Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Stadtverordnetenwahlen 
vorbehaltenen ausführenden Verwaltung findet 
nicht statt und die S. darf ihre Beschlüsse in 
keinem Falle selbst zur Ausführung bringen. Sie 
hat kein Recht, förmliche Untersuchungen vor- 
zunehmen und ihr nicht angehörige Personen — 
beispielsweise als Sachverständige — für ihre 
Informationsgewinnung heranzuziehen (O# G. 
45, 42). Zur Ausführung auf ihre Geschäfts- 
führung bezüglicher Beschlüsse ist die S. überall 
selbst zuständig, sie kann auch Beschwerde über 
den Stadtvorstand bei der Aufsichtsbehörde er- 
heben und bei Meinungsverschiedenheiten die 
Entscheidung des Bez A. anrufen (O# G. 52, 23). 
Zur Wahrnehmung ihrer Rechte im Verwal- 
tungsstreitverfahren gibt ihr § 21 Abs. 2 ZG. 
das Recht der Bestellung eines besonderen Ver- 
treters. Wird die S. gegen Magistratsmitglieder 
aus Anlaß ihrer Amtsführung klagbar, so be- 
stellt ihr auf ihren Antrag der Regierungspräsi- 
dent, in Berlin der Oberpräsident einen Anwalt 
für die Prozeßführung. Für die im Verwal- 
tungsstreitverfahren als Partei beteiligte S. kann 
der Stadtverordnetenvorsteher auch ohne be- 
sonderen Auftrag Rechtsmittel einlegen und es 
genügt, daß die Versammlung dies nachträglich, 
wenn auch erst nach Ablauf der Rechtsmittel- 
  
  
frist, genehmigt (OV#G. 55, 41). Hinsichtlich der 
nach der LGO. verwalteten westfälischen Städte 
s. O# G. 54, 325 (Std. f. d. ö. Pr. 88 10, 35, 
37, 44 Abs. 2, 61; Seid. §§ 10, 44 Abs. 2, 
35, 37, 61; Rhein St. §§ 9, 31, 35, 41 Abs. 2, 
45, 56. 67;: Hess Nass St O. 8§ 12, 38, 39 Abs#. 2, 
47 Abs. 2, 52 Abs. 2, 53, 66, 81: Gem VWl. 
Hohenzoll GO. 
§#s 2, 45—47, 54 Abl. 2, 68; 
§8 20, 72, 73, 83, 92, 94). 
b) Ju Schleswig- Holstein hat der 
Magistrat die städtischen Gemeindeangelegenhei- 
ten unter der gesetzlich gcordneten Mitwirkung 
des Stadtverordnetenkollegiums zu verwalten. 
Alle inneren Gemeindeangelegenheiten und 
Gegenstände der Stadtökonomie erfordern, soweit 
sie nicht durch die Städteordnung oder in einem 
Ortsstatute dem Magistrat allein überwiesen sind, 
die mitwirkende Beschlußfassung der S. in der 
Weise, daß beide Kollegien gemeinschaftlich be- 
raten und beschließen (s. vorstehend III 6 b 
und SchlHolst St O. 8§ 1, 50—53, 60, 63, 64, 85, 87). 
c) In Hannover wird die Stadt durch den 
Magistrat verwaltet und durch ihn sowie die 
Bürgervorsteher (s. oben le) vertreten. Das 
Bürgervorsteherkollegium steht nur im Ge- 
schäftsverkehre zum Magistrat, ist jedoch zur 
Beschwerdeführung über ihn und einzelne 
Magistratsmitglieder in Angelegenheiten der 
Gemeindeverwaltung befugt und vertritt dem 
Magistrate gegenüber die Stadtgemeinde in 
allen Angelegenheiten des Gemeinwesens. In- 
wieweit der Magistrat bei der Leitung 
dieser Angelegenheiten an die Zustimmung 
der Bürgervorsteher gebunden ist, bestimmen die 
St O. und das Ortsstatut. Wenn der Magistrat 
seiner Entscheidung unterliegende Gegenstände 
der Gemeindeverwaltung dem Bürgervorsteher- 
kollegium zur Beratung vorlegt, so wir? hier- 
durch dessen Zuständigkeit für diesen Einzelfall 
begründet. Dies ist unzulässig, wenn die Ent- 
scheidung dem Magistrate durch eine besondere 
Gesetzesbestimmung zugewiesen ist. Die Beratung 
und Beschlußfassung der beiden Stadtverordneten- 
  
