landwirtschaft- 
liche Hochschule zu Berlin und die landwirt- 
schaftliche Akademie zu Poppelsdorf ist unter 
dem 16. Febr. 1910 seitens des Landwirtschafts- 
ministers eine besondere Habilitationsordnung 
genehmigt worden. 
II. Mittlere landwirtschaftliche Lehran- 
stalten, sog. Landwirtschaftsschulen, 
bestehen achtzehn in Preußen, und zwar in Hei- 
ligenbeil, Marggrabowa, Marienburg i. Westpr., 
Dahme (Mark), Eldena bei Greifswald, Schivel- 
bein, Samter, Bojanowo, Salzwedel, Brieg, 
Liegnitz, Flensburg, Hildesheim, Herford, Lü- 
dinghausen, Weilburg, Cleve und Bitburg. Ihre 
Einrichtung und der Unterricht an ihnen sind ge- 
ist maßgebend der MéE. 
  
  
vom 29. Febr. 1908 
(WBlMjL. 197). 
IV. Außer diesen allgemeinen landwirtschaft- 
lichen Lehranstalten bestehen noch zahlreiche 
landwirtschaftliche Spezialschu- 
len, und zwar für Wiesenbau (s. Wiesen- 
bauschulen) und für Wegebau, Obst-, Wein- 
und Gartenbau, Molkerei, Hufbeschlag, Bienen- 
zucht, Geflügelzucht, Brennerei, Brauerei und 
Zuckerfabrikation. Als höhere Schulen sind von 
diesen anzusehen insbesondere: a) Die Insti- 
tutefür Gärungsgewerbe, Stärke- 
fabrikation und Zuckerfabrikation 
in Berlin. Diese sind an die landwirtschaftliche 
Hochschule angegliedert und umfassen eine Ver- 
suchsbrauerei und Versuchsanlagen für Bren- 
nerei, Preßhese-, Essig-, Stärke-, Stärkezucker- 
und Dertrinfabrikation, sowie Laboratorien für 
Zuckerfabrikation. Es wird Unterricht erteilt für 
Brenner, Brauer, Essig= und Stärkefabrikanten, 
Zuckerfabrikschemiker und Chemikerinnen. ’ Die 
Studierenden der landwirtschaftlichen Hochschule 
sind berechtigt, am Unterricht dieser Anstalten 
teilzunehmen. b) Die Lehranstalt für Obst-, 
Wein= und Gartenbau in Geisenheim, 
das Pomologische Institut in Proskau und 
die Gärtnerlehranstalt in Dahlem bei 
Berlin (früher in Wildpark bei Potsdam). Sie 
bieten einen in sich geschlossenen höheren Fach- 
unterricht, der in Geisenheim vorwiegend Obst- 
und Weinbau, in Proskau Blumen-, Gemüse- 
und Obstzucht, in Dahlem Landschaftsgärtnerei 
umfaßt. Die Bestimmungen über die Einrich- 
tungen der Schulen, die Lehrgänge, Lehrpläne
	        
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