Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Sterberegister — Steuer 
injährigen Karenzzeit abhängig gemacht und 
aß die Höhe des Sterbegeldes bei Eintritt des 
Todes vor vollendetem siebenten Lebensjahre 
satzungsmäßig entweder auf die Begräbniskosten 
beschränkt, oder ein bestimmter Höchstbetrag gemäß 
§ 159 letzter Satz des G. vom 30. Mai 1908 fest- 
gesetzt wird (Eil. vom 1. Dez. 1909 — MBl. 265). 
Wegen Unterstützungen im Falle von Totgeburten 
s. Erl. vom 16. Jan. 1911 (Ml. 58). 
Sterberegister s. Personenstandsre- 
gister und Sterbe fälle (Beurkun- 
dung solcher). 
Sterilisierung. I. S. bei Flüssigkeiten, 
insbesondere Milch, bezweckt das Abtöten aller in 
der Flüssigkeit enthaltenen schädlichen Lebe- 
wesen und Krankheitserreger durch starkes Er- 
hitzen über den Siedepunkt hinaus unter luft- 
dichtem Verschluß. Lediglich abgekochte Milch 
(s. d.) soll nicht als sterilisierte verkauft werden 
(Erl. vom 27. Mai 1899). 
Nach § 20 Abs. 1 des Viehseuchengesetzes vom 
1. Mai 1894 (RG#Bl. 409) können im Falle 
einer Viehseuchen ge ahr Beschränkun- 
gen in der Art der Benutzung oder Verwertung 
der von kranken oder verdächtigen Tieren stam- 
menden Erzeugnisse polizeilich angeordnet wer- 
den. In § 44 a a. a. O. und § 61 BR.-Instr. 
vom 30. Mai 1895 (REBl. 357) ist zur Verhü- 
tung der Weiterverbreitung der Maul= und 
Klauenseuche (s. d.) bestimmt, daß Milch von 
kranken Tieren nur nach Abkochung oder momen- 
taner Erhitzung auf 100° C oder nach mindestens 
viertelstündiger Erhitzung auf 90° C zum Ge- 
nusse für Menschen oder Tiere oder an Sam- 
melmolkereien abgegeben werden darf. Bei 
größerer Seuchengefahr ist die Abgabe von 
Milch aus gesperrten Standorten oder Gebieten 
(s. Sperre) an dieselbe Bedingung zu knüpfen. 
Desgleichen kann schon bei Seuchengefahr über- 
haupt das Weggeben ungekochter oder nicht 
nach obigen Grundsätzen erhitzter (sterilisierter) 
Milch aus Sammelmolkereien verboten werden. 
Dies muß geschehen, wenn einer der beteiligten 
Viehbestände unter Sperre gestellt ist. An 
Sammelmolkereien, aus denen nur sterilisierte 
Milch abgegeben werden darf, kann auch die 
Lieferung ungekochter Milch von kranken Tieren 
gestattet werden. Alles dies gilt auch für Mager- 
milch, Käsemilch, Buttermilch und Molken. Eine 
allgemeine S. der aus Sammelmolkereien abge- 
gebenen Magermilch wird auch als Mittel zur Be- 
kämpfung der Perlsucht (s. d.) empfohlen und ist hie 
und da auch schon landespolizeilich angeordnet. 
Eine allgemeine Regelung dieser Frage steht bei 
Inkrafttreten des Viehseuchengesetzes vom 26. Juni 
1909 (s. Viehseuchengesetze, neu) bevor. 
II. Außer bei Flüssigkeiten wird das Sterili- 
sieren auch bei festen Körpern (s. hierzu 
Fleischbeschau IV 1) angewendet zur Ab- 
tötung von Krantkheitsstoffen (s. Vorschriften 
über das Arbeiten mit Pesterregern § 6, An- 
lage 10 der Anw. zur Bekämpfung der Pest 
vom 3. Juli 1902 — M9) Bl. 1903, 24). 
III. Wegen der Beschäftigungszeit von Arbeite- 
rinnen in Betrieben zur S. der Milch s. Meie- 
reien. . 
