64 Lehen — Lehranstalten (höhere)
ziehen (sj. d.); dieser L. ist durch den Wander- (GS. 238), des Lehnsverbandes im Geltungs-
gewerbeschein (s. Gewerbebetrieb im bezirke des ostpreuß. Provinzialrechts, vom
Umherziehen 1V) ersetzt worden. Nach 16. März 1877 (GS. 101) und des Lehnsver-
GewO. § 43 in ihrer jetzigen Fassung ist ein L. bandes der dem sächs. Lehnsrechte, der Magde-
nur erforderlich für das Feilbieten von Druck= burger Polizeiordnung und dem longobardischen
schriften oder anderen Schriften oder Bildwerken Lehnsrechte sowie dem ALR. unterworfenen L.
im ambulanten Gewerbebetrieb (s. d.). in den Prov. Sachsen und Brandenburg, vom
II. L. im Zollverkehr, ein Ausweis für den 28. März 1877, 10. März 1880 und 20. April
Warentransport im Grenzbezirk. S. Trans-1883 (GS. 1877, 111; 1880, 215; 1883, 61).
portkontrolle. Für die Prov. Hannover ist endlich noch das
Lehen. L. ist eine Sache, insbesondere ein Hann G. über die Ablösbarkeit des Lehnsver-
Grundstück, an der einem anderen vom Eigen- bandes, die Verhältnisse bleibender L. und die
tümer das vollständige erbliche Nutzungsrecht Errichtung von Familienfideikommissen vom
eingeräumt ist unter der Bedingung einer dem 13. April 1836 (Hann G . I, 33) mit den Er-
Eigentümer zu erweisenden besonderen Treue gänzungsgesetzen vom 19. Juli 1848 (Hann-
gegen Zusicherung eines dem Nutzungsberech= GS. I, 206) und vom 13. April 1887 (G. 115)
tigten zu leistenden Schutzes. Der Eigentümer zu erwähnen. Auf Grund dieser gesetzlichen Vor-
ist der Lehnsherr, der Nutzungsberechtigte der schriften sind zahlreiche L. teils in freies Eigen-
Lehnsmann oder Vasall. Nach dem AmR. tum, teils in Familienfideikommisse umgewandelt
stand das L. im geteilten Eigentume des Lehns= worden. Namentlich auf dem letzteren Wege,
herrn und des Lehnsmanns, ersterem gebührte der von der Gesetzgebung durch Herabsetzung
das Obereigentum, letzterem das nutzbare Eigen= des Fideikommißstempels für diesen Fall von
tum (ALR. I, 18 8§ 13, 14). Das Obereigentum 3 v. H. auf 1 r. H. (s. Fideikommiß-
des Lehnsherrn ist aber durch § 2 Nr. 1 des stempel) noch besonders begünstigt wurde,
Ablösungsgesetzes vom 2. März 1850 (GS. 77) ist die durch die Verfassung angcordnete Auf-
ohne Entschädigung aufgehoben, jedoch unter lösung der Lehnsverbände in weitgehendem
Aufrechterhaltung (§ 5 a. a. O.) der aus dem Maße erreicht worden. Während bis zum
Lehnsverhältnis entspringenden Berechtigungen Jahre 1850 insgesamt nur 80 L. mit rund
auf Abgaben und Leistungen sowie der etwa 153 000 ha in Familienfideikommisse umgewan-
ausdrücklich dem Lehnsherrn vorbehaltenen delt wurden, beträgt die Zahl der unter der
Nutzungen (s. Ablösung der Reallasten). Herrschaft der voraufgeführten Gesetze bis 1895
Das Lehnsrecht entwickelte sich zuerst in der umgewandelten L. 172 mit 262 500 ha. Seit-
fränkischen Monarchie und bildete jahrhunderte= dem sind nach den statistischen Erhebungen über
lang die Grundlage der mittelalterlichen Heeres= Familienfideikommisse (s. d. V) aus dem Jahre
verfassung, ja überhaupt die Grundlage der 1907 nur noch 2 L. mit 5723 ha in Familien-
germanischen Staaten. Seit dem 16. Jahrh. fideikommisse umgewandelt worden, obwohl in
und vornehmlich seit dem Westfäl. Frieden hat einzelnen Provinzen, namentlich in Branden-
indes das Lehnswesen seine Bedeutung für das burg, L. noch in beträchtlicher Anzahl vor-
deutsche Staatsrecht mehr und mehr verloren handen sind, deren Auflösung jedoch wohl nur
und heute hat es sich vollständig überlebt, so daß eine Frage der Zeit ist. Die Gesamtzahl der
es voraussichtlich nicht allzu lange mehr zu den in Familienfideikommisse umgewandelten L.
