Straßen- und Baufluchtliniengesetz
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meindevorstandes (Magistrats, Gemein= über die Bedürfnisfrage (8 5 des G.).
devorstehers, kollegialischen Gemeindevorstandes)Einer „Ablehnung durch den Gemeindevorstand“
mit der Gemeinde (Stadtverordnetenver= ist es gleichzuachten, wenn der Gemeindevor-
sammlung, Gemeindevertretung) und Zustim= stand der Fluchtlinienfestsetzung zustimmt, die
mung der Ortspolizeibehörde er-Gemeindevertretung aber widerspricht. Auch
sorderlich. Alle beteiligten Organe müssen an 1 nach erfolgter Feststellung der Bedürfnisfrage
den zustimmenden Entschließungen bis zum wird immerhin die zwangsweise Fest-
Schlusse des Verfahrens festgehalten haben setzung von Fluchtlinien (LV. §32;
(Friedrichs a. a. O. S. 21). Für Gutsbezirke 3Z36. 8 17 Abs. 1) große Schwierigkeiten bieten
kommt das Gesetz nicht in Betracht, da es in (vgl. hierüber Friedrichs a. a. O. S. 47; Münch-
diesen weder einen „Gemeindevorstand“ noch gesang a. a. O. S. 280).
Wegen der Rechts-
eine „Gemeinde"“ gibt (OVG. vom 7. März mittel gegen die Beschlüsse des Kr A. und des
1910 — IVC181. 07— und Erl. vom 3. Mai 1910
— M Bl. 154). Die Ortspolizeibehörde hat be-
züglich der Festsetzung der Fluchtlinien auf
Förderung des Verlehrs, der Feuersicherheit und
der öffentlichen Gesundheitspflege Bedacht zu
nehmen, auch darauf zu halten, daß eine Ver-
unstaltung der Straßen und Plätze nicht ein-
tritt. Insbesondere hat sie für die Herstellung
einer genügenden Breite der Straßen und
einer guten Verbindung der neuen Straßen-
anlagen mit den bereits vorhandenen Sorge zu
tragen (§ 3 des G.). Die Ortspolizeibehörde
darf ihre Zustimmung zu dem Flucht-
linien Bebauungs)plane nur dann versagen,
wenn den vorbezeichneten polizeilichen Gesichts-
punkten nicht Rechnung getragen ist (§ 5 des G.).
Will sich der Gemeindevorstand bei der Ver-
sagung nicht beruhigen, so beschließt auf sein
Ansuchen der Kr A., in Stadtkreisen und Städten
mit mehr als 10 000 Einw. der Bez A., in Berlin
der Mdöl. — Liegenim Gebieteeines
Bebauungsplanesöffentliche Flüsse,
Chausseen, Eisenbahnen oder Bahn-
höfe oder betrifft der Plan der beabsichtigten
Festsetzungen eine Festung, so haben die Orts-
polizeibehörden dafür zu sorgen, daß den be-
teiligten Behörden rechtzcitig zur Wahrung
ihrer Interessen Gelegenheit gegeben wird
(s 6 des G.). Das O##. spricht (Pr Bl.
16, 109; OVG. vom 5. Febr. 1900 — O6.
IV, 197) dieser Vorschrift nur den Charakter einer
Dienstanweisung zu und hält die Rechtsgültig-
keit eines Bebauungsplanes auch bei Nicht-
beachtung dieser Vorschrift für bedenkenfrei.
