Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Straßen= und Baufluchtliniengesetz 665 
nur dann, wenn die Bohörde sich lediglich aufß II. Die rechtlichen Wirkungen 
die Beschlußfassung über die Einwendungen be= der Fluchtlinienfestsetzung (§ 11 
schränkt und ausdrücklich die Abänderung des des G.). 1. Mit dem Tage, an welchem die 
Planes den für das Fluchtlinienfestsetzungsver= Offenlegung des Planes beginnt, tritt die Be- 
fahren berufenen Behörden überlassen hat. — schränkung des Grundeigentümers, daß Neu- 
Sind Einwendungen nicht erhoben, oder ist über bauten, Um= und Ausbauten über die Flucht- 
diese endgültig beschlossen, so hat der Gemeinde= linie hinaus versagt werden können, end- 
vorstand den Plan förmlich festzustellen, zu gültig ein (§ 11 des G.). — Die Bestimmung 
jedermanns Einsicht offenzulegen und, wie dies verfolgt den Zweck, die Gemeinden dagegen zu 
geschehen soll, ortsüblich bekanntzumachen. Die schützen, daß durch eine inzwischen vorgenommene 
förmliche Feststellung des Planes, bauliche Veränderung der Wert eines zu Straßen- 
seine Auslegung und Bekannt= zwecken bestimmten Grundstückes gesteigert, und 
machung sind zwar an sich formale, die Gemeinde dadurch in die Lage versetzt wird, 
aber wesentliche die Rechtsgültigkeit des 
Planes bedingende Akte (OV##G. vom 
1898 — O6. IV, 628). 
4. Sind bei Festsetzungen von Fluchtlinien 
mehrere Ortschaften- 
zirke) beteiligt, so hat eine Verhandlung 
zwischen den betreffenden Gemeindevorständen 
(Kommunalbe“- 
dem Eigentümer bei der demnächstigen Ab- 
4. April tretung eine höhere Eutschädigung als zum Zeit- 
punkte der 
Fluchtlinienfestsetzung zahlen zu 
müssen. — Die Entscheidung darüber, ob Neu- 
bauten, Um= und Ausbauten auf 
künftigem Straßenland errichtet werden dürfen, 
liegt lediglich der Baupolizei ob. Sie ist zu der 
stattzufinden. Uber die Punkte, hinsichtlich deren Tersagung wohl berechtigt, aber nicht ver- 
eine Einigung nicht zu erzielen ist, beschließt pflichtet (OV.G. 40, 380; 53, 403; Pr VBl. 26, 
der Kr A. bzw. Bez A. usw. (§ 9 des G.). Die 149). Da indessen die Versagung vornehmlich 
„Beteiligung“ mehrerer Gemeinden liegt im Interesse der Gemeinden er- 
stets dann vor, wenn die geplante Straße an folgt, so sind die Ortspolizeibehörden angewiesen, 
der Grenze zweier oder mehrerer Ortschaften liegt, in eine Prüfung der betreffenden Baugesuche 
oder aus einer Ortschaft in die andere hinüber= in der Regel erst dann einzutreten, wenn von 
führt (s. hierzu auch Erl. vom 24. April 1906 — dem Unternehmer die Einwilligung 
MB 
l. 198 — und vom 20. Dez. 1906 — MBl. 
1907, 65). 
5. Jede — vor oder nach Erlaß des Gesetzes 
getrofsene — Fluchtlinienfestsetzung kann nur 
auf dem durch das Gesetz selbst für Fluchtlinien= 
festsetzungen vorgeschriebenen Verfahren (§§ 1—9 
des G.) aufgehoben oder abgeändert. 
werden (§ 10 Abs. 1 des G.). — Der Rechts- 
weg gegen die Festsetzung von Fluchtlinien ist 
ausgeschlossen (MBl. 1876, 78 und 
In Bl. 1865, 106).— Durch l10 des G. ist — wie 
sich ein HME. vom 
ausspricht — das nach 9 4 des Eisenbahngesetzes 
dem Mdöll. zustehende Recht, die Linie der zur 
Ausführung bestimmten Bahnen in ihrer Durch- 
führung durch alle Zwischenpunkte festzustellen, 
in keiner Weise beeinträchtigt oder verändert, 
und ebensowenig hinsichtlich der Befugnis, die 
durch die Eisenbahnanlage notwendig gewordenen 
Anlagen an Wegen ufw. festzusetzen, welche 
nach § 14 des Eisenbahngesetzes den 
Regierungen und nach § 21 des Enteignungs- 
gesetzes den BezA. zusteht, eine Anderung ein- 
  
