Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Steuerfreie Niederlagen — Steuerfreiheit des Branntweins 
6 X 75 = 150 A weniger als ein Fünftel des! 
veranlagten Einkommens beträgt. 
kommen besonders zu berechnen; ist z. B. die 
Veranlagung erfolgt nach 3000 4, bezogen 
aber sind 1. April bis 30. Sept. monatlich 250, 
1. Okt. bis 31. Dez. monatlich 100, 1. Jan. 
bis 31. Jan. 0, 1. Febr. bis 31. März 120 K, 
so ist die Steuer vom 1. Okt. ab zu berechnen 
wie folgt: Oktober bis Dezember nach einem 
Jahreseinkommen von 1200 .K, Januar steuer- 
frei, Febrnar und März nach Jahreseinkommen 
von 1440 K; ist das ganze Einkommen weg- 
gefallen, so hat die Freistellung im Ermäßigungs- 
verfahren zu erfolgen, die aber nach dem ein- 
gangs Bemerkten nicht identisch mit dem Steuer- 
erlaß (s. d.) ist (AusfAnw. Art. 80 und Ande- 
rung vom 1. Juli 1909; Mittd St. 26, 24 ff.; 
29, 18; 30, 40 f.; 38, 31; 40, 40 f.; 44, 25; 
46, 14 f.; 47, 9f.; 48 S. 1, 27; 52, 45; 53 
S. 31—33). 
B. Analog sind die Voraussetzungen der S. 
bei der Ergänzungssteuer nach § 40 
Erg StG.: Verminderung des Gesamtwertes des 
steuerbaren Vermögens um mehr als ein Viertel 
— nicht ein Fünftel — im Laufe des Steuerjahres 
durch Wegfall eines Vermögensteils oder — 
ohne Rücksicht darauf, ob Wegfall eines Ver- 
mögensteils vorliegt, und ob die Vermögens- 
änderung ein Viertel erreicht — anderweite 
Heranziehung eines weggefallenen Vermögens- 
teils zur Ergänzungssteuer (AusfAnw. z. Eink- 
St G. und Erg St G. Art. 81 nebst Anderung 
vom 1. Juli 1909; Mittd St. 49, 18; 53, 32 f.). 
Die S. tritt bei der Einkommen- 
und der Ergänzungssteuer nur auf 
Antrag ein, dem aber, wenn er sachlich be- 
gründet ist, Folge gegeben werden muß. 
Der Antrag ist nur bis zum Ablauf des dritten 
Monats nach dem Schlusse des Rechnungsjahres 
zulässig, in welchem die Einkommens- bzw. Ver- 
mögensminderung eingetreten ist. Es entscheidet 
die Regierung, gegen deren Entscheidung die 
binnen vier Wochen bei ihr einzulegende Be- 
schwerde an den F M., nicht Berufung oder Be- 
schwerde an das O., zulässig ist. Ergibt sich, 
daß Freistellung von der Einkommensteuer 
wegen Verminderung des Einkommens auf nicht 
mehr als 900 K einzutreten hat, so darf indes 
im Ermäßigungsverfahren die Feststellung eines 
fingierten Normalsteuersatzes nach § 79 Eink- 
St G. nicht erfolgen (EinkSt G. § 65; ErgStW G. 
§ 42; AusfAnw. Art. 82; Mittd St. 35, 28). 
II. Da die S. nach § 63 EinkSt G. eine Ande- 
rung der Veranlagung darstellt, so 
zieht sie eine entsprechende Abänderung der von 
Gemeinden oder anderen Verbänden er- 
hobenen Zuschläge zur Einkommensteuer nach 
sich (KA#G. § 36 Abs. 2); jedoch tragen den hier- 
durch bei den Kreissteuern entstehenden Ausfall 
die Gemeinden und Gutsbezirke; soweit indes 
der durch Abgänge nach Abzug der Zugänge 
eingetretene Ausfall an dem der Kreisbesteue- 
Bei mehr= s. Kreisabgaben). 
fachen Einkommensänderungen ist die Steuer 
im Ermäßigungsverfahren für die einzelnen 
Zeiträume nach dem jeweils bezogenen Ein- 
  
rung zugrunde gelegten Gesamtsteuersoll 1000. 
des letztern übersteigt, ist er auf Antrag vom 
  
