652 Stolgebühren
Trauungen und Begräbnisse festgesetzt (5 422 Jahreseinkommen außer freier Wohnung und
a. a. O.). S. auch Gebühren VI:; Pfarr-Stolgebühren mindestens 6000 K beträgt,
zwang. eine Entschädigung nach dem Durchschnitt der
1I. Durch die Einführung der Zivilstands- Solleinnahme an S. im Durchschnitt der Jahre
verminderten sich die Taufen und 1886—1890 erhalten; daß denjenigen Kirchen-
In Voraussicht dessen hatte das gemeinden, welche infolge der Aufhebung der
G. vom 9. März 1974 (GE. 95) im § 54 be-S. eine Umlage von mehr als 40% des Ein-
stimmt, daß ein besonderes Gesetz die Vor= kommensteuersolls zu erheben genötigt sind, in
bedingungen, die Quelle und das Maß der Höhe des Mohrbetrages aus einem hierzu ge-
Entschädigung derjenigen Geistlichen und Kir= bildeten landeskicchliden Fonds eine Beihilfe
chendiener bestimmen sollte, welche nachweislich gewährt wird; und daß diesem Fonds eine
infolge des Gesetzes einen Ausfall in ihrem Jahresrente von 1250 000 K (für alle Landes-
Einkommen erleiden, und daß bis zum Erlaß kirchen 1500 000 .K, Staatshaushaltsetat für
dieses Gesetzes die zur Zeit der Emanation des 1911 Kap. 113 Tit. 3r) zur Verfügung gestellt
Personenstandgesetzes im Amte befindlichen Geist= worden ist (§8 1, 3—9, 11 Kirch G. vom 28. Juli
lichen und Kirchendiener für den nachweislichen 1892; Art. 3 Staatsgesetz vom 3. Sept. 1892).
Ausfall eine Entschädigung aus der Staats= Was in den einzelnen Gemeinden nach den
register
Tranungen.
kasse erhalten sollten. Dementsprechend wurde
in den Staatshaushaltsetat ein Betrag von
500 000 .K eingestellt, dessen Verwendungs-
zweck im Lausc der Zeit in verschiedener Be-
ziehung erweitert wurde. Namentlich sollten
aus diesem Fonds an solche Kirchengemeinden,
welche seit Erlaß des G. vom 9. März 1874
die Stolgebühren ganz oder teilweise aufge-
hoben hatten, während der Amtszeit der bis-
her entschädigungsberechtigten Geistlichen und
Kirchenbeamten auch Beihilfen gewährt werden
können.
III. Je länger sich die Wirkungen des Zivil-
standsgesetzes auf die inneren Verhältnisse der
Kirchen, speziell der ev. Kirche, äußerten, desto
mehr brach sich die Überzeugung Bahn, daß der
durch dasselbe geschaffene Zustand auf die,
Dauer nicht beibehalten werden könne. Auf
der einen Seite lag es im dringendsten Interesse:
der Kirche, die Vollziehung der kirchlichen Atte,
namentlich der Taufen und Trauungen, nach
Möglichteit zu erleichtern und dieselben
diesem Behufe von der Zahlung von Gebühren
zu befreien, auf der andern Seite stand aber
der Durchführung einer solchen Maßnahme der
Umstand entgegen, daß dadurch das Einkom-
men der nach dem Erlaß des Personenstands-
gesetzes in das Amt eingetretenen und infolge-
dessen nicht entschädigungsberechtigten Geist-
lichen und Kirchenbeamten in einer ihre mate-
rielle Existenz gefährdenden Weise geschmälert
worden wäre. Die Versuche, diese wider-
streitenden Interessen zum Ausgleich zu bringen
und die eine Lebensfrage der Kirche bildende
Angelegenheit einem gedeihlichen Abschlusse ent-
gegenzuführen, bildeten den Gegenstand jahre-
langer Verhandlungen. Ihren Abschluß fanden
sie in der ev. Landeskirche der älteren Pro-
vinzen durch das nach Vereinbarung mit der
Staatsregierung zustande gekommene Kirch G.
