Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Stauanlagen 
(geschriebenem) Rechte und ungesetztem Rechte 
Gewohnheitsrecht. Auch nannte man viel- 
fach alle Partikularrechte, namentlich die Stadt- 
rechte, S. Jetzt kommen S. in sehr verschiedener 
Weise vor. Es sind zwei Hauptarten zu unter- 
scheiden, einmal solche S., welche Ausfluß des 
Rechtes der Autonomie sind, d. i. der einzelnen 
öffentlichen Körperschaften, die Glieder des 
Staates bilden (Provinzen, Gemeinden — Orts- 
statute — usw.), den Kirchen, sowohl als Ge- 
samtkirchen wie in ihren kleineren Kreisen (Ge- 
meinden, Orden, Kapiteln usw.), und den Fa- 
milien des hohen Adels im Bereiche ihres Hauses 
(vogl. EGS BGB. Art. 57, 58; AEBGB. vom 
20. Sept. 1899 — GS. 177 — Art. 88) ge- 
währten Befugnis, für bestimmte Verhältnisse 
Rechtssätze aufzustellen, deren Befolgung der 
Staat gewährleistet ((‚„Hausgesetze), und 
sodann die übrigen S., z. B. die von Vereinen 
(Reichsvereinsgesetz vom 19. April 1908 — RGBl. 
151 — § 3; BGB. 8§ 25, 57, 58, 71), Knapp- 
schaftsvereinen (G. vom 19. Juni 1906 — GS. 
199 — Art. 1 § 168 a) und von Gesellschaften des 
Handelsrechts. Bei der letzteren Art kann von 
einer Autonomie nicht gesprochen werden, son- 
dern handelt es sich nur um Rechtsgebilde, die 
auf Rechtsgeschäft (Vertrag) beruhen, und bei 
denen es jedem Mitgliede, das sich nicht weiter 
der Satzung fügen will, freisteht, durch Aus- 
tritt aus der Gemeinschaft sich des weiteren Ge- 
bundenseins durch die Satzung zu entziehen. Im 
übrigen lassen sich allgemeine Regeln über das 
Zustandekommen (Versammlungsbeschluß, Be- 
schluß von Vertretungsorganen, 
  
einstimmiger 
Beschluß aller volljährigen Agnaten, Entschluß 
des Familienhauptes usw.) und über die Form 
der Satzungen, namentlich auch die Notwendig- 
keit einer Genehmigung oder Bestätigung oder 
bloße Vorlegung zur Kenntnisnahme, die Art, 
wie sie bekanntzumachen sind, ihren Inhalt, der 
sowohl dem öffentlichen wie dem Privatrecht 
angehören kann, usw. nicht aufstellen; alles dies 
ist vielmehr in den einzelnen Fällen verschieden. 
Die Anwendung der S. hat von Amts wegen 
zu geschehen. Die richterliche Prüfung der 
Gültigkeit ist unbeschränkt. Der Parteibeweis 
hat dieselbe Bedeutung wie bei Gewohnheits- 
recht und fremdem Recht (3PO. F 293). 
II. Bei der räumlichen Kollision zwischen 
gleichzeitig bestehenden Rechtssätzen sei es des- 
selben Staates, sei es verschiedener Staaten 
(internationales Privat-, Straf= usw. Recht) 
spricht man herkömmlicherweise von Statuten- 
kollisionen und unterschied früher statuta per- 
sonalia, realia und mixta; die neuere Theorie 
hat diese Scheidung verworfen. 
III. Durch S. wird die Einrichtung der In- 
nungen (s. Freie Innungen, Zwangs- 
innungen), der Innungsausschüsse (s. d.), 
der Innungsverbände (s. d.), der Handwerks- 
kammern (s. d.), der Gewerbegerichte (s. d.), der 
Kaufmannsgerichte (s. d.), der Krankenkassen (s. 
Orts-, Betriebs-, Bau= und In- 
nungskrankenkassen), der Knapp- 
schaftsvereine (s. d.), der Berufsgenossenschaften 
(s. d.), der Versicherungsanstalten (s. d.) geregelt. 
S. auch Ortsstatuten, Sparkassen- 
statuten, und wegen der S. der Kommunal= 
verbände Gemeindestatuten, Kreis- 
  