Kreise zu übernehmen, wozu der Kr A. auf An- 
  
trag auch bei geringerem Ausfall nicht ver- 
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pflichtet, aber berechtigt ist (Kr Prov Abg G. § 15; 
Über die S. bei ande- 
ren Kommunalsteuern als den Zuschlägen zur 
Einkommensteuer bestehen gesetzliche Bestim- 
mungen, welche dem Steruerpflichtigen einen 
Anspruch hierauf gewährten, nicht; die Befugnis 
zur S. ist auch hinsichtlich der Grund-, Gebäude- 
und Gewerbesteuer für die Gemeindebesteue- 
rung auf die Gemeinden übergegangen; die dem 
Staate verbliebene Versetzung durch Über- 
schwemmung beschädigter Grundstücke in andere 
Klassen des Klassifikationstarifs der Grund- 
steuer (G. vom 15. April 1889 — GS. 99 —. 
§ 1 Nr. 1) ist keine S. in dem hier behandelten 
Sinne, sondern eine neue Veranlagung für die 
Zukunft. 
Marcinowski, im VBerwrch. II, Berlin; Fui- 
sting, Finanzpolitische Zeit= und Streitfragen, 1. Heft: 
Der Entwurf der Novelle zum preuß. Einkommensteuergesetz, 
Berlin 1906. 
Steuerfreie Niederlagen s. Niederlagen 
(zoll= und steuerfreie) B. 
Steuerfreiheit des Branntweins. I. Ge- 
schichtliches. Schon § 5 des Branntwein- 
steuergesetzes vom 8. Juli 1868 (wegen der in 
diesem Artikel enthaltenen Gesetze, Ausfüh- 
rungsbestimmungen usw. mit den hier benutzten 
Abkürzungen vgl. Branntweinbesteue- 
rung II und III) sah die Vergütung der 
Maischbottich= und Materialsteuer bei der Aus-= 
fuhr von Branntwein vor. Das Gesetz, 
betr. die S. d. B. vom 19. Juli 1879 dehnte die 
Vergütung auf solchen Branntwein aus, der zu 
gewerblichen Zwecken einschließ- 
lich der Essigbereitung verwendet 
wird. Das G. vom 24. Juni 1887 führte die S., 
die sich nunmehr auch auf die neu eingeführte 
Verbrauchsabgabe und den Zuschlag zu dieser 
bezog, auch für Branntwein ein, der zu Heil-, 
wissenschaftlichen, Putz-, Hei- 
zungs-, Koch= und Beleuchtungs- 
zwecken verwendet wird. Die durch die Nov. 
vom 16. Juni 1895 eingeführte Brennsteuer 
hatte ferner lediglich den Zweck, Mittel für Ge- 
währung von weiteren Vergütungen zunächst 
für solchen Branntwein zu schaffen, der ausge- 
führt oder zur Essigbereitung verwendet wird. 
Diese Brennsteuervergütung ist dann auf die 
übrigen Vergütungsfälle, mit Ausnahme der 
Verwendung zu wissenschaftlichen Zwecken, aus- 
gedehnt worden (s. Brianntweinbesteue- 
rung ll a und b). Die Befreiungsgrundsätze 
dieser Gesetze sind im allgemeinen in das Brannt- 
weinsteuergesetz vom 15. Juli 1909 (RBl. 661) 
und die als Ausführungsvorschrift dazu vom 
BR. erlassene Branntweinsteuer-Befreiungsord- 
nung (BefrO.) übergegangen. Die Bestimmun- 
gen darüber sind im wesentlichen folgende: 
II. Steuerfreie Verwendung von 
Branntwein. a) Voraussetzungen 
der Steuerfreiheit. Sie wird gewährt: 
1. (BefrO. 8§8§ 1—3, 14) für vollständig 
vergällten cdenaturierten) Branntwein, d. h. 
solchen Branntwein, der mit dem allgemei- 
nen Vergällungsmittel zum Trink- 
gebrauche amtlich unverwendbar gemacht wor- 
den ist (s. unter c); 2. (BefrO. §§ 1, 2, 4, 16 
bis 21) für unvollständig vergällten 
Branntwein, d. h. Branntwein, der mit be- 
sonderen Mitteln für bestimmte Zwecke zwar 
 
	        
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