Durch Erl. vom 29. Juni 1902 (MBl. 139)
sind die Ortspolizeibehörden angewiesen, daß
sie — sofern der Gemeindevorstand auf Abgabe
der polizeilichen Erklärung besteht, obwohl vor-
handene Gegensätze in den nach § 6 zu führenden
Verhandlungen nicht ausgeglichen sind — zwar
eine auf die von ihnen selbst wahrzunehmenden
polizeilichen Rücksichten beschränkte Außerung
abzugeben, gleichzeitig aber zu betonen haben,
daß der Plan mit Rechten, die auf Grund der
Staatshoheit wahrzunehmen seien, in Wider-
spruch steht. Von ihrer Außerung hat die Orts-
polizeibehörde den nach § 6 beteiligten Behörden
sofort Mitteilung zu machen. — In selb-
ständigem Vorgehen kann die Orts-
polizeibehörde die Festsetzung von
Fluchtlinien verlangen, wenn die
von ihr wahrzunehmenden polizeilichen Interessen
(§3des G. und G. über die Polizeiverwaltung vom
11. März 1850 § 6b) dies fordern (§ 1 Abfs. 2
des G.). Lehnt der Gemeindevorstand in solchem
Falle die Festsetzung ab, so beschließt der Kr A.
bzw. der Bez A. oder der Mdöd. (vgl. unter V),
BezA. s. unter V. — Die Grundstücks-
eigentümer haben an sich keine Möglichkeit,
in einem förmlichen Verfahren die Fest-
setzung von Fluchtlinien durchzusetzen. Es steht
ihnen bei ablehnendem Verhalten des Gemeinde-
vorstandes nur frei, die Kommunalaussichts-
behörde um Einwirkung auf diesen anzugehen
oder die Ortspolizeibehörde anzurufen, wenn sie
der Ansicht sind, daß die Voraussetzungen des § 3
des G. vorliegen. Bei Gemeinden, in denen die
Wahrnehmung der Ortspolizei verschiedenen
Behörden — einer kommunalen und einer staat-
lichen — obliegt, kommt in Betracht, daß an der
Fluchtlinienfestsetzung außer der Straßen-
baupolizei in der Regel auch die Verkehrs-,
Feuer= und Gesundheitspolizei interessiert sind,
und daß deshalb unter Umständen beide Be-
hörden ihre Zustimmung auszusprechen haben,
ebenso wie jede von ihnen, soweit die von ihr
wahrzunehmenden Rücdssichten dies erheischen,
zu dem Verlangen einer Festsetzung berechtigt
ist (vgl. hierüber Friedrichs a. a. O. S. 26 u. 27).
3. Hat der FluchtlinienBebauungs)plan die
ortspolizeiliche Zustimmung gefunden, so ist er
vom Gemeindevorstand zu jedermanns Einsicht
offenzulegen. Die fsfenlegung des
Planes ist von ihm in ortsüblicher Art mit
dem Bemerken bekanntzumachen, daß Einwen-
dungen gegen den Plan innerhalb einer bestimmt
zu bezeichnenden Frist von mindestens vier
Wochen bei dem Gemeindevorstand anzubringen
sind (§ 7 Abs. 1 des G.). Zur Erhebung von Ein-
wendungen ist jedermann befugt, also weder der
Kreis der Beschwerdeberechtigten noch die Art
der Beschwerden beschränkt. Die Offenlegung
des Planes ist ein wesentliches Erfordernis
der Fluchtlinienfestsetzung. Wird sie verabsäumt,
so werden die geplanten Fluchtlinien nicht rechts-
wirksam (Pr BBl. 7, 69); es sei denn, daß es sich
um eine Fluchtlinienfestsetzung für einzelne
Grundstücke handelt. Hier genügt (§ 7 Abs. 2
des G.) eine Mitteilung über die geplante Flucht-
linienfestsetzung an die beteiligten Grundstücks-
eigentümer. — Über die erhobenen Einwendun-
gen wird zunächst zwischen Gemeindevorstand
und den Beschwerdeführern verhandelt. Führen
die Verhandlungen nicht zur Erledigung der Ein-
wendungen (Zurücknahme derselben) oder sieht
der Gemeindevorstand von Verhandlungen —
als aussichtslos — ab, so beschließt über
die Ein wendungen die zuständige
Verwaltungsbeschlußbehörde, Kr.
uw. (s. unter V; §8 des G.; 36. 8 146 Abf. 2).
Die von der Beschlußbehörde für notwendig er-
achteten, im Beschlusse bezeichneten Abände-
rungen des Planes sind rechtswirksam. Eines
nochmaligen Festsetzungsverfahrens bedarf es