Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Stempelsteuer (preußische) 
2. dem Reichsfiskus und preuß. Staatsfiskus 
und allen öffentlichen Anstalten und Kassen, die 
für Rechnung des Reichs oder Preußens ver- 
waltet werden oder diesen gleichgestellt sind (zu 
1 und 2 kann der FM. dem Staatsoberhaupt, 
dem Fiskus und den bezeichneten Anstalten und 
Kassen anderer Staaten, ferner den Chefs der 
bei dem Deutschen Reich und bei Preußen be- 
glaubigten Missionen Stempelfreiheit gewähren, 
Einzelwerte ungetrennt in einer Summe verab- 
wenn der andere Staat Preußen gegenüber die 
gleiche Rücksicht übt); 3. deutschen Kirchen und 
anderen deutschen Religionsgesellschaften, denen 
die Rechte juristischer Personen zustehen; 4. öf- 
fentlichen Armen-, Kranken-, Arbeits= und Bes- 
serungsanstalten, öffentlichen Waisenhäusern, 
vom Staate genehmigten Hospitälern und ande- 
ren Versorgungsanstalten; serner vom Staate 
genehmigten Vereinen für die Kleinkinderbewahr- 
anstalten, sowie Stiftungen, welche als milde 
ausdrücklich anerkannt sind; 5. öffentlichen Schu- 
len und Universitäten; 6. Gemeinden (Guts- 
bezirken) und Verbänden von solchen in Armen-, 
Schul= und Kirchenangelegenheiten; 7. gemein- 
nützigen Baugesellschaften und Baugenossen- 
schaften. (Z u# 4—7 erstreckt sich die Stempel- 
freiheit nur auf preuß. Anstalten usw.; außer- 
preußischen kann sie der FM. im Falle der 
Gegenseitigkeit gewähren. Zu 7 können alle 
Stempelbeträge, die mangels der Befreiung 
fällig geworden sein würden, binnen Jahresfrist 
eingefordert werden, wenn die Gesellschaften 
zahlt werden, der auch im Falle der Einzel- 
ihren Zweck ändern.) Bei Verträgen zwischen 
steuerfreien und steuerpflichtigen Personen muß 
die Hälfte des tarifmäßigen Stempels und ge- 
gebenenfalls der Duplikatstempel in voller Höhe 
verwendet werden. Bei Lieferungen an den 
Reichs= und preuß. Staatsfiskus und die zu 2 
  
  
erwähnten Kassen und Anstalten hat der Liefe- 
rungsübernehmer den vollen Lieferungsstempel 
zu entrichten. 
d) Berechnung der Steuer. Die S. 
ist entweder in sich fest bestimmt (Fixstempel) 
oder sie ist nach Wertklassen fest bestimmt (abge- 
stufter Fixstempel) oder sie wird in Bruchteilen 
von dem Werte des Gegenstandes erhoben 
(Wertstempel); s. auch unter Fixstempel. 
Insoweit es sich nicht um feste Stempel handelt, 
beträgt die Stempelabgabe, abgesehen von ein- 
zelnen Abweichungen, mindestens 0,50 M und 
steigt in Abstufungen von je 0,50 M, wobei 
überschießende Stempelbeträge auf 0,50 .4 ab- 
gerundet werden (§ 11). Abweichungen s. z. B. 
unter Schuldverschreibungen und 
Versicherungsverträge. Maßgebend 
für die Berechnung des abgestuften Fixstempels 
und des Wertstempels ist der gemeine Wert des 
Gegenstandes zur Zeit der Beurkundung des 
Geschäfts (§ 6 Abs. 1). Über die Ermittlung 
dieses Wertes gibt § 6 LSt. eingehende Vor- 
schriften; insbesondere wird die Berechnung des 
Kapitalwerts von Nutzungen und Leistungen 
auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geregelt. 
Die Steuerpflichtigen sind zur Auskunfterteilung 
über den Wert des Gegenstandes verbunden; sie 
können zu derselben erforderlichenfalls durch 
Ordnungsstrafen bis zum Gesamtbetrage von 
60 4 angehalten werden (5 7 Abs. 1 u. 2). 
Ferner sind alle unmittelbaren und mittelbaren 
Behörden und Beamten verpflichtet, den Steuer- 
  
v. Bitter, Handwörterbuch der preußischen Verwaltung. 2. Aufl. II. 
  
