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bezirk veranlagten Einkommen= und Ergänzungs-
steuer stellt der Vorsitzende eine Nachweisung auf
und legt sie der Regierung vor, erstattet auch
dem Vorsitzenden der Berufungskommission einen
Bericht über die Veranlagung. Über jede
Sitzung der Voreinschätzungskommission, des
Schätzungsausschusses und der V.. ist ein
Protokoll aufzunehmen; letztere beiden können
in einzelnen Fällen auch durch Umlauf Beschluß
fassen (Eink Sto. 855 34—42; Erg St G. 95 25
bis 32; AusfAnw. zu beiden Gesetzen Art. 50
bis 65 nebst Abänderungen vom 1. Juli 150
4. Die Kosten der Veranlagung fallen
der Staatskasse zur Last, den Gemeinden
(Gutsbezirken) indes dieienigen, welche durch
die ihnen bei der Veranlagung übertragenen
Geschäfte entstehen (Eink StG. § 77; Erg St.
§ 45; AusfAnw. zu beiden Art. 94, 96; St-
AG. 8 16).
Steuervergehen. I. Da nach § 2 ESt#.
vom 31. Mai 1870 (BGBl. 195) die besonderen
Vorschriften des Reichz= und Landesstrafrechtes
über strafbare Verletzungen der Steuergesetze in
Kraft geblieben sind, so gelten für die Zuwider-
handlungen gegen die Gesetze über die Erhebung
der indirekten Steuern (Steuervergehen) die
Bestimmungen des StG#B. nur in-
soweit, als die Steuergesetze nicht abweichende
Vorschriften enthalten. Die strafrechtlichen Vor-
schriften der Steuergesetze liegen für die ein-
zelnen Steuerzweige verschieden. Die Darstel-
lung des Stenerstrafrechtes ist deshalb im all-
gemeinen in den betreffenden Einzelartikeln er-
folgt, auf die zu verweisen ist. Indessen sind
wenigstens den Verbrauchsteuern (s. d.) oder
Steuervergehen
ist, sind in den einzelnen Steuergesetzen weitere
Bestimmungen getroffen. Wegen sonstiger
Straffolgen der Defrandation s. unter IV.
Beim ersten und weiteren Rückfall tritt Straf-
erhöhung, meist zunächst Verdoppelung der
Gelostrafe, sodann Freiheitsstrafe ein, die jedoch
in milderen Fällen durch Geldstrafe ersetzt wird.
Die Rückfallstrafe wird in den meisten Abgabe-
gesetzen für ausgeschlossen erklärt, wenn seit
der Verbüßung oder dem Erlaß der früheren
Strafe drei Jahre vergangen sind. Der Ver-
such der Defraudation als solcher ist nicht
mit Strafe bedroht. Doch ist der Begriff des
„Unternehmens“ (s. o.) in der Auslegung,
die er durch den Gerichtsgebrauch und die
Praxis der Steuerbehörde gefunden hat, ein
so weitgehender, daß darunter der Versuch
im Sinne des § 43 St GB. meist einzubegreifen
sein wird. Im übrigen hat jener Begriff seine
besondere Ausbildung weniger im Steuer- als
im Zoallltrafrecht erfahren (vgl. daher Zoll
a. a. O.).
III. Den Gegensatz zu der Defraudation
bilden die Ordnungswidrigkeiten,
d. h. dieienigen Zuwiderhandlungen gegen die
Steuergesetze sowie gegen die dazu erlassenen
und öffentlich oder den Beteiligten besonders
bekanntgemachten Verwaltungsvorschriften, die
sich nicht als Steuerchinterziehungen darstellen.
Sie werden mit Gelostrafen bis zu 150 K,
stellen weise auch mit höheren oder niedrigeren
Geldstrafen bedroht. Man bezeichnet diese
Strafen als Ordnungsstrafen. Mit-
unter sind bestimmte Arten der Ordnungs-
widrigkeiten herausgegriffen, die mit besonderer
doch den meisten von ihnen gewisse strafrecht= Strafe getroffen werden (vogl. z. B. § 47 Abs. 2
liche Begriffe gemeinsam, und es kehrt in ihnen und 3 des Brausteuergesetzes vom 15. Juli
eine Reihe von Grundsätzen, wenn auch stellen= 1909). Zu den Ordnungswidrigkeiten gehören
weise mit mehr oder weniger Abweichungen, auch die Bestechung von Steuerbeamten
wieder. Diese Begriffe und Grundsätze sind im und die Widersetzlich keit gegen diese.
folgenden kurz zusammengestellt. Für die Zoll= Ersterer Zuwiderhandlungen macht sich schuldig,
vergehen gelten sie im allgemeinen gleichfalls; wer einem Steuerbeamten oder dessen An-
doch bestehen hier weitgehende Abweichungen. gehörigen wegen einer auf die Steuer bezüg-
Vgl. Zoll B X. lichen amtlichen Handlung oder der Unterlassung
II. Die Steuergesetze unterscheiden zwischen einer solchen Geschenke oder andere Vorteile
Defraudationen (Steuerhinterziehungen) und anbietet, verspricht oder gewährt, sofern nicht
Ordnungswidrigkeiten. Unter Defrauda= der Tatbestand des § 333 Stc#B. vorliegt.
tion versteht man das „Unternehmen“, die Widersetzlichkeit begeht, wer sich Handlungen
betreffende Abgabe zu hinterziehen. Einzelne oder Unterlassungen zuschulden kommen läßt,
Gesetze begreifen darunter auch das Unter= durch die ein solcher Beamter an der recht-
nehmen, eine nicht zustehende Steuervergütung mäßigen Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit
zu erlangen. Da der Nachweis der Hinter= verhindert wird, sofern nicht der Tatbestand
ziehungsabsicht nur selten zu erbringen ist, so der §§ 113 oder 114 StG B. vorliegt.
sind in den meisten Steuergesetzen bestimmte
Fälle angegeben, in denen die Defraundation
ohne weiteres als vollbracht anzusehen ist, oder
die der Defraudation gleichzuachten sind. Die
damit gegebene Rechtsvermutung gereift!
aber in der Regel nicht Platz, wenn nachweisbar
eine Defraudation nicht verübt worden ist oder;
nicht hat verübt werden können oder nicht.
IV. Neben die Hauptstrafe der Defraudation
tritt bei einzelnen Steuerzweigen die Strafe
der Konfiskation (Einziehung (. d.).
Auch findet sich hin und wieder die Strafe der
zeitweisen oder dauernden Untersagung
eines bestimmten Gewerbebe-
triebes.
V. Eine Besonderheit des Steuerstrafrechtes
beabsichtigt gewesen ist, in welchem Falle nur zeigt sich darin, daß die von dem eigentlichen
eine Ordnungsstrafe (s. unter III) eintritt. Die Täter hinterzogenen Abgaben, unter Um-
Strafe der Defraudation besteht in ständen auch die von ihm verwirkten Geldstrafen
dem Vierfachen der hinterzogenen Abgabe oder unter bestimmten, in den einzelnen Steuer-
der zu Unrecht in Anspruch genommenen Ver= gesetzen nicht ganz übereinstimmend vorgesehenen
gütung; diese ist daneben nachzuentrichten bzw. Voraussetzungen von anderen Personen getragen
zurückzuerstatten. Für besondere Fälle, z. B. werden müssen, wenn sie von dem Täter selbst
wenn die hinterzogene Abgabe nicht festzustellen nicht beigetrieben werden können. Diese sub-