getreten. Insoweit die Ausübung dieser Befugnis 
  
Mai 1876 ausdrücklich 
  
der Gemeinde zu dem geplanten Bau bei- 
gebracht worden ist (vgl. im übrigen den Erl. 
vom 15. Febr. 1887 — Mhl. 70). Über die 
Begriffe. „Neubauten, Um= und Ausbauten“ (. d. 
— Die im 8§ 11 des G. bezeichneten Beschrän- 
kungen treten nach der Vorschrift (a. a. O.) mit 
der Offenlegung des Planes „ nbgültig“ 
ein. Aus der Wortfassung ergibt sich, daß das 
Verbot, Neubauten usw. über die Fluchtlinie 
hinaus zu errichten, auch schon vorher — wäh- 
rend des Fluchtlinienfestsetzungsverfahrens — 
erfolgen kann (O#. 8, 323; 14, 386; 21, 210; 
24, 380; Pr Wl. 3, 277; 6, 344; 7, 196; 9, 343). 
So ist die Versagung der Bauerlaubnis stets 
dann schon rechtsgültig, wenn die beiden zur 
Fluchtlinienfestsetzung berufenen Gemeinde- 
behörden (8 1 Abs. 1 des G.) sich über 
eine bestimmte Fluchtlinie geeinigt 
haben (O## G. 14, 384; 40, 386). — Fordert die 
Ortspolizeibehörde gemäß 8 1 Abs. 2 des G. 
die Festsetzung von Fluchtlinien, so ist die Bau- 
erlaubnis über die geplante Fluchtlinie hinaus 
zu versagen, sobald dic zuständige Verwaltungs- 
beschlußbehörde das Bedürfnis zur Fluchtlinien- 
die Aufhebung oder Anderung von Fluchtlinien festsetzung anerkannt hat OBG. vom 6. Okt. 1891 
bedingt, ist das Verfügungsrecht der zur Flucht- — O#. IV, 912).— Die Beurteilung der Bau- 
linienfestsetzung berufenen Behörden überhaupt gesuche erfolgt nach Lage des Fluchtlinienfest- 
ausgeschlossen. Doch soll nach Anordnung des setzungsverfahrens zur Zeit der Ent- 
Ministers den Gemeindevorständen und Orts-scheidung, zumal der Bauunternehmer durch 
polizeibehörden Gelegenheit zur Geltendmachung Einreichung seines Baugesuches keinen 
von Anständen und Anderungsvorschlägen ge- Anspruch auf Uanwendung des damals gültigen 
zeben werden. — Zur Festsetzung neuer oder Nechtes erlangt (P#he , 378; 6 S. 258, 270; 
bänderung schon bestehender Flu chtlinien-8, 291; Pr VBl. 7, 196; 8, 318). — Wird eine 
und Bebauungspläne in den Städten Frachtlinie erst na ch Erteilung der Bauerlaubnis 
Berlin, Potsdam, Charlotten-festgesetzt oder durch Gemeindebeschluß fest- 
burg und deren nächster Um -gelegt (vgl. oben), so darf der genehmigte Bau 
gebung bedarf es kgl. Genehmigung dennoch nicht begonnen, wohl aber der begonnene 
(§ 10 des G.). Wird die Allerhöchste Genehmi= ausgeführt werden (OV. 2, 351; 24, 362; 
gung unter der Bedingung der Abänderung des 1 28 371; vgl. dagegen RZ. 34, 242). 
Planes erteilt, so ist insoweit das gesetzlich vo-= 2. G leich zeitig mit der Offenle- 
geschriebene Festsetzungsverfahren zu wiederholen. g u n gdes Planes erhält die Gemeinde das
	        
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