625 
behörden und den zur Einziehung oder Ver- 
wendung des Stempels noch sonst verbundenen 
Behörden oder Beamten Auskunft über die für 
die Festsetzung der S. in Betracht kommenden 
tatsächlichen Verhältnisse zu erteilen (§ 7 letzter 
Absatz). Ist bei Rechtsgeschäften über mehrere, 
verschiedenen Steuersätzen unterliegende Gegen- 
stände (s. z. B. unter Werkverdingungs- 
verträge) das Entgelt ohne Angabe der 
redet und in der Urkunde angegeben, so kommt 
für die Berechnung des Stempels der höchste 
Steuersatz in Anwendung, sofern nicht von den 
Urkundenausstellern innerhalb der Stempelver= 
wendungsfrist die Einzelwerte auf der Urkunde 
noch nachträglich angegeben werden (8 10 Abs. 1). 
e) Art der Erfüllung der Stempel- 
pflicht und Zeit der Stempelver- 
wendung. Die Stempelpflicht wird durch 
Verwendung von Stempelzeichen (Stempel- 
papier und Stempelmarken), bei den Gerichten 
durch Vereinnahmung in bar bei den Gerichts- 
kosten (s. unter h) erfüllt (§ 14 Abs. 1). Der 
JM. ist ermächtigt, für den Verkehr bestimmter 
Personen (Versicherungsgesellschaften, Sparkas- 
sen usw.) statt der Erhebung des Stempels im 
einzelnen die Zahlung einer jährlichen Ab- 
findungssumme zu gestatten (§ 14 Abs. 
2). Die näheren Bestimmungen hierüber finden 
sich in Ziff. 21 der AusfBest. vom 16. Aug. 1910. 
Als Abfindung soll tunlichst der Betrag ge- 
versteuerung der Urkunden zu zahlen gewesen 
wäre. Die im Wege der Abfindung versteuerten 
Urkunden sind mit einem kurzen Vermerk hier- 
über zu versehen. Behörden und Beamte haben 
die von ihnen ausgestellten stempelpflichtigen 
Schriftstücke vor deren Aushändigung, spätestens 
aber binnen zwei Wochen nach dem Tage der 
Ausstellung, zu versteuern (§ 15). Privatper- 
sonen haben die Versteuerung der nicht auf 
Stempelpapier niedergeschriebenen Urkunden im 
allgemeinen binnen zwei Wochen nach 
dem Tage der Ausstellung, die in § 13c be- 
zeichneten Inhaber oder Vorzeiger einer stempel- 
pflichtigen Urkunde (s. o. unter as) binnen zwei 
Wochen nach dem Tage des Empfangs der Ur- 
kunde zu bewirken (§ 16 Abs. 1 u. 2). Die von 
den Verpächtern und Vermietern aufzustellen- 
den Pacht= und Mietverzeichnisse (s. Pacht- 
verträgezg sind für das abgelaufene Kalender- 
jahr im Januar des folgenden Jahres (TSt. 48 I 
Abs. 9) und die für den Mobilmachungsfall von 
der Heeresverwaltung abgeschlossenen Verträge 
binnen zwei Wochen nach dem Eintritt der 
Mobilmachung zu versteuern (§ 16 Abs. 1e). 
Steuerkarten für Automaten und Musikwerke 
sind innerhalb eines Monats nach der Inbetrieb- 
setzung und für die Folge im Januar jedes 
Jahres zu lösen (TSt. 11 a). Die im Auslande 
errichteten Urkunden sind, falls Inländer bei 
ihnen beteiligt sind, binnen zwei Wochen nach 
dem Tage der Rückkehr der Inländer in das 
Inland, sonst vor dem Gebrauch im Inlande 
zu versteuern (§ 16 Abs. 14). Insoweit Ur- 
kunden über Rechtsgeschäfte der Genehmigung 
oder des Beitritts einer Behörde oder eines 
Dritten bedürfen, beginnt die Stempelverwen- 
dungsfrist den Ausstellern gegenüber erst mit 
40
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.