geltenden Rechtsinstituten gehören wird. Für beträgt also 254 mit 421 000 ha. Darüber,
Preußen bestimmen Art. 40, 41 Vl. in der in welchem Umfange die Umwandlung von L.
Fassung des G. vom 5. Juni 1852 (G. 319),/ in freies Eigentum erfolgt ist, fehlt es an ge-
daß die Errichtung von L. untersagt ist und daß naueren Feststellungen. Die behördliche Mit-
der in bezug auf die vorhandenen L. noch be= wirkung bei der Auflösung der Lehnsverbände
stehende Lehnsverband durch gesetzliche Anord= ist den Oberlandesgerichten als Lehnshöfen
nung aufgelöst werden soll, soweit es sich nicht übertragen. Das materielle Lehnsrecht ist im
um Thronlehen (s. d.) und außerhalb Preußens allgemeinen provinziell, großenteils gewohnheits-
liegende L. handelt. In Ausführung dieser rechtlich geordnet. Subsidiär finden die Vor-
Bestimmung sind die nachstehend in zeitlicher!schriften der §§ 13—679 ALR. I, 18, soweit
Reihenfolge aufgeführten Gesetze ergangen: das ihnen überhaupt noch praktische Bedeutung inne-
G., betr. die erleichterte Umwandlung alt-, wohnt, Anwendung. Das Be#. hat das Lehns-
vorpomm. und hinterpomm. L. in Familien-! recht unberührt gelassen (EGBGB. Art. 59).
sideikommisse, vom 10. Juni 1856 (GS. 554), Wegen der von Lehnanfällen zu zahlenden
desgl. ostpreuß. und ermländ. L. vom 23. März Erbschaftssteuer und der von Lehngütern in
1857 (GS. 169); ferner die G., betr. die Auf-Zeitabschnitten von 30 Jahren an das Reich
lösung des Lehnsverbandes in Alt-, Vor= und zu entrichtenden Abgaben gilt das gleiche wie
Hinterpommern, vom 4. März 1867 (GS. 362), bei Familienfideikommissen (s. d. bei II am
des Lehnsverbandes der nach dem Lehnsrechte Schlusse).
der Kurmark, Altmark und Neumark zu be= Lehnshof, d. h. die zur Mitwirkung in Lehns-
urteilenden L., vom 23. Juli 1875 (GE. 537), sachen, insbesondere bei der Aufhebung der
des Lehnsverbandes in der Prov. Westfalen Lehnsverbände, berufene Behörde, ist das Ober-
und in den Kreisen Rees, Essen (Stadt und landesgericht (s. Lehen am Schlusse).
Land), Duisburg und Mülheim a. d. Ruhr, Lehnsverband, Auflösung desselben und Um-
vom 3. Mai 1876 (GS. 112), des Lehnsver= wandlung in ein Familienfideikommiß s. Lehen.
bandes der im Herzogtume Schlesien, der Graf--Lehranstalten (höhere) s. Güymnasien
schaft Glatz und dem preuß. Markgrafentumund andere höhere Schulen und
Oberlausitz belegenen L., vom 19. Juni 1876 Höhere Unterrichtsanstalten.