vom 28. Juli 1892 (KGVl. 167), abgeändert.
und ergänzt durch Kirch#. vom 6. Juli 1898
und 1. Febr. 1904 (KGVBl. S. 133 bzw. 2),
und dem korrespondierenden Staategesetze vom
3. Sept. 1892 (0 S. 267). Der Inhalt dieser
Gesetze ist kurz dahin zusammenzufassen, daß
die Verpflichtung zur Entrichtung von S. für
Taufen und Trauungen in ortsüblich
ein fachster Form, sowie für Aufsgebote
aufgehoben ist (KirchG. 8 1); daß die Stellen
der Geistlichen und Kirchenteamten mit Aus-
nahme derzjenigen kgeistlicken Stellen, deren
zu
bestehenden Taxsätzen als ortsüblich einfachste
Form der Tausfen und Trauungen zu gelten
hat, wird, sofern sich hierüber Zweifel er-
geben, durch einen, der Genehmigung des
Konsistoriums nach Anhörung des Kreissynodal-
vorstandes bedürfenden Beschlus der vereinigten
Gemeindcorgane festgestellt (Kirch G. § 2), welcher
nicht der Genehmigung der staatlichen Aussichte-
behörde bedarf (Art. 2 des G. vom 3. Sept. 1802).
Über die Crsparnisse bei diesem Fonds —
dem landeslirchlicken Stolgebühren-
ablösungsfonds — bzw. die Vertcilung
derselben tressen die Abänderungsgesetze vom
6. Juli 1898 und 1. Jebr. 1904 Versügung.
Wegen Berechnung der noch zur Hebung ge-
langenden S. bei Übernahme einer Pfarrstelle
unter Zahlung eines sesten Übernahmepreises
für den Nießbrauch des Pfarrvermögens (Geist-
liche, Diensteinkommen II1 1 a) f. T 12
Al. 3 des Pfarrbesoldungegesetzes veom 26. Mai
1009.
IV. Eine gleichartige Regelung wie in der
ev. Landeskirche der älteren Provinzen ist hin-
sichtlich der Stolgebührenaushebung erfolgt für
Schleswig-Holstein durch das Kirck G.
vom 9. Juli 1892 (KGVBl. 205), Staatsgesetz
vom 14. Aug. 1892 (GE. 243), Staatsrente
70 000 .K; für die ev. -luth. Kirche in Han-
snover durch die KirchG. vom 18. Juni 1892
(G#. 259) und 17. Juni 1900 (GS. 275) und
das Staatsgesetz vom 20. Aug. 1892 (GE. 263),
Staatsrente 140 000 KA; für die ev.-ref.
Kirche in Hannover durch das Kirch G. vom
30. März 1893, Staatsgesetz von demselben Tage
(GS. S. 63, 68), Staatsrente 1200 KA; für
die ev. Kirchengemeinschaften im Konsistorial-
bezirk Kassel durch Kirch G. und Staatsgesetz
vom 31. März 1893 (G S. 71), Staaterente
36 800 K; für die ev. Kirche im Konsistorial-
bezirk Wiesbaden durch das Kirch G. vom
15. Juni 18956 (Kirchl. ABl. 56), Staatsgesetz
wvom 16. Juni 1895 (GE. 189), Staatsrente
2000 AM.
V. Der unter II gedachte Entschädigungs-
sonds, welcher in den Staatshaushaltsetat für
1911 (Kap. 110 Tit. 3) noch in Höhe von
28 000 K eingestellt ist, kommt künftig in
Fortfall, wird aber gegenwärtig noch für die
nach dem Personenstandsgesetz entschädigungs-
berechtigten Geistlichen verwendet. Über die
Zahlung der Cntschädigungen, das dabei zu
beobachtende Verfahren usw. s. Erl. vom 28. Febr.