Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

640 Steuerhinterziehungen und Steuerstrafen 
kürzung, anderenfalls mit dem vier- bis zehn= denn, der Beschuldigte hat in Preußen keinen 
sachen Betrage der Jahressteuer, um welche Wohnsitz oder die Regierung hält aus sonstigen 
der Staat verkürzt werden sollte, mindestens Gründen die sofortige Abgabe an das Gericht 
aber mit einer Geldstrafe von 100 .X, wer für angezeigt oder der Angeschuldigte verzichtet 
wissentlich in der Steuererklärung oder bei Be= auf die vorläufige Straffestsetzung. Ist aber 
antwortung der von zuständiger Seite bei der eine solche erfolgt, so wird die Sache an das 
eigentlichen Veranlagung (KG J. 28 C 10) an Gericht abgegeben, wenn der Beschuldigte die 
ihn gerichteten Fragen oder zur Begründung vorläufig festgesetzte Strafe nebst Kosten des 
Verfahrens nicht binnen der ihm bestimmten 
Einkommen oder über das Einkommen der von 
ihm zu vertretenden Steuerpflichtigen unrichtige 
oder unvollständige Angaben — auch Schätzungs- 
angaben (RSt. 40, 309) — macht, welche ge- 
eignet sind, zur Verkürzung der Steuer, d. h. 
nach Rt. 33, 115 ff.; 42, 16 zur Festsetzung 
eines Rechtsmittels a) über sein seuerbichtige, 
eines geringeren als des bei richtigem Vor- 88 
bringen zutreffenden Steuersatzes zu führen; 
b)seiner gesetzlichen Verpflichtung zuwider steuer- 
pflichtiges Einkommen verschweigt. Wegen Er- 
gänzungssteuerhinterziehun gwer- 
den unrichtige und unvollständige Angaben über 
das steuerbare Vermögen unter denselben Vor- 
aussetzungen bestraft; aber mit Rücksicht auf die 
geringe Höhe der Steuer tritt an die Stelle des 
4= bis 10 fachen ihr 10—25 facher Betrag. Ist 
zwar im übrigen jener Tatbestand der Hinter- 
ziehung — auch die Wissentlichkeit — gegeben, 
aber nach den Umständen anzunehmen, d. h. 
als voll bewiesen anzunehmen (RGJ. 28 C 47), 
daß nicht die Absicht der Steuerhinterziehung 
vorlag, so tritt Geldstrafe von 20—100 4 ein; 
diese Strafe wird auch durch Fahrlässigkeit oder 
Rechtsirrtum nicht ausgeschlossen (Röt. 30, 
14; Pr VBl. 29, 218; Mittd St. 33, 36). Völlige 
Straffreiheit tritt ein, wenn der Steuerpflichtige, 
bevor eine Anzeige erfolgt oder eine Unter- 
suchung eingeleitet ist, seine Angabe an zu- 
ständiger Stelle berichtigt oder ergänzt bzw. 
das verschwiegene Einkommen angibt und die 
vorenthaltene Steuer in der ihm gesetzten Frist 
entrichtet. Die Untersuchung gilt als eingeleitet, 
sobald der Vorsitzende der Veranlagungskom- 
Frist freiwillig zahlt. Die Regierung, nicht 
aber die Gerichte, können unter das gesetzliche 
Mindestmaß der Strafe herabgehen. Die Ent- 
scheidung wegen der hinterzogenen Steuer ver- 
bleibt stets ausschließlich der Verwaltungsbe- 
hörde. (Eink St G. 8§ 72—74 u. 76; Erg St G. 
s 44, 45; AusfAnw. hierzu Art. 84, 92; G., 
betr. Ergänzungen des EGStGB., vom 22. Mai 
1852 — GS. 250 — Art. V; V. vom 25. Juni 
1867 — GS. 921 — Art. XI; EGStGB. vom 
31. Mai 1870 — BGBl. 195 — 8 2). 
II. Bezüglich der Steuer vom Ge- 
werbebetriebe im Umherziehen s. 
Gewerbebetrieb im Umherziehen 
  