Stener. I. Begriff. Die S. sind eine Art 
der „Abgaben“ (s. d.), und zwar Geld ab- 
gaben, welche der Staat oder die von ihm hierzu 
  
  
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ermächtigten öffentlichrechtlichen Verbände, erste- 
rer kraft des Staatshoheitsrechtes, letztere kraft 
der ihnen vom Staate verliehenen Ermächti- 
gung, nach allgemeinen Grundsätzen und Maß- 
stäben von denjenigen physischen und nicht- 
physischen Personen, die vermöge persönlicher 
Angehörigkeit, Wohnsitzes, Aufenthaltes, Eigen- 
tums oder Besitzes, gewerblicher oder sonstiger 
Tätigkeit oder eines Rechts= oder wirtschaft- 
lichen Vorganges der Staatshoheit unter- 
liegen, erheben, ohne ihnen hierfür eine 
besondere Gegenleistung zu gewähren. Durch 
das Fehlen einer besonderen Gegenleistung 
unterscheidet sich die S. von der „Gebühr“ 
und dem „Beitrag", durch die Geldleistun- 
gen von den „Naturalleistungen“. Etymo- 
logisch bezeichnet das Wort S. (althochdeutsch 
„stiura“, mittelhochdeutsch „stiure“) ursprüng- 
lich jede Beihilfe oder Unterstützung (ähnlich 
Beisteuer). Andere Definitionen sind fol- 
gende: J. G. Hoffmann: „Geldbeiträge zur Er- 
haltung und Verbesserung der Anstalten, welche 
die Regierungen der Staaten und die Vorstände 
der Gemeinden zur Begründung und Beförde- 
rung der Wohlfahrt ihrer Untergebenen anordnen 
und leiten." Rau: „Auflagen, welche ohne 
eine einzelne Veranlassung, also ohne eine be- 
sondere Gegenleistung der Regierung, aus all- 
gemeiner Bürgerpflicht und nach einem allge- 
meinen Maßstabe von den Bürgern gefordert 
werden.“ Roscher: „Beiträge, welche die Einzel- 
wirtschaften dem Staate, der Provinz, der Ge- 
meinde usw., überhaupt der jeweilig über ihnen 
stehenden Zwangsgemeinschaft schon wegen ihrer 
bloßen Zugehörigkeit leisten müssen, um den 
finanziellen Bedarf des Empfängers befriedigen 
zu können.“ Wagner: „Diejenigen Auflagen 
oder Abgaben, welche als Zwangsbeiträge von 
Einzelwirtschaften (Einzelnen) zur Deckung der 
allgemeinen, öffentlichen, d. h. der Ausgaben 
des Staates oder anderer Zwangswirtschaften 
(Selbstverwaltungskörper) kraft der Sonveräni- 
tät oder Finanzhoheit (Finanzgewalt) des Staates 
von der öffentlichen Gewalt — direkt von der 
Staatsgewalt oder abgeleitet von ihr mittels 
Kompetenzübertragung — in einseitig bestimm- 
ter Weise und Höhe im Sinne von generellen 
Entgelten und Kostenersätzen der Gesamtheit 
der öffentlichen, bzw. der Staats-, Gemeinde- 
uUsw. Leistungen nach allgemeinen Grundsätzen 
und Maßstäben eingefordert werden.“ Schäffle: 
„Sachgüterbeiträge (Geldbeiträge), welche einem 
Gemeinwesen von mitgliedlich zugehörigen Son- 
derwirtschaften zur Bestreitung des gemein- 
nützigen (nicht speziell vergütbaren) Aufwandes, 
lediglich nach dem Berechtigungsgrund der Stel- 
lung des Gemeinwesens über seinen Mitgliedern 
(Hoheit) und aus dem Verpflichtungsgrund der 
Mitglieder als solcher — also ohne Rücksicht auf 
den aus dem Gemeinwesen gezogenen Nutzen 
und ohne Rückerstattung — entrichtet werden.“ 
Schmoller: „Geldbeiträge, welche der einzelne 
als Staatsbürger und Untertan an sich zahlt, 
ohne genaue Beziehung von Vorteil und Lei- 
stung aufeinander.“ Helferich: „Abgaben, welche 
von der Obrigkeit aus dem Vermögen aller Unter- 
tanen gleichmäßig erhoben werden zum Zwecke 
der Befriedigung der allgemeinen öffentlichen 
Bedürfnisse, wenn und soweit die Einnahmen
	        
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