  
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kollegien erfolgt der Regel nach gemeinsam ((. 
vorstehend III 6 c und Hann StO. 8§ 5, 72, 80, 
95— 98, 118, 119, 123). S. auch Beanstan- 
dungen; Gemeindesteuerbeschlüsse: 
Magistrate:; Meinungsverschie- 
denheiten; Petitionsrecht; Stadt- 
verordnetenwahlen. 
VI. Auflösung. Eine S. kann auf An- 
trag des Staatsministeriums durch kgl. Verord- 
nung aufgelöst werden. In diesem Falle ist 
binnen 6, in Schleswig-Holstein binnen 3 Mo- 
naten vom Tage des Erlasses der Auflösungs- 
verordnung ab gerechnet, mit der Neuwahl vor- 
zugehen. Bis zur Einführung der neugewählten 
Stadtverordneten versieht der Bez A., in Schles- 
wig-Holstein der Magistrat die Geschäfte der S. 
Die StO. für die Prov. Hannover sieht eine 
Auflösung nicht vor (StO. f. d. ö. Pr. § 74; 
Westf St O. § 81; Rhein St O. § 86; SchlHolst- 
St O. § 65; Gem BG. 8§ 82; HessNass St O. § 90). 
Hinsichtlich Hohenzollern, wo eine besondere 
Städteverfassung nicht besteht, s. Landge- 
meindevertretung. 
Val. u. a. die Literatur bei -Städteordnungen-- , 
sowie Jebens, Die Stadtverordneten, 2. Aufl., Berlin 
1905 und Die Instruktion für die Stadtmagistrate vom 
25. Mai 1835, Berlin 1901: Kinne, Die Autonomie 
der Kommunalverbände in Preußen, Berlin 1908: Har- 
pelmann, Verfassung und Verwaltungsorganisation 
der Städte, Leipzig 1906: Preuß Das städtische 
Amtsrecht in Preußen, Berlin 1902. 
Stadtverordnetenwahlen. I. Wahlab- 
teilungen, Abstimmungsbezirke. 
a) Die Mitglieder der Stadtverordnetenversamm- 
lung werden von der Bürgerschaft aus ihrer 
Mitte gewählt. Die Grundlage der Wahlen 
bildet in der Monarchie, ausschließlich der Städte 
der Prov. Hannover und Schleswig-Holstein, des 
Reg.-Bez. Stralsund und Sigmaringen und der 
Stadtgemeinde Frankfurt a. M., das Dreiklassen- 
wahlsystem (s. d.). Ehrenbürger gehören nach 
§ 12 der Rhein St O. vom 15. Mai 1856 (G S. 406) 
zu der ersten Abteilung, ihre Steuer bleibt aber 
bei der Bildung der Abteilungen außer Ansatz. 
Auch § 15 Abs. 9 der Hess NassSt O. vom 4. Aug. 
1897 (GS. 254) überweist die nicht innerhalb 
der Stadtgemeinde wohnhaften Ehrenbürger der 
ersten Abteilung, während die übrigen in der 
Abteilung wählen, welcher sie nach ihren an- 
rechnungsfähigen Steuerbeträgen angehören. Die 
Vorschrift, nach der jede Abteilung ein Drittel 
der Stadtverordneten zu wählen hat, gestattet 
keine abweichende ortsstatutarische Regelung 
(OVG. 55, 41). Für Stadtgemeinden, die 
mehrere Ortschaften umfassen, kann der Bez U. 
nach § 15 der StO. f. d. ö. Pr. vom 30. Mai 1853 
(GS. 261) und Westf St O, vom 18. März 1856 
(GS. 237), sowie nach § 14 Rhein St O. in Verb. 
mit § 12 Ziff. 1 Z3G. bestimmen, wie viele 
Stadtverordnete aus jeder einzelnen Ortschaft 
zu wählen sind. Auch räumlich abgelegene 
Kolonien auf städtischem Gebiete fallen hierunter. 
Maßgebend ist dabei als Verteilungsmaßstab 
die Einwohnerzahl. Die Stadtverordneten 
müssen in der Ortschaft wohnen, für die sie ge- 
wählt werden, Wohnsitzverlegung hat den Man- 
datsverlust zur Folge. Die Festsetzung kann 
auch durch Ortsstatut erfolgen. Bei dem Mangel 
bezüglicher Bestimmungen ordnet der Magistrat 
(Bürgermeister) an, von welchen Abteilungen 
und in welcher Reihenfolge die den einzelnen
	        
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