  
(Besteuerung) F. Bei der Wander- 
lagersteuer (vgl. Wanderlager und 
Wanderlagersteuer) wird mit dem 
doppelten Betrage der vorenthaltenen Steuer 
bestraft, wer ein wanderlagersteuerpflichtiges 
Geschäft beginnt oder fortsetzt, ohne die vor- 
geschriebene zuvorige Anzeige hiervon unter 
Angabe der Verkaufsstelle und der Dauer des 
Betriebes gemacht und die Steuer entrichtet 
zu haben. Das Strafverfahren ist dasselbe wie 
bei der Steuer vom Gewerbebetrieb im Um- 
herziehen, die Strafen fließen zur Staatskasse 
çahendrlagersteuergeiet § 7; AusfAnw. hierzu 
iff. 8). 
III. Gebäudesteuer. Wer es seiner 
gesetzlichen Verpflichtung zuwider unterläßt, neu 
entstandene Gebäude, wesentliche Verbesserun- 
2gen von Gebäuden oder Vergrößerungen der zu 
iihnen gehörigen Hofräume spätestens drei Mo- 
  
mission die erste Maßnahme zur Feststellung des nate vor dem Zeitpunkt, in welchem sie zur 
Tatbestandes ergriffen und in einer zu den Akten Besteuerung gelangen müssen, oder Verände- 
zu nehmenden Verfügung ausdrücklich festge= rungen in der Einrichtung oder Benutzung, durch 
stellt hat, daß die Untersuchung eingeleitet werde, welche gewerbliche Gebäude in die Kategorie 
gleichviel ob der Steuerpflichtige von dieser An-- der mit 40 zu besteuernden übertreten, binnen 
ordnung, die der Vorsitzende zu treffen hat, so= drei Monaten nach Ablauf des Etatsjahres, in 
bald begründeter Verdacht vorliegt, bereits dem die Veränderung eingetreten ist, beim 
Kenntnis hat oder nicht (K G J. 28 C 48 f.; Mitt= Katasteramt anzumelden, verfällt in eine Geld- 
d St. 52, 53). Ordnungsstrafen treffen strafe in Höhe des doppelten Betrages der 
ferner, und zwar bis 300 .K die Verweigerung, Steuer, welche dem Staate, falls er die Ge- 
unentschuldigte Unterlassung, unrichtige oder un- bäudesteuer noch erhöbe, durch die Unterlassung 
vollständige Erteilung der von den Hausbesitzern vorenthalten sein würde. Ist aber eine Vor- 
und Haushaltungsvorständen für die Zwecke der enthaltung nicht erfolgt, so beträgt die Strafe 
Personenstandsaufnahme vom Gesetz und der 1—15·.K. Untersuchung und Entscheidung stehen 
nach Maßgabe des § 23 Eink St G. seitens des dem Gerichte zu, wenn nicht der Beschuldigte 
Gemeinde= bzw. Gutsvorstandes von Arbeit- binnen einer vom Landrat — bzw. in Stadt- 
gebern über die Bezüge der Arbeitnehmer ver= kreisen Gemeindevorstande — zu bestimmenden 
langten Auskünfte, bis zu 20 A die Unter= Frist Strafe und Kosten freiwillig zahlt. Strafe 
lassung rechtzeitiger An= und Abmeldung beim und Kosten gebühren auch nach dem 1. April 
Wohnsitzwechsel. Unbeitreibliche Geldstrafen 1895 dem Staat (Gebäudesteuergesetz § 17 
werden nach Maßgabe der für Ubertretungen! Abs. 3; StAG. § 8; vgl. Gebäudesteuer). 
geltenden Vorschriften des StchB. in Haft um UV. Dieselben Bestimmungen hinsichtlich Höhe 
gewandelt. Dagegen verjähren die Zuwider= der Strafe und Strafverfahren bestehen bei der 
handlungen nicht wie die Ubertretungen in drei Grundsteuer gegen Unterlassung der An- 
Monaten, sondern in fünf Jahren. Dem gericht- meldung von Anderungen, welche die Steuer- 
lichen Strafverfahren geht eine vorläufige Straf= pflicht oder Steuererhöhung eines Grundstücks 
sestsetzung durch die Regierung voraus, es sei bedingen (G. vom 8. Febr. 1867 — GS. 185 — 
 
	        
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