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statuten, Provinzialreglements 
und -statuten. 
Stauanlagen. S. sind ständige Anlagen, 
welche durch Hemmung des Wasserablaufs ent- 
weder eine Hebung des Wasserspiegels (z. B. 
für Schiffahrtszwecke, zur Speisung von Be- 
wässerungskanälen, zur Erhöhung des Grund- 
wasserstandes, zur Gewinnung von Wasserkraft 
für Triebwerke) oder eine Ansammlung von 
Wasser (behufs Verwendung nach Belieben des 
Unternehmers) bezwecken. Für die Einwirkung 
der S. auf Grundstücke und Anlagen Dritter 
kommen in Betracht die Stauhöhe, und 
zwar in Ansehung regelmäßig des höchsten zu- 
lässigen; Wasserstandes, unter Umständen auch 
des einzuhaltenden Niedrigstwasserstandes, fer- 
ner die zu benutzende Wassermenge und 
die Zeiten der Benutzung. Zur Be- 
zeichnung der Stauhöhe dient der Merk- 
pfahl (Eich-, Meßpfahl), die Erhaltung der 
auf ihm verzeichneten Höhepunkte ist durch nivel- 
litische Bezeichnung auf möglichst unverrückten 
und unvergänglichen Festpunkten sicherzustellen. 
I. Die Befugnis zur Anlegung 
von S. Sie steht in privatrechtlicher Hinsicht 
demjenigen zu, der die rechtliche Herrschaft über 
den Wasserlauf hat. Dies ist bei den schiff- 
baren Strömen der Staat (ALspR. II, 15 
§§ 38, 62, 229), bei Privatflüssen der 
Eigentümer (Anlieger), vgl. Ent= und Be- 
wässerungen II. Einer Genehmi- 
gung bedarf es für alle S. für Wasser- 
triebwerke (s. IV). Für alle andern S. 
bedarf es im Geltungsgebiete des Privatfluß- 
gesetzes vom 28. Febr. 1843 (vgl. Ent= und 
Bewässerungen II) der Genehmigung 
nicht. Dagegen ist eine solche vorgeschrieben 
für Hannover (für gewisse Fälle) im § 74 
Ziff. 2 des G. vom 22. Aug. 1847, für das 
vormalige Kurhessen im 3 16 der V. vom 
31. Dez. 1824. Behufs Ermittlung unbekannter 
Widerspruchsberechtigter finden in den alten 
Provinzen die unter III des Artikels Ent- 
und Bewässerungen angegebenen Ge- 
setze Anwendung. 
II. Merkpfahlsetzung und Strei- 
tigkeiten über die Höhe des Was- 
serstandes. Der Merkpfahl (s. o.) kann eine 
rein tatsächliche Bedeutung haben, indem er 
vom Eigentümer als Anhalt für die eigene Be- 
nutzung der S. errichtet ist. Hier ist vom Merk- 
pfahl nur in dem Sinne die Rede, daß seine An- 
gaben für den Inhaber der S. rechtlich bindend 
sind. Streitigkeiten über die Stauhöhe, auch 
soweit sie privatrechtlicher Natur sind, hat die 
Gesetzgebung in weitem Umfange in das Ver- 
waltungs-, Beschluß-- und Streitverfahren ver- 
wiesen. 
a) Geltungsgebiet des Vorflut- 
edikts vom 15. Nov. 1811 und des 
im wesentlichen damit überein- 
stimmenden Vorflutgesetzes für 
Neuvorpommern und Rügen vom 
9. Febr. 186 7. Das Vorflutedikt findet nur 
auf S. für Wassertriebwerke Anwendung, andere 
S. fallen unter das Privatflußgesetz vom 28. Febr. 
1843 (OVG. vom 23. März 1893 — O# G. 21, 
266). Jeder Besitzer einer S. muß sich die 
Setzung eines Merkpfahls auf Antrag und Kosten 
  
  
